Ingolstadt steht vor der Sensation
In einer lange Zeit katastrophalen Saison legt der FCI einen starken Schlussspurt hin und kann nun sogar direkt die Klasse halten. Union und Paderborn kämpfen um den Direktaufstieg
Ingolstadt Wer den FC Ingolstadt zuletzt verfolgt hat, der könnte meinen, dass der Verein mittlerweile eine andere Mannschaft stellt als noch vor einigen Wochen, als der Abstieg aus der 2. Liga mit 19 Punkten nach 27 Spieltagen kaum mehr zu vermeiden schien. Doch die Spieler sind die gleichen. Neu sind nur Trainer Tomas Oral, seine Assistenten Michael Henke und Mark Fotheringham sowie Thomas Linke als sportlich Verantwortlicher. Sollte der FC Ingolstadt am Sonntag (15.30 Uhr, in Heidenheim gewinnen und Jahn Regensburg den SV Sandhausen besiegen, würden die Oberbayern nach ihrer Aufholjagd sogar den direkten Ligaverbleib schaffen. Eine Möglichkeit, die selbst kühnste Optimisten nicht mehr für realistisch hielten.
Rückblick: Als der FC Ingolstadt am 27. Spieltag daheim mit 1:2 gegen den direkten Konkurrenten Sandhausen verliert und die fünfte Pleite hintereinander kassiert, liegt der ganze Verein am Boden. Die Stimmung ist katastrophal, die 3. Liga nah. Als letzter Strohhalm wird mit Jens Keller der dritte Cheftrainer der Saison entlassen und mit Tomas Oral ein Coach verpflichtet, der in seiner Karriere bereits bewiesen hat, schier aussichtslose Situationen meistern zu können.
Einst übernahm er den FSV Frankfurt erst nach dem 33. Spieltag, griff in die psychologische Trickkiste, ließ die Mannschaft durch eine Waschstraße laufen und schaffte den Klassenerhalt. In seiner ersten Amtszeit in Ingolstadt (2011 bis 2013) hielt er auch die Schanzer in der Liga. Oral ist ein Motivator, springt wild gestikulierend an der Seitenlinie umher und treibt sein Team mit großer Leidenschaft an. Er stellte das System um, setzte anders als sein Vorgänger auf einfachen Fußball und arbeitete mit dem Team im mentalen Bereich. Maßnahmen, mit der es ihm gelungen ist, die vorhandenen individuellen Qualitäten aus den Spielern, die mit höheren Ambitionen in die Saison gestartet waren, herauszukitzeln.
Über die Situation vor seiner ersten Partie, einem 4:2-Sieg als Tabellenletzter in Duisburg, sagte Oral: „Ich wusste, wenn wir da nicht gewinnen, hätte ich im Navi Frankfurt
eingeben und wieder nach Hause fahren können. Aber es kam anders.“Im Anschluss folgten vier weitere Siege, ein Unentschieden und ein möglicher Zieleinlauf, der nach dieser desolaten Spielzeit einer Sensation gleicht. Bei einem Erfolg in Heidenheim hätte Oral in sieben Spielen die gleiche Punktzahl wie seine Vorgänger zusammen in 27. Sollte es für den FCI am Sonntag nicht reichen, bliebe noch der Umweg über die Relegation, in der der SV WehenWiesbaden der Gegner wäre.
An der Tabellenspitze geht es noch darum, wer Meister Köln direkt in die Bundesliga folgen darf – und wer in der Relegation gegen den 16. der ersten Liga, den VfB Stuttgart, ran muss. Derzeit hat Paderborn als Zweiter einen Punkt VorLetztlich versprach der Kader mehr als er hielt, zu selten riefen die Spieler ihr Potenzial ab. Das hat ein Stück weit mit der fortwährenden Unruhe zu tun, die die Saison begleitete. Die FCA-Verantwortlichen versäumten eine frühzeitige Trennung vom Problem-Brasilianer Caiuby und unterschätzten, wie sich die Disziplinlosigkeit eines Einzelnen auf das Binnenklima des Teams auswirken kann. Als die Ergebnisse ausblieben, war die Position des damaligen Trainers Baum nachhaltig geschwächt. Die Maßnahme, Lehmann als Co-Trainer zu installieren, um Baum zu stärken, zündete nicht. Im Nachhinein wirkt die Verpflichtung des ehemaligen Nationaltorhüters rätselhaft. Stattdessen hätte eine frühere Trennung vom Cheftrainer wohl mehr bewirkt.
Jahrelang zeichnete den FCA aus, sich von Störfeuern nicht beirren zu lassen, auf dem Rasen verkörperte die Mannschaft Leidenschaft und Zusammenhalt. Als eingeschworener Haufen traten die Augsburger Kicker in dieser Saison zu selten auf. Für Auflösungserscheinungen wie jene in Bremen, Freiburg oder zu Hause gegen Hoffenheim standen bisher andere – nicht die Augsburger. Mit dem Schweizer Schmidt ist die Position des Trainers erfolgversprechend besetzt, nun müssen Kader und dessen Charaktere angepasst werden. sprung auf Union Berlin. Die Hauptstädter, die in Bochum spielen müssen, machten sich schon einen Tag früher als gewohnt auf den Weg ins Ruhrgebiet. Union kann sich auf große Unterstützung freuen. In Bochum werden 5 100 Anhänger ihr Team anfeuern. In Berlin findet ein Public Viewing am Stadion An der Alten Försterei statt, bei dem mehrere tausend Anhänger erwartet werden. Der SC Paderborn tritt währenddessen in Dresden an.