Wenn Papi nicht mehr gut genug ist
Papis sind die Besten. Lassen jedenfalls vierjährige Mädchen glauben, wenn sie noch eine Folge „Bibi und Tina“anschauen dürfen, obwohl doch schon längst jene Demarkationslinie ist, die unter Eltern umschrieben wird mit: „Junge Dame, jetzt ist es aber wirklich Zeit, ins Bett zu gehen.“Das führt dazu, dass Papis oft selbst glauben, die Besten zu sein.
Eine Tatsache, die in den Folgejahren viele hässliche Situationen bedingt. Aus Tränen gespeiste Seen, beruhend auf männlicher Selbstüberschätzung. Papi nämlich ist oft der Meinung, nicht nur als Erzieher ein Geschenk an die Kinder zu sein, sondern auch noch als Trainer. Väter am Spielfeldrand gleichen Picassos Guernica: Zutiefst verstörend, aber wegschauen will man auch nicht. Trainerkinder stehen unter besonderer Beobachtung. Wenn nicht von ihren Mannschaftskameraden, dann von ihrem Vater. Es wird erst besser, wenn Papa seine Fähigkeiten nicht mehr diesen undankbaren, talentfreien Schratzen zugute kommen lassen will.
Viele der besten Tennisspielerinnen und Tennisspieler der Welt werden auch heute noch von ihren Vätern betreut. Was kann es Schöneres geben, als nach Dubai, Miami oder Melbourne zu fliegen – und sich dort von Papi über den Court scheuchen zu lassen? Vieles. Dachte sich auch Deutschlands Nummer eins. Alexander Zverev schränkte
daher das Betätigungsfeld seines Vaters ein und suchte neue Inspiration bei Ivan Lendl. Eine wenig glückliche Liaison, weswegen nun wieder Zverev senior seinen Sohn anleitet.
Angelique Kerber wiederum verzichtete schon frühzeitig auf die Dienste ihres Vaters und sollte mit dieser Entscheidung recht behalten. Sie gewann bislang drei GrandSlam-Turniere und stand zwischenzeitlich auf Platz eins der Weltrangliste. Alles ohne Papa. Mittlerweile reist sie gänzlich ohne Trainer von Turnier zu Turnier. Vor wenigen Wochen trennte sie sich von Rainer Schüttler. Der Neuanfang misslang. Kerber verlor ihr erstes Spiel ohne Coach in der ersten Runde von Toronto.
Eine schwierige Phase. Eine, in der Väter ihre Spezialität gewinnbringend einsetzen können: Hilfloses Stammeln, Schulter anbieten, übers Haar streichen und anbieten, noch eine Folge „Bibi und Tina“anzuschauen.