Einzug in die gehobene Gastronomie
Beim 19. Dießener Töpfermarkt präsentieren sich 170 Keramiker aus 16 europäischen Ländern. Der Trend geht in diesem Jahr zu hochwertigen Geschirr-Serien. Warum auch viele Bewerbungen abgelehnt werden
Dießen 170 Keramiker aus 16 Ländern, 46 Werkstätten aus dem nicht-deutschsprachigen, internationalen Raum markieren die Kennzahlen des 19. Dießener Töpfermarkts. Er findet von Christi Himmelfahrt, 30. Mai, bis Sonntag, 2. Juni, in den Seeanlagen statt und präsentiert Keramik der ausgewählten Qualität. Marktleiter Wolfgang Lösche und sein Team hoffen auch in diesem Jahr wieder auf Besucherzahlen, die sich um die 50 000erMarke und mehr bewegen.
Zehn neue Aussteller bietet dabei Wolfgang Lösche in diesem Jahr wieder auf und auch das hat bei ihm Tradition: „Wir schauen immer, dass wir rund zehn Prozent Neuheiten mit dabei haben.“Das Publikum des Töpfermarktes sei nämlich sehr aufmerksam und fachkundig, was die Aussteller offenbar sehr zu schätzen wissen. Rund 200 der 360 Bewerbungen müssten aus Platzgründen, manchmal aber auch aufgrund schwächerer Bewerbungsunterlagen eine Absage erteilt werden. Das wiederum komme aber der Qualität des Marktes zugute, die zu halten und weiterzuentwickeln wichtiger Beweggrund des Veranstalters ist.
Wie sehr sich der Markt seit der Gründung 1978 als Süddeutscher Töpfermarkt durch den im März verstorbenen Arthur Sudau entwickelt hat, verdeutlicht Lösche mit weiteren Zahlen: „Arthur Sudau und mein Vater haben mit zwölf Ausstellern im eigenen Garten begonnen.“Inzwischen sind es derer 170. Damit ist der Töpfermarkt, auch aus Platzgründen, ausgereizt. Deshalb achten Wolfgang Lösche und sein Team auch sehr darauf, dass die Mischung der Aussteller und des Angebotenen stimmt. „Zehn bis 15 Prozent holen wir an Neuheiten jährlich dazu“, lautet sein Parameter.
In diesem Jahr sind dies unter anderem die beiden Südkoreaner Bokyung Kim und Minsoo Lee. Sie haben sich inzwischen auch in Dießen niedergelassen. Die beiden gaben gestern beim Pressetermin Einblick in fernöstliche Teezeremonien und offerierten das Getränk auch in ihren fein gearbeiteten Trinkgefäßen. Sie sind Meisterschüler der koreanischen Töpferlegende Kap Sun, der selbst bereits seit 19 Jahren auf dem Töpfermarkt ausstellt.
Eine Alleinstellung in Österreich und vermutlich auch auf dem Töpfermarkt hat der Naturlehmkeramiker Josef Wieser aus Waidhofen. Aus selbst gegrabenen, lange gereiften Lehmen und Tonen formt und brennt er Kacheln für Öfen sowie Gebrauchskeramik.
Ebenfalls zum ersten Mal mit dabei ist Sebastian Scheid, der in Japan ausgebildet wurde. Wolfgang LöArchivfoto: Julian Leitenstorfer sche: „Er ist der Sohn von Karl und Ursula Scheid, die wohl berühmtesten deutschen Keramiker.“
Eine große Rolle unter den Neuzugängen spielen auch die Kunsthandwerker aus Berlin. Anna Sykora oder Claudia Schoemig fertigen zum Beispiel elegantes Porzellan, das einem Trend in der Keramik folgt: dem Einsatz in der gehobenen Gastronomie. Nicht zuletzt deswegen lautet das Sonderthema in diesem Jahr unter anderem im zentralen Ausstellungspavillon auch „Kochen Essen Trinken“.
Dieses Motto zieht sich von den Ständen hinein bis in den seit 2001 von der Brennofen-Firma gestifteten Dießener Keramikpreis, der laut Roland Müller, Mitglied der Geschäftsleitung, heuer von dem Rosenheimer Unternehmen von 3000 auf 4000 Euro angehoben wurde. Er dreht sich um den Themenkreis „Serie und Unikat“. Viele Keramiker fertigen Geschirrserien, die im Gegensatz zu industriell gefertigter Ware innerhalb der scheinbaren Gleichförmigkeit einer Serie wiederum Unikate, weil handgefertigt, entstehen lassen.
Natürlich führt auch 2019 wieder der Keramikweg durch Dießen: sechs Stationen von den Seeanlagen hinauf bis auf den Klosterberg und den Ortsteil St. Georgen. Dabei sollen die Töpferei Höfle, der Tauben
Das Publikum des Marktes ist sehr aufmerksam
Töpfer stellen inzwischen in London und Paris aus
turm, der Traidtcasten, das Keramikmuseum Lösche, die Keramikwerkstatt Dagmar Larasser neben dem Markt selbst auch zu Begegnungsstätten von Besuchern mit den Kunsthandwerkern werden – was übrigens auch für die Aussteller gilt. Wolfgang Lösche sagt: „Der Töpfermarkt ist nicht nur Markt, sondern für die Keramiker eine wichtige Veranstaltung der Begegnung und des Austausches.“So stellen inzwischen deutsche Keramiker, die in Dießen mit dabei waren und sind, inzwischen in London und Paris aus.
Und die Wichtigkeit des Marktes als Highlight-Veranstaltung in und für die Region unterstrich Christoph Winkelkötter, der Geschäftsführer der gwt Starnberg (Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung): „Die Gastronomie, die Hotellerie und der Einzelhandel brauchen solche Spitzentage.“Jeder Tagesgast lasse bis zu 30 Euro in der Region. Und außerdem sei ein solch wertiger Markt wichtig „für das Selbstwertgefühl einer ganzen Region“. » Seite 27