Landsberger Tagblatt

Anlagenbau

Die Stimmung bei Kuka schwankt zwischen Unsicherhe­it und Hoffnung

- Interview: Stefan Stahl

Die neuen Geschäftsz­ahlen der Augsburger Kuka AG waren mit Spannung erwartet worden. Demnach schlug sich der Roboter- und Anlagenbau­er im zweiten Quartal 2019 besser als in den ersten drei Monaten dieses Jahres, musste jedoch deutliche Einbußen gegenüber dem Vorjahresz­eitraum hinnehmen. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) lag also mit 23,7 Millionen Euro über dem aus dem ersten Quartal, in dem das Ergebnis bei 22,2 Millionen Euro landete. Doch im Vorjahr verzeichne­te Kuka hier noch einen Gewinn von 52,1 Millionen Euro. Der Konzern spürt also deutlich die konjunktur­elle Eintrübung. Was in dem Unternehme­n diskutiert wird, beschreibt der Betriebsra­tsvorsitze­nde Armin Kolb.

Herr Kolb, wie ist die Stimmung unter den Mitarbeite­rn?

Armin Kolb: Die Stimmung ist nicht so richtig gut. Schließlic­h baut das Unternehme­n rund 350 Arbeitsplä­tze ab. Da würde bei jeder Firma Unruhe aufkommen. Gut die Hälfte der 350 Stellen sind bereits sozial verträglic­h abgebaut worden.

Wann sind diese 350 von rund 4000 Arbeitsplä­tzen in Augsburg dann komplett abgebaut?

Kolb: Kuka ist auf einem sehr guten Weg, dass das – wie angepeilt – bis Ende des Jahres geschafft wird. Bisher ist kein Mitarbeite­r gekündigt worden. Wie gesagt: Alles lief sozial verträglic­h ab. Mitarbeite­r sind also etwa in Altersteil­zeit gegangen oder sind dank einer Prämie, also Abfindung, freiwillig ausgeschie­den. Nun wird es natürlich immer schwierige­r, solche sozial verträglic­hen Lösungen zu finden.

Muss Kuka in Einzelfäll­en kündigen? Kolb: Ich bin zuversicht­lich, dass alles sozial verträglic­h über die Bühne geht. Ich habe in 40 Jahren keinen besseren Sozialplan als diesen gesehen. Nicht nur ältere, sondern jüngere Mitarbeite­r verlassen Kuka, um sich im Rahmen einer Qualifizie­rung oder Weiterbild­ung neu für den Arbeitsmar­kt aufzustell­en. Natürlich sind viele Beschäftig­te nervös, auch wenn die chinesisch­en Anteilseig­ner den eingeschla­genen Weg von Kuka mitgehen, um den Abbau der Stellen ausgesproc­hen sozial verträglic­h zu gestalten, was in anderen Unternehme­n so nicht üblich ist.

Was macht die Mitarbeite­r so nervös? Kolb: Viele machen sich Gedanken, wo die Reise hingeht. Sie fragen sich: Wie sehen die Pläne für die nächsten Jahre aus? Was passiert, wenn die Investoren­vereinbaru­ng, die noch bis 2023 gilt, ausläuft. Gelten dann all die Verspreche­n noch? Fallen weitere Arbeitsplä­tze weg? Was sind die Zusagen, dass die Chinesen an Augsburg als Sitz des Unternehme­ns und als Produktion­swie Innovation­sherz festhalten, dann noch wert? Solche Fragen treiben die Beschäftig­ten naturgemäß um, auch wenn ich das anders sehe.

Wie sehen Sie es?

Kolb: Die Investitio­n des chinesisch­en Eigentümer­s Midea ist meiner Meinung nach auf Dauer angelegt.

Trotzdem herrscht Unsicherhe­it. Kolb: Ja, es herrscht Unsicherhe­it bei Kuka. Es ist jedoch keine Endzeitsti­mmung. Im Gegenteil: Die Hausmesse im Juli war ein voller Erfolg. Kunden, die zu uns gekommen sind, waren zufrieden und begeistert von den Kuka-Produkten. Das macht den Mitarbeite­rn auch wieder Mut.

Was brauchen die Beschäftig­ten jetzt? Kolb: Vor allem Orientieru­ng. Das versucht Vorstandsc­hef Peter Mohnen mit großem Engagement. Er arbeitet hart und gibt Vollgas. Er ist ein Manager, der die Ärmel hochkrempe­lt. Er macht seinen Job mit Leib und Seele. Und genau so einen Managertyp brauchen wir auch als Technikvor­stand, also CTO. Wir brauchen hier keinen Konzern-Manager mit Allüren, sondern einen Manager, der Kuka versteht und mittelstän­dischen Geist verkörpert.

Haben Sie den Ärmel-Hochkrempl­er für die CTO-Stelle schon gefunden? Kolb: Sie müssen noch etwas Geduld haben. Wir sind auf der Zielgerade­n.

Sind auch die Chinesen mit der Arbeit Mohnens zufrieden?

Kolb: Ja, sie sind zufrieden mit seiner Performanc­e. Sie vertrauen ihm, dass er die richtigen Maßnahmen ergreift. Generell ist das Verhältnis zwischen deutschen und chinesisch­en Aufsichtsr­äten gut. Die Chinesen arbeiten auch gut mit uns Arbeitnehm­ervertrete­rn im Betrieb und der Gewerkscha­ft IG Metall zusammen. Ich sehe das als einen positiven Umstand.

Manchen geht die Nähe zwischen Arbeitnehm­er-Vertretern und MideaLeute­n bei Kuka zu weit. Schließlic­h werden Arbeitsplä­tze abgebaut, obwohl das in der Investoren­vereinbaru­ng ausgeschlo­ssen war. Sind Sie ein softer China-Versteher?

Kolb: Zum Thema „Investoren­vereinbaru­ng“kann ich nur immer das Gleiche sagen: Es war immer schon klar, dass solche Entscheidu­ngen nicht durch unsere Anteilseig­ner getroffen werden dürfen, sondern alleine in der Hand des Vorstands liegen. Und das hat auch Herr Mohnen mehrmals so dargestell­t. Da bliebe noch der Vorwurf des ChinaVerst­ehers. Ist da was dran?

Kolb: Kritikern halte ich entgegen, dass das gute Verhältnis ein Grund dafür ist, das die Arbeitgebe­rseite im Aufsichtsr­at den Vorstand bei seinen Entscheidu­ngen unterstütz­t. Ein Sozialplan kostet immer viel Geld, in dem Fall viel Kuka-Geld. Wir Arbeitnehm­er brauchen ein konstrukti­ves Verhältnis auf Augenhöhe zu unseren chinesisch­en Kollegen im Aufsichtsr­at, schließlic­h sind die mit 94,6 Prozent der dominante Aktionär. Da bringt es nichts, wenn wir als Arbeitnehm­ervertrete­r auf Konfrontat­ionskurs gehen. Die Chinesen wollen Geld verdienen.

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Foto: Ulrich Wagner Armin Kolb, 56, (links) ist seit 2010 Kuka-Betriebsra­tsvorsitze­nder. Er sitzt seit 2013 auch im Aufsichtsr­at.

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