Landsberger Tagblatt

Allgäuer Tierskanda­l: 15 Beschuldig­te im Visier

Auch gegen drei Hoftierärz­te wird ermittelt. Kontrolleu­re beanstande­ten schon früher Missstände

- VON MICHAEL MUNKLER

Memmingen/Bad Grönenbach Im Unterallgä­uer Tierskanda­l richten sich die Ermittlung­en der Memminger Staatsanwa­ltschaft nun gegen 15 Beschuldig­te – darunter drei Hoftierärz­te. Überprüft werde auch das Verhalten des Unterallgä­uer Veterinära­mts, sagte Behördensp­recher Thomas Hörmann: „Das ist aber kein Ermittlung­sverfahren.“

Nach Hörmanns Worten wird es – grob geschätzt – wohl noch etwa acht Wochen dauern, bis die Ermittlung­en abgeschlos­sen sind. Sie richten sich gegen drei landwirtsc­haftliche Großbetrie­be mit Sitz in Bad Grönenbach, aber auch mehreren Hofstellen im nördlichen Oberallgäu. Beim Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West sind 30 Beamte mit dem Fall befasst. Es müsse eine Menge des sichergest­ellten Datenmater­ials ausgewerte­t werden, sagte Polizeispr­echer Christian Eckel auf Anfrage unserer Redaktion – darunter digitale Aufzeichnu­ngen und Aktenordne­r.

Ins Rollen gekommen war der Tierskanda­l im vergangene­n Monat durch die Veröffentl­ichung eines schockiere­nden Videos durch die Soko Tierschutz. Zunächst stand nur ein Großbetrie­b aus Bad Grönenbach im Fokus der Ermittler. Dann wurden Missstände auch in zwei weiteren Betrieben mit mehreren Hofstellen angezeigt.

Auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfr­aktion geht hervor, dass der zuerst ins Visier der Ermittler geratene Großbetrie­b mit Hofstellen in Hohmanns und Heimerting­en im Unterallgä­u zwischen Herbst 2014 und Juli dieses Jahres 86 Mal nach dem Tierschutz- oder Lebensmitt­elrecht kontrollie­rt wurde. 63 Mal erschienen Kontrolleu­re unangemeld­et, 23 Mal kündigten sie sich vorher an, heißt es in der Antwort des Umwelt- und Verbrauche­rschutzmin­isteriums.

Der umweltpoli­tische Sprecher der SPD, Florian von Brunn, kritisiert­e, dass etwa ein Viertel der Kontrollen durch die Behörden vorher angekündig­t worden sei. Nach Auskunft des bayerische­n Verbrauche­rschutzmin­isteriums sind amtliche Kontrollen im Veterinär- und Lebensmitt­el-/Futtermitt­elbereich gemäß europäisch­er Verordnung „grundsätzl­ich unangekünd­igt durchzufüh­ren“. Nur „in begründete­n Ausnahmefä­llen“könne eine Kontrolle vorher angekündig­t werden. Aber: „Durch die Vorankündi­gung dürfen der Prüfzweck oder die Wirksamkei­t der Kontrolle nicht gefährdet werden.“

Die bei den Kontrollen und Verstößen dokumentie­rten Beanstandu­ngen sind in der Antwort des Ministeriu­ms aufgeliste­t. „Festliegen­den oder lahmenden Tieren wird kein Futter oder Wasser in erreichbar­er Nähe vorgelegt“, heißt es beispielsw­eise über das Ergebnis einer Kontrolle am 11. Juni dieses Jahres. Eine Woche später fanden die Kontrolleu­re in einem Stall eine „festliegen­de Kuh mit hochgradig gestörtem Allgemeinb­efinden“. Und schon ein Jahr zuvor hatten Kontrolleu­re „Rinder mit mittelgrad­iger bis hochgradig­er Lahmheit“und Verdacht auf eine Klauenkran­kheit entdeckt.

SPD-Landtagsab­geordneter von Brunn kann nicht nachvollzi­ehen, warum nicht mit aller Härte früher eingeschri­tten worden ist. Vier Landräte und Bauern hatten sich in einem offenen Brief an den bayerische­n Umwelt- und Verbrauche­rschutzmin­ister Thorsten Glauber (Freie Wähler) gewandt und mehr Personal für die Veterinärä­mter gefordert. Schon seit Jahren bemühe man sich um mehr Stellen.

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Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Drei landwirtsc­haftliche Großbetrie­be in Bad Grönenbach stehen im Verdacht, gegen das Tierschutz­gesetz verstoßen zu haben.

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