Der fidele Charly ist tot
Karl-Heinz Mrosko war Bayern-Spieler, Playboy und Anwalt
Augsburg Wenn ein Fußball-Profi schon „Charly“heißt. Charly – das war in den 70ern ein Prädikat für lässige Freigeister, die auf ihr Talent pfiffen, immer zu spät ins Training kamen, mit heraushängenden Trikots und heruntergelassenen Stutzen gegen Uniformierung rebellierten, die ihre Löwenmähne nur alle zwei Jahre einem Friseur präsentierten, Konditionstraining für überschätzt hielten und ihr Leben mit schnellen Autos und schönen Frauen verbrachten. Einem solchen Lebenskünstler hat Helmut Dietl mit seinem Tscharlie in den „Münchner Gschichten“ein Denkmal gesetzt.
Die Charlys waren im Fußball und im Leben das Gegenteil der Bertis, von denen es einer als Spieler zum Welt- und als Bundestrainer zum Europameister gebracht hat. Charly – bürgerlich Karl-Heinz – Mrosko dagegen kam nie in die Nähe internationaler Trophäen.
Andererseits hatte er genügend Talent, um in 50 Spielen für den FC Bayern an der Seite von Beckenbauer, Müller und Hoeneß 13 Tore zu schießen, einen Pokalsieg und zwei deutsche Meisterschaften zu feiern. Spezialität: direkt verwandelte Eckbälle. Allerdings interessierte er sich schon damals mehr für die Vielfaltder Frauenwelt, als es seiner Karriere zuträglich war. Der Präsident eines Zweitligisten ließ abends seine Tochter nicht mehr aus mit der Begründung: „Der Charly ist in der Stadt.“
Mrosko war ein Horror für jeden Trainer. „Ich bin ehrgeizig, impulsiv, unausgeglichen und kameradschaftlich. Ich bin anders wie die anderen und versuche meine unorthodoxen Gedankengänge auch aufs Spielfeld zu übertragen“, hat er sich selbst skizziert. Außerhalb des Platzes war er ein deutscher George Best. („Ich habe mein Geld für Frauen, Autos und Alkohol ausgegeben, den Rest hab’ ich verprasst.“).
Auf dem Rasen entwickelte der gebürtige Lindauer freilich nicht die Fähigkeiten des genialen Nordiren, weshalb er sich der Juristerei zuwandte. Mit 24 stieg er schleppend in ein Jurastudium ein, und finanzierte sich sein unstetes Leben mit Engagements beim 1. FC Nürnberg, bei Hannover 96, den Münchner Löwen und den Oakland Stompers. Als Trainer von Vereinen der zweiten und dritten Liga blieb er sportlich unauffällig. Seine letzte Station war 1995 Göttingen 05. Als dann kein Angebot mehr kam, arbeitete Mrosko als Rechtsanwalt.
Auch hier blieb er seinem Ruf treu, Grenzen auszudehnen. Als Verteidiger im Rotlichtmilieu geriet er selbst ins Visier der Staatsanwälte. Er überstand die Affäre unbeschadet, durfte weiter als Anwalt arbeiten. Am Montag ist Karl-Heinz Mrosko, Vater zweier Töchter und eines Sohnes, im Alter von 72 Jahre verstorben.