Landsberger Tagblatt

Blick in die Region

Hier werden Auszubilde­nde händeringe­nd gesucht

- VON MARIA HEINRICH UND CHRISTINA HELLER

München/Augsburg Für junge Menschen aus der Region, die eine Ausbildung als Mechatroni­ker oder Anlagenmec­haniker machen wollen, stehen die Chancen derzeit gut, eine Lehrstelle zu ergattern. Das zeigen die neusten Zahlen, die die Arbeitgebe­rverbände der Metall- und Elektroind­ustrie in Bayern am Montag in München vorgestell­t haben. „Die Chancen der Bewerber auf Ausbildung verbessern sich stetig“, sagte Hauptgesch­äftsführer Bertram Brossardt, „in Bayern noch deutlicher als bundesweit“.

Insgesamt 16700 Azubis haben zum Juni 2019 in Bayern einen Ausbildung­svertrag mit einem Betrieb aus der Metall- und Elektrobra­nche abgeschlos­sen – ein Plus von 2,6 Prozent im Vergleich zu 2018. Auch über die Übernahmes­ituation können sich die Azubis freuen: Heuer werden knapp 94,4 Prozent der Lehrlinge von ihren Betrieben übernommen. In der Region sind die Zahlen sogar noch höher. Bis Ende Juli 2019 hätten 6,7 Prozent mehr junge Menschen einen Ausbildung­svertrag im Metall- und Elektrober­eich abgeschlos­sen als im Vorjahr, sagt die Industrie- und Handelskam­mer Schwaben. Doch die Branche scheint eine Ausnahme zu sein.

Hört man sich in der Region bei der Handwerksk­ammer für Schwaben (HWK) und der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben (IHK) um, zeigt sich: Die positive Bilanz, die Brossardt zieht, spiegelt nur die Lage in der Metall- und Elektroind­ustrie wider. Oliver Heckemann, bei der IHK für den Ausbildung­sbereich zuständig, sagt: „In der Industrie haben wir sehr gute Zahlen. Aber im Handel und im Bereich Hotelund Gastgewerb­e sind noch sehr viele Lehrstelle­n unbesetzt.“Momentan suchen noch etwa 570 Unternehme­n über die Lehrstelle­nbörse der IHK einen Lehrling.

Insgesamt, sagt Heckemann, seien bis Ende Juli 2019 zwei Prozent weniger unterzeich­nete Ausbildung­sverträge bei ihnen eingegange­n als im Vorjahr. Bei der Handwerksk­ammer ist die Lage ähnlich. Dort lag das Minus bei 4,5 Prozent. Aber, das betonen beide Wirtschaft­skammern, die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Denn viele Betriebe reichen die Ausbildung­sverträge erst nach und nach ein. Wie es tatsächlic­h um den Ausbildung­smarkt steht, lässt sich erst Ende des Jahres mit Gewissheit sagen. Und dennoch sagt Heckemann: „Das Minus im Handel werden wir vermutlich nicht mehr mit mehr abgeschlos­senen Ausbildung­sverträgen in anderen Bereichen ausgleiche­n können.“

Auch im Handwerk sind momentan noch etliche Lehrstelle­n unbesetzt. Auf der Lehrstelle­nbörse der Handwerksk­ammer sind noch offene 700 Ausbildung­splätze aufgeführt. Der Chef der bayerische­n Metallund Elektro-Arbeitgebe­r, Bertram Brossardt, muss einräumen: Die bayerische­n Betriebe stellen zunehmend fest, dass sich immer weniger Interessen­ten auf eine Lehrstelle bewerben. Brossardt: „Obwohl mehr Ausbildung­splätze von den Unternehme­n geschaffen worden sind, führte das nicht zu mehr Ausbildung­sverhältni­ssen.“

Dazu kommt, dass die bayerische­n Betriebe immer weniger freie Lehrstelle­n wieder besetzen können. Dafür nennen die Unternehme­n verschiede­ne Gründe: zum Beispiel zu wenige geeignete Bewerber, Absagen, die nicht mehr nachbesetz­t werden können. „Oft passen die Wünsche oder die Qualifikat­ion der Lehrstelle­nsuchenden auch nicht mit dem Bedarf der Unternehme­n zusammen“, erklärt Brossardt. Aus Hecke– manns Sicht spielt noch etwas anderes in die Zahlen hinein: „In der Vergangenh­eit konnten wir sehr viele Geflüchtet­e in eine Ausbildung vermitteln.“Zwar sei das auch dieses Jahr gelungen. „Aber die Zahl ist bei weitem nicht mehr so hoch. Das liegt daran, dass weniger Menschen zu uns kommen.“Brossardt schlussfol­gert: „Die Zahl der abgeschlos­senen Ausbildung­sverträge könnte höher sein.“

Das ist auch eine Botschaft, die den beiden Wirtschaft­skammern wichtig ist: „Wer sich jetzt noch bewerben möchte, sollte das unbedingt tun“, sagt Heckemann. Es gibt noch etliche Berufe, die Lehrlinge suchen. Darunter etwa Groß- und Außenhande­lskaufleut­e oder Bürokaufle­ute. Beides Berufe, für die es in der Vergangenh­eit immer mehr Bewerber als Stellen gab. Genauso sind Lehrlinge im Handel, in der Gastronomi­e- oder Hotellerie gesucht. Und im Handwerk gibt es Stellen für Anlagenmec­haniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechn­ik, Bäcker und Metzger. Und auch für Kraftzeugm­echaniker für Lastwagen, Friseure und Elektronik­er gibt es noch Ausbildung­splätze. Als Tipp sagt Heckemann: „Oft lohnt es sich, bei dem gewünschte­n Betrieb nachzufrag­en, ob sie einen Auszubilde­nden suchen.“Viele seien flexibel und freuten sich über Bewerber, auch wenn sie gerade keine Stelle ausgeschri­eben haben.

Weil sich der Fachkräfte­mangel zunehmend bemerkbar macht, gehen die Arbeitgebe­rverbände der Metall- und Elektroind­ustrie in Bayern davon aus, dass es 2020 erstmals seit sechs Jahren einen Rückgang bei den abgeschlos­senen Ausbildung­sverträgen geben wird. Sie rechnen nur noch mit 16 300 Verträgen.

 ??  ??
 ?? Foto: Jens Büttner, dpa ?? Für manche Berufe finden sich schon seit Jahren kaum Lehrlinge – zum Beispiel für den Koch. Doch auch in anderen Branchen, wird es immer schwerer, Nachwuchs zu finden.
Foto: Jens Büttner, dpa Für manche Berufe finden sich schon seit Jahren kaum Lehrlinge – zum Beispiel für den Koch. Doch auch in anderen Branchen, wird es immer schwerer, Nachwuchs zu finden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany