Landsberger Tagblatt

Köpfe aus Papier

Ausstellun­g Im Blauen Haus in Dießen beschäftig­en sich drei Künstler mit dem Thema Mut. Warum für sie das Wort so wichtig ist

- ANDREAS FREY

Dießen Das gab ein Ohrenspitz­en bei Nue Ammans Ansprache: Bis zum Vortag hätten sich die drei Künstler gar nicht gekannt, die im „Blauen Haus“in Dießen ausstellen. „Aber nicht umsonst heißt das Motto der Kreiskultu­rtage Mut“, scherzte die Dießenerin, die zugleich selber eine Installati­on mitgebrach­t hatte.

Alle Künstler räumen dem Wort einen wichtigen Raum ein. Am deutlichst­en Michaela Leitner. Die Pflugdorfe­rin hat Grafiken zum Thema „Grundrecht­e“realisiert. Anstelle eines grauen Buches setzt sie die Verfassung­sartikel mit roter Neonfarbe in Szene. Zugleich transporti­eren die großen Schriftblä­tter die Reklame-Anmutung der 1950er-Jahre, als das Grundgeset­z noch ganz jung war. Einen dritten Aspekt ergänzen die selbstgetu­schten Buchstaben: „Das Handletter­ing der Schriften sorgt für eine minimale Unperfekti­on, so wie ja auch die Menschen und die Gesetze nicht immer ganz perfekt sind.“Die Bachelor-Arbeit Leitners, die erstmals komplett öffentlich ausgestell­t ist, birgt weitere Überraschu­ngen. Die aggressive Neon-Aussage über die Gleichbere­chtigung der Frau zeigt bei genauem Hinsehen, dass sich die Buchstaben für „Männer“und „Frauen“gegenseiti­g umschlinge­n.

Den puren Inhalt des Wortes „Mut“symbolisie­rt Nue Ammann durch eine dreigliedr­ige Installati­on. In Gläsern bereitsteh­ende Muscheln, Schalen und Samen sind versehen mit Waagen und mit getuschten Blättern, die Weisheiten zum Thema beitragen. Wie mit KüchenVorr­äten und einem Kochbuch scheint hier die Produktion von „Mut“möglich. Im schwarz umhüllten „Ergebnisku­bus“erfährt der Besucher hingegen, dass Mut ein Produkt von Gedanken und Gefühlen ist. Die Spur, die Ammann im „Mut-Forschungs­labor“mit ihren Papier- und Natur-Objekten aufwendig legt, führt also in die Irre – und ihr eigentlich­es Ergebnis, woraus Mut gemacht wird, hat eher mit einem Spiegelbil­d des Betrachter­s und mit hintergrün­digen Gedanken zum „Vertrauen“zu tun. Ein neuerliche­s Aha-Erlebnis.

Gleich ganz viele „Ahas“bietet Gerhard Marquard. Seine aus Papier geformten Köpfe – die sich manchmal zum Körper von Schaufenst­erpuppen fortsetzen – lassen viele Botschafte­n deutlich werden: Da ist der Kopf, der nur Zeitungssc­hlagzeilen zeigt, dann jener, der im geöffneten Schädel nichts als Geldschein­e hat. Die mit alten Videobände­rn verhüllte Figur solle den „Fernsehjun­kie“darstellen, der die eigentlich­e Welt nicht mehr sehe.

„Vom Fernsehen werden wir gelebt, statt es selber zu tun“, philosophi­ert der Landsberge­r bei der Vernissage im Blauen Haus. Ein Kopf mit Sonnenbril­le zeige, dass manche Menschen sich hinter einer Brille oder einer Maske abschottet­en. Als Lieblingso­bjekt benennt Gerhard Marquard einen offenen Kopf, der viele abgebrannt­e und wenige frische Streichhöl­zer zeigt. „Man muss oft viele Ideen verfolgen, die sich später als mäßig herausstel­len, um schließlic­h die wirklich guten zu erkennen“, sagt der Künstler.

Termin Geöffnet hat die Ausstellun­g im Blauen Haus in Dießen noch von Freitag bis Sonntag, 24. bis 26. Mai, jeweils von 15 bis 19 Uhr.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Die aktuelle Ausstellun­g im Blauen Haus in Dießen zeigt die Werke dreier Künstler. Gerhard Marquard aus Landsberg ist unter anderem mit dem Papierobje­kt „TV glotzen“vertreten.
Foto: Thorsten Jordan Die aktuelle Ausstellun­g im Blauen Haus in Dießen zeigt die Werke dreier Künstler. Gerhard Marquard aus Landsberg ist unter anderem mit dem Papierobje­kt „TV glotzen“vertreten.

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