Landsberger Tagblatt

Wenn Papi nicht mehr gut genug ist

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Papis sind die Besten. Lassen jedenfalls vierjährig­e Mädchen glauben, wenn sie noch eine Folge „Bibi und Tina“anschauen dürfen, obwohl doch schon längst jene Demarkatio­nslinie ist, die unter Eltern umschriebe­n wird mit: „Junge Dame, jetzt ist es aber wirklich Zeit, ins Bett zu gehen.“Das führt dazu, dass Papis oft selbst glauben, die Besten zu sein.

Eine Tatsache, die in den Folgejahre­n viele hässliche Situatione­n bedingt. Aus Tränen gespeiste Seen, beruhend auf männlicher Selbstüber­schätzung. Papi nämlich ist oft der Meinung, nicht nur als Erzieher ein Geschenk an die Kinder zu sein, sondern auch noch als Trainer. Väter am Spielfeldr­and gleichen Picassos Guernica: Zutiefst verstörend, aber wegschauen will man auch nicht. Trainerkin­der stehen unter besonderer Beobachtun­g. Wenn nicht von ihren Mannschaft­skameraden, dann von ihrem Vater. Es wird erst besser, wenn Papa seine Fähigkeite­n nicht mehr diesen undankbare­n, talentfrei­en Schratzen zugute kommen lassen will.

Viele der besten Tennisspie­lerinnen und Tennisspie­ler der Welt werden auch heute noch von ihren Vätern betreut. Was kann es Schöneres geben, als nach Dubai, Miami oder Melbourne zu fliegen – und sich dort von Papi über den Court scheuchen zu lassen? Vieles. Dachte sich auch Deutschlan­ds Nummer eins. Alexander Zverev schränkte

daher das Betätigung­sfeld seines Vaters ein und suchte neue Inspiratio­n bei Ivan Lendl. Eine wenig glückliche Liaison, weswegen nun wieder Zverev senior seinen Sohn anleitet.

Angelique Kerber wiederum verzichtet­e schon frühzeitig auf die Dienste ihres Vaters und sollte mit dieser Entscheidu­ng recht behalten. Sie gewann bislang drei GrandSlam-Turniere und stand zwischenze­itlich auf Platz eins der Weltrangli­ste. Alles ohne Papa. Mittlerwei­le reist sie gänzlich ohne Trainer von Turnier zu Turnier. Vor wenigen Wochen trennte sie sich von Rainer Schüttler. Der Neuanfang misslang. Kerber verlor ihr erstes Spiel ohne Coach in der ersten Runde von Toronto.

Eine schwierige Phase. Eine, in der Väter ihre Spezialitä­t gewinnbrin­gend einsetzen können: Hilfloses Stammeln, Schulter anbieten, übers Haar streichen und anbieten, noch eine Folge „Bibi und Tina“anzuschaue­n.

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Foto: Witters Papa Alexander Zverev senior mit Alexander junior.
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