Köpfe aus Papier
Ausstellung Im Blauen Haus in Dießen beschäftigen sich drei Künstler mit dem Thema Mut. Warum für sie das Wort so wichtig ist
Dießen Das gab ein Ohrenspitzen bei Nue Ammans Ansprache: Bis zum Vortag hätten sich die drei Künstler gar nicht gekannt, die im „Blauen Haus“in Dießen ausstellen. „Aber nicht umsonst heißt das Motto der Kreiskulturtage Mut“, scherzte die Dießenerin, die zugleich selber eine Installation mitgebracht hatte.
Alle Künstler räumen dem Wort einen wichtigen Raum ein. Am deutlichsten Michaela Leitner. Die Pflugdorferin hat Grafiken zum Thema „Grundrechte“realisiert. Anstelle eines grauen Buches setzt sie die Verfassungsartikel mit roter Neonfarbe in Szene. Zugleich transportieren die großen Schriftblätter die Reklame-Anmutung der 1950er-Jahre, als das Grundgesetz noch ganz jung war. Einen dritten Aspekt ergänzen die selbstgetuschten Buchstaben: „Das Handlettering der Schriften sorgt für eine minimale Unperfektion, so wie ja auch die Menschen und die Gesetze nicht immer ganz perfekt sind.“Die Bachelor-Arbeit Leitners, die erstmals komplett öffentlich ausgestellt ist, birgt weitere Überraschungen. Die aggressive Neon-Aussage über die Gleichberechtigung der Frau zeigt bei genauem Hinsehen, dass sich die Buchstaben für „Männer“und „Frauen“gegenseitig umschlingen.
Den puren Inhalt des Wortes „Mut“symbolisiert Nue Ammann durch eine dreigliedrige Installation. In Gläsern bereitstehende Muscheln, Schalen und Samen sind versehen mit Waagen und mit getuschten Blättern, die Weisheiten zum Thema beitragen. Wie mit KüchenVorräten und einem Kochbuch scheint hier die Produktion von „Mut“möglich. Im schwarz umhüllten „Ergebniskubus“erfährt der Besucher hingegen, dass Mut ein Produkt von Gedanken und Gefühlen ist. Die Spur, die Ammann im „Mut-Forschungslabor“mit ihren Papier- und Natur-Objekten aufwendig legt, führt also in die Irre – und ihr eigentliches Ergebnis, woraus Mut gemacht wird, hat eher mit einem Spiegelbild des Betrachters und mit hintergründigen Gedanken zum „Vertrauen“zu tun. Ein neuerliches Aha-Erlebnis.
Gleich ganz viele „Ahas“bietet Gerhard Marquard. Seine aus Papier geformten Köpfe – die sich manchmal zum Körper von Schaufensterpuppen fortsetzen – lassen viele Botschaften deutlich werden: Da ist der Kopf, der nur Zeitungsschlagzeilen zeigt, dann jener, der im geöffneten Schädel nichts als Geldscheine hat. Die mit alten Videobändern verhüllte Figur solle den „Fernsehjunkie“darstellen, der die eigentliche Welt nicht mehr sehe.
„Vom Fernsehen werden wir gelebt, statt es selber zu tun“, philosophiert der Landsberger bei der Vernissage im Blauen Haus. Ein Kopf mit Sonnenbrille zeige, dass manche Menschen sich hinter einer Brille oder einer Maske abschotteten. Als Lieblingsobjekt benennt Gerhard Marquard einen offenen Kopf, der viele abgebrannte und wenige frische Streichhölzer zeigt. „Man muss oft viele Ideen verfolgen, die sich später als mäßig herausstellen, um schließlich die wirklich guten zu erkennen“, sagt der Künstler.
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Termin Geöffnet hat die Ausstellung im Blauen Haus in Dießen noch von Freitag bis Sonntag, 24. bis 26. Mai, jeweils von 15 bis 19 Uhr.