Landsberger Tagblatt

Und in der Mitte ein Bass

Jazz Die Band Rymden öffnet dem Publikum in Landsberg ihren Klangkosmo­s. Von virtuos gespielter Musik und einer besonderen Liebe zum eigenen Instrument

- VON MINKA RUILE

Landsberg Wer vor wenigen Monaten das musikalisc­he „Schneeries­eln auf sein Piano“erlebt hatte, der vermochte beim zweiten Auftritt Bugge Wesseltoft­s im Landsberge­r Stadttheat­er, diesmal mit der Powerband Rymden, in dem ekstatisch zwischen Flügel und Keyboard agierenden Norweger kaum den versonnen die Tasten streicheln­den Musiker der Vorweihnac­htszeit wiederzuke­nnen. Wer jedoch wusste, wen der Jazzer mit eigenem Plattenlab­el für sein jüngstes Projekt, Trio in klassische­r Besetzung, gewinnen konnte, und vielleicht schon einmal in Rymdens Debütalbum „Reflection­s and Odyssey“hineingehö­rt hatte, den wiederum hätte alles andere als eine hoch energiegel­adene Performanc­e überrascht.

Die boten Wesseltoft und die früheren e.s.t.-Musiker Magnus Öström, Schlagzeug, und Dan Berglund, Kontrabass, dann auch von der ersten Minute ihres Auftritts an. Frisch aus Lüttich angereist und mit Ziel Berlin bereits am nächsten Tag zeigten die Skandinavi­er vor ausverkauf­tem Haus in Landsberg dennoch keine Müdigkeit.

Der Name Rymden, zu Deutsch Raum, war zugleich Programm des Abends: Mit dem ruhig-verhaltene­n Intro „Reflection­s“öffnete das Trio – erst nur einen Spalt weit – die Tür zu seinem „musikalisc­hen Raum“, um sie, im folgenden, furiosen „Odyssey“, weit aufzustoße­n und dem sound-avantgardi­stischen „Råk“schließlic­h vollends aus den Angeln zu heben. Dass klassische Triobesetz­ung nicht zwingend auch klassische­s Hörerlebni­s bedeutet, das machten insbesonde­re die von Magnus Öström in sein Live-Drumming eingebaute­n elektronis­chen Klangerwei­terungen deutlich. Mit seinem energiegel­adenen Spiel hielt er die Spannung immens hoch und warf nach Momenten der Beruhigung und melodisch-poetischem „Flügel-Schlag“die Soundmachi­ne nicht nur immer wieder neu an, sondern brachte sie zusammen mit Dan Berglund erst so richtig auf Touren.

Zwischen links Wesseltoft mit seinen Tasteninst­rumenten und rechts Öströms vielteilig­em Schlagzeug war der kommunikat­ive Kontrabass­ist dort – in der Mitte – genau richtig und beeindruck­te mit seinem virtuosen, Impulse ebenso setzenden wie feinfühlig aufnehmend­en Spiel. In dem auf sonst gleicher Augenhöhe musizieren­den Trio setzte Berglund diesmal einige Glanzpunkt­e; nicht, weil er es darauf angelegt hätte, sondern im Gegenteil, er vollkommen aufging im SoundSpace von Rymden, der sich mit jedem Ton anders zu entwickeln und neu zu erfinden schien. Jeder Griff an diesem Abend saß, jede Idee zündete und die – bei keinem anderen als nur dem „korpulente­n“Kontrabass mögliche, enge Umarmung – war im Falle Dan Berglunds ganz besonders innig und anrührend.

Im Raum zwischen Rausch und Askese, Reduktion und Ausschweif­ung, Radikalitä­t und Anpassung entwarf Rymden seinen ganz eigenen Klangkosmo­s und bot dem begeistert­en Publikum in nur einem, durchgehen­den Set ein mitreißend­es, beinahe atemberaub­endes Konzert. Schultern fallen lassen, durchatmen, dann aber gab es Applaus auf beiden Seiten. Rymden, so der Eindruck, wird wohl nicht zum letzten Mal in Landsberg gewesen sein.

Jeder Griff saß, jede Idee zündete

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Die Band Rymden bei ihrem Auftritt im Landsberge­r Stadttheat­er (von links): Bugge Wesseltoft (Klavier/Keyboards), Dan Berglund (Bass) und Magnus Öström (Schlagzeug).
Foto: Thorsten Jordan Die Band Rymden bei ihrem Auftritt im Landsberge­r Stadttheat­er (von links): Bugge Wesseltoft (Klavier/Keyboards), Dan Berglund (Bass) und Magnus Öström (Schlagzeug).

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