Allgäuer Tierskandal: 15 Beschuldigte im Visier
Auch gegen drei Hoftierärzte wird ermittelt. Kontrolleure beanstandeten schon früher Missstände
Memmingen/Bad Grönenbach Im Unterallgäuer Tierskandal richten sich die Ermittlungen der Memminger Staatsanwaltschaft nun gegen 15 Beschuldigte – darunter drei Hoftierärzte. Überprüft werde auch das Verhalten des Unterallgäuer Veterinäramts, sagte Behördensprecher Thomas Hörmann: „Das ist aber kein Ermittlungsverfahren.“
Nach Hörmanns Worten wird es – grob geschätzt – wohl noch etwa acht Wochen dauern, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Sie richten sich gegen drei landwirtschaftliche Großbetriebe mit Sitz in Bad Grönenbach, aber auch mehreren Hofstellen im nördlichen Oberallgäu. Beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West sind 30 Beamte mit dem Fall befasst. Es müsse eine Menge des sichergestellten Datenmaterials ausgewertet werden, sagte Polizeisprecher Christian Eckel auf Anfrage unserer Redaktion – darunter digitale Aufzeichnungen und Aktenordner.
Ins Rollen gekommen war der Tierskandal im vergangenen Monat durch die Veröffentlichung eines schockierenden Videos durch die Soko Tierschutz. Zunächst stand nur ein Großbetrieb aus Bad Grönenbach im Fokus der Ermittler. Dann wurden Missstände auch in zwei weiteren Betrieben mit mehreren Hofstellen angezeigt.
Auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion geht hervor, dass der zuerst ins Visier der Ermittler geratene Großbetrieb mit Hofstellen in Hohmanns und Heimertingen im Unterallgäu zwischen Herbst 2014 und Juli dieses Jahres 86 Mal nach dem Tierschutz- oder Lebensmittelrecht kontrolliert wurde. 63 Mal erschienen Kontrolleure unangemeldet, 23 Mal kündigten sie sich vorher an, heißt es in der Antwort des Umwelt- und Verbraucherschutzministeriums.
Der umweltpolitische Sprecher der SPD, Florian von Brunn, kritisierte, dass etwa ein Viertel der Kontrollen durch die Behörden vorher angekündigt worden sei. Nach Auskunft des bayerischen Verbraucherschutzministeriums sind amtliche Kontrollen im Veterinär- und Lebensmittel-/Futtermittelbereich gemäß europäischer Verordnung „grundsätzlich unangekündigt durchzuführen“. Nur „in begründeten Ausnahmefällen“könne eine Kontrolle vorher angekündigt werden. Aber: „Durch die Vorankündigung dürfen der Prüfzweck oder die Wirksamkeit der Kontrolle nicht gefährdet werden.“
Die bei den Kontrollen und Verstößen dokumentierten Beanstandungen sind in der Antwort des Ministeriums aufgelistet. „Festliegenden oder lahmenden Tieren wird kein Futter oder Wasser in erreichbarer Nähe vorgelegt“, heißt es beispielsweise über das Ergebnis einer Kontrolle am 11. Juni dieses Jahres. Eine Woche später fanden die Kontrolleure in einem Stall eine „festliegende Kuh mit hochgradig gestörtem Allgemeinbefinden“. Und schon ein Jahr zuvor hatten Kontrolleure „Rinder mit mittelgradiger bis hochgradiger Lahmheit“und Verdacht auf eine Klauenkrankheit entdeckt.
SPD-Landtagsabgeordneter von Brunn kann nicht nachvollziehen, warum nicht mit aller Härte früher eingeschritten worden ist. Vier Landräte und Bauern hatten sich in einem offenen Brief an den bayerischen Umwelt- und Verbraucherschutzminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) gewandt und mehr Personal für die Veterinärämter gefordert. Schon seit Jahren bemühe man sich um mehr Stellen.