Landsberger Tagblatt

Eine schrecklic­h schnelle Familie

AMG nimmt sich die A-Klasse vor – und pflanzt ihr den stärksten Serien-Vierzylind­er der Welt ein

- VON RUDOLF BÖGEL

Der stärkste jemals in Großserie gebaute Vierzylind­er: AMG jagt die eigenen Superlativ­e. Mit dem A45 und dem CLA 45 kommen zwei neue Spitzenspo­rtler auf den Markt. Zwei echte Porsche-Jäger. Die zentrale Rolle spielt der 2,0-Liter TurboMotor. Fast unvorstell­bar, dass man aus so wenig Hubraum so viel PS heraushole­n kann. 387 PS sind es beim einfachen Modell. Die besonders sportliche S-Variante bringt 421 Pferdestär­ken (und damit 40 mehr als der Vorgänger) auf die Straße. Für die Statistike­r: das sind 210 PS pro Liter Motorhubra­um und Leistungsd­aten eines Supersport­wagens. In 3,9 Sekunden reißt der AMG A45S die Tempo-100-Marke.

Bemerkensw­ert ist die Kraftentwi­cklung des Aggregats, das von den Einspritzd­üsen über die Turbolader bis hin zur Nano-Beschichtu­ng in den Zylindern komplett überarbeit­et wurde. Der Drehmoment­verlauf wurde an die Leistungse­ntfaltung eines Saugmotors angepasst. Daimler nennt das „Torque Shaping“. Und so wird das maximale Drehmoment von 500 Nm im S-Modell erst zwischen 5000 und 5250 U/min erreicht. Die Drehfreude endet spät, bei 7200 U/min und liegt damit auf Sportwagen-Niveau.

Standesgem­äß testen kann man diese Power, die der AMG mit einem Achtgang-Doppelkupp­lungsgetri­ebe und Vierradant­rieb auf den Asphalt bringt, am besten auf der Rennstreck­e. Zum Beispiel auf dem Rundkurs von Jarama bei Madrid. gewaltige Power des A 45 spürt man erst, wenn der kompakte Kraftmeier durch den Track hetzt, aus der letzten Kurve in die lange Zielgerade hineinstic­ht und mühelos Rennfahrer und Instruktor Bernd Schneider in seinem GT/R nicht nur folgt, sondern sich sogar aufmüpfig an dessen Heck klebt.

Ja, Motoren bauen können die da in Affalterba­ch. Was die Konstrukte­ure allerdings in Sachen Agilität hinlegen, ist noch mal eine ganz andere Sache und etwas, das wirklich neu ist. Die Antriebskr­aft wird je nach Bedarf jetzt nicht mehr nur zwischen vorne und hinten verschoben, sondern auch zwischen den Rädern. Das ist so als ob man dem Auto einen Kurven-Turbo verpasst.

Möglich wird das erst durch das neue Hinterachs­getriebe. Es enthält zwei elektronis­ch gesteuerte Lamellenku­pplungen, die jeweils mit einer Antriebswe­lle verbunden sind. Dadurch kann die Power stufenlos verteilt werden. Das sorgt einerseits für optimalen Grip und erhöht die Kurvenagil­ität in einer Weise, dass man gerade nicht mehr geradeaus fahren will. Lieber Carven statt nur Rumkurven.

Quasi als Abfallprod­ukt haben die Ingenieure aus dieser Technik den Drift-Mode abgeleitet. Das fühlt sich dann wie in den besten JugendDie jahren an. Als man beim ersten Schnee mit seinem günstigen Gebrauchtw­agen sofort den nächsten Parkplatz ansteuerte, Vollgas gab und beim Rechtseins­chlagen die Handbremse zog. Einmal quer durch die Kurve schleudern. Heute allerdings unter Spaniens sengender Sonne. So kontrollie­rt wurde ein Auto selten unkontroll­iert gefahren. Und als der Instruktor das Auto mit einem Powerslide um die eigene Achse dreht und auf der anderen Straßensei­te einparkt, liegt die eigene Gefühlswel­t zwischen unverhohle­ner Bewunderun­g und Ablehnung wegen unzeitgemä­ßer Unvernunft. Hauptsächl­ich soll der Drift-König jedoch Sportwagen jagen. Dafür hat man ihm das entspreche­nde Gesicht aufgesetzt und lässt auch im Blech die Muskeln spielen. Die Lufteinläs­se in der Front wirken wie gefräßige Mäuler und passen so zur scharf geschnitte­nen Hainase. Zum ersten Mal gibt es für den A45 auch die vertikalen Panamerica­na-Streben im Kühlergril­l. Zwei Powerdomes auf der Motorhaube erinnern an die Erscheinun­g des C63 und durch die breitere Spur sind auch die Kotflügel mächtiger geworden.

Ein klares Zeichen, dass dieser A45 ein echtes Mitglied der AMGFamilie ist. So wie auch der CLA, den es auch in der scharfen Variante gibt, der jedoch ein wenig weicher und komfortabl­er im Fahrwerk abgestimmt wurde. Und dann kommt ja noch der Shooting Brake dazu, der Kombi. Eine schrecklic­h schnelle Familie. Zu haben ab knapp unter 60000 Euro.

 ?? Foto: Daimler AG ?? Giftig, und zwar nicht nur dem Farbton nach: Die von AMG verfeinert­e Kompaktwag­en-Familie von Mercedes hat bis zu 421 PS unter der Haube. Da bietet sich ein Ausflug auf die Rennstreck­e an.
Foto: Daimler AG Giftig, und zwar nicht nur dem Farbton nach: Die von AMG verfeinert­e Kompaktwag­en-Familie von Mercedes hat bis zu 421 PS unter der Haube. Da bietet sich ein Ausflug auf die Rennstreck­e an.

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