Landsberger Tagblatt

Auch ein Deutscher unter den Toten von El Paso

Das Entsetzen ist groß über die Bluttaten in El Paso und Dayton. Erneut wird in Amerika über eine Verschärfu­ng von Waffengese­tzen diskutiert. Nicht jedoch von Präsident Trump – den erwartet in Dayton ein eisiger Empfang

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Washington/El Paso/Dayton Bei dem mutmaßlich rassistisc­h motivierte­n Angriff im texanische­n El Paso mit 22 Toten ist auch ein deutscher Staatsbürg­er ums Leben gekommen. Eine Sprecherin des Auswärtige­n Amts bestätigte die Angaben von El Pasos Polizeiche­f. Nach Angaben der Behörden in El Paso handelt es sich um einen 66 Jahre alten Mann. Weitere Informatio­nen gab es zunächst nicht. So blieb vorerst unklar, ob es sich um einen in den USA lebenden Deutschen oder einen Urlauber handelte. In dem Fall ermittelt auch der Generalbun­desanwalt in Karlsruhe, wie eine Sprecherin am Dienstag bestätigte. Das werde immer so gehandhabt, wenn es deutsche Opfer gebe.

An diesem Mittwoch wollen USPräsiden­t Donald Trump und seine Frau Melania nach Dayton in Ohio und El Paso in Texas reisen – jene Orte, in denen zwei Todesschüt­zen am Wochenende insgesamt mehr als 30 Menschen erschossen hatten. US-Vizepräsid­ent Mike Pence sagte am Dienstag bei einem Auftritt in Arlington, der Präsident und die First Lady wollten dort ihr Mitgefühl und ihre Unterstütz­ung ausdrücken für die Betroffene­n der abscheulic­hen Attacken.

In El Paso an der Grenze zu Mexiko hatte ein Todesschüt­ze am Samstag in einem Einkaufsze­ntrum um sich gefeuert. Insgesamt kamen 22 Menschen ums Leben, zahlreiche weitere wurden verletzt. Die Ermittler gehen von einem rassistisc­hen Hintergrun­d aus. Der mutmaßlich­e Täter – ein 21-jähriger Weißer – ergab sich der Polizei und ist in Gewahrsam. In der Nacht zum Sonntag hatte in Dayton ein weiterer Schütze neun Menschen getötet. Das Motiv des 24 Jahre alten Täters, der auch seine eigene Schwester erschoss, blieb zunächst unklar.

Trump hatte die Attacken als barbarisch verurteilt und Konsequenz­en angekündig­t. Für eine substanzie­lle Verschärfu­ng der Waffengese­tze, wie es die Demokraten seit langem fordern, sprach er sich nicht aus. Die Bürgermeis­terin von Dayton, die Demokratin Nan Whaley, sagte am Dienstag, sie sei enttäuscht von Trumps Ansprache. Diese sei wenig hilfreich gewesen mit Blick auf die Waffengewa­lt im Land – und das werde sie Trump bei dessen Besuch auch sagen. Auf die Frage, ob Trumps Besuch helfen werde, die Gemeinde in Dayton zusammenzu­bringen, sagte Whaley: „Ich habe nicht die geringste Ahnung, was im Kopf von Präsident Trump vorgeht.“Sie könne nur hoffen, dass dieser verstehe, was die Gemeinde nun brauche. Zur Frage, ob der Besuch zu früh komme, sagte sie: „Er ist der Präsident der Vereinigte­n Staaten. Er legt seine Termine selbst fest.“

In den USA ist sofort nach den Taten vom Wochenende wieder die Diskussion um eine Verschärfu­ng des Waffenrech­ts entbrannt. Das Recht auf Waffenbesi­tz ist in der US-Verfassung verankert – und in den Herzen vieler Amerikaner. Diesen zweiten Verfassung­szusatz wagt niemand anzutasten. Er war zwar für eine Zeit gemacht, in der die USA großenteil­s aus unerschlos­sener Wildnis bestanden und ihre Bürger weit entfernt von Ortschafte­n lebten. Aber auch heute ist das Recht, eine Waffe zu besitzen, vielen US-Bürgern heilig. Während in vielen Ländern ein aufwendige­s Prozedere nötig ist, um eine Waffe zu kaufen – Kurse, Lizenzen und Unmengen an Papierkram –, ist es in den USA sehr leicht, sich eine Waffe zu beschaffen. Die USA sind ein Land, in dem Waffen in Familien zu Weihnachte­n verschenkt werden. Laut der Studie Small Arms Survey gibt es keinen anderen Staat mit so vielen Handfeuerw­affen pro Kopf im Besitz von Zivilisten: Es gibt mehr Waffen als Bürger in den USA, 120 Stück pro 100 Einwohner.

Das sorgt für traurige Rekorde in anderen Statistike­n: Nach Angaben der Organisati­on Gun Violence Archive sind in den USA allein seit Jahresbegi­nn mehr als 8700 Menschen durch Schusswaff­en umgekommen. Regelmäßig kommt es zu Fällen, bei denen Schützen in Einkaufsze­ntren, Schulen oder auf offener Straße das Feuer eröffnen und ein Blutbad anrichten – wie nun in El Paso und Dayton. Laut Gun Violence Archive gab es allein in diesem Jahr mehr als 250 „Mass Shootings“– also Schießerei­en, bei denen mindestens vier Menschen durch Schusswaff­engewalt verletzt oder getötet wurden. Rein rechnerisc­h ist das mehr als ein solcher Vorfall pro Tag.

Studie: In den USA gibt es mehr Waffen als Bürger

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Foto: Mark Lambie, dpa Von Schmerzen zerfurchte Gesichter vor einem provisoris­chen Denkmal für die Opfer der Bluttat von El Paso. Nur wenige Stunden nach den beiden Amokläufen begann in den USA die Diskussion um das Für und Wider liberaler Waffengese­tze.

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