Landsberger Tagblatt

So stark belastet Deutschlan­d seine Bürger mit Steuern

Nur wenige Länder verlangen noch mehr Abgaben als die Bundesrepu­blik

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Die SPD will die Steuern für Wohlhabend­e erhöhen und sorgt für eine heiße Diskussion – dabei ist Deutschlan­d schon heute ein Land der hohen Abgaben. Ein alleinsteh­ender Arbeitnehm­er etwa muss den Zahlen der Industriel­änderorgan­isation OECD zufolge im Schnitt 49,5 Prozent seines Verdienste­s abgeben. Nur Belgien greift mit 52,7 Prozent noch stärker zu. In Familien mit Kindern, bei denen nur ein Elternteil arbeitet, ist der Fiskus gnädiger. Sie müssen 34,4 Prozent des Einkommens abführen.

Im Gegenzug für die Abgabenlas­t bekommen die Steuerzahl­er einen der am besten ausgebaute­n Sozialstaa­ten der Welt. Zu seiner Finanzieru­ng tragen auch die Unternehme­n ganz wesentlich bei. Beim Blick auf die Steuerlast der Unternehme­n liegt Deutschlan­d im Kreise der Industriel­änder ebenfalls weit vorne. Nach den Daten der EU-Kommission beträgt sie 31,7 Prozent. Nur Frankreich kassiert von den Firmen noch mehr.

Bei der Wirtschaft wächst die Sorge, von anderen Ländern abgehängt zu werden. „Während immer mehr Industriel­änder ihre Standorte steuerlich attraktive­r gestalten, warten die Betriebe bei uns seit mehr als zehn Jahren auf Entlastung­en und Vereinfach­ungen“, sagte der Präsident des Deutschen Industrieu­nd Handelskam­mertages, Eric Schweitzer, unserer Redaktion.

Das Mannheimer Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung, kurz ZEW, schaut sich regelmäßig die Bedingunge­n für Familienun­ternehmen in wichtigen Wirtschaft­snationen an. Im Ergebnis hat Deutschlan­d zuletzt an Attraktivi­tät verloren. Unter den wichtigste­n Industriel­ändern landet es nur noch auf Rang 16. Im Jahr 2016 reichte es noch für Rang zwölf. Vor allem die Steuerbela­stung zog die Bewertung nach unten. DIHK-Chef Schweitzer fordert deshalb, dass die Bundesregi­erung dem Vorbild Frankreich­s oder der USA folgen und die Sätze senken soll. „Um Wohlstand und Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d zu sichern, müssen wir hier dringend nachziehen“, betonte er.

Zu einem vollständi­gen Bild gehört aber auch, dass sich die deutschen Firmen trotz hoher Abgaben in den vergangene­n Jahren sehr gut geschlagen haben – und Unternehme­n vor nicht allzu langer Zeit noch deutlich mehr an die öffentlich­e Hand zahlten. Unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) lag die Steuerlast bei 56 Prozent. Erst die rot-grüne Bundesregi­erung unter Gerhard Schröder (SPD) senkte die Steuern für Unternehme­n. Das taten in den vergangene­n 20 Jahren viele Staaten, weshalb sich daraus kein Wettbewerb­svorteil mehr ergibt.

Der Chef des gewerkscha­ftsnahen Instituts für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung, Sebastian Dullien, hält die Steuer- und Abgabenquo­te dennoch für vertretbar. „Nach meiner Lesart gibt es weder die Notwendigk­eit, die Steuereinn­ahmen kräftig zu erhöhen, noch deutlich zu entlasten“, sagte er unserer Redaktion. Viel besser muss Deutschlan­d aus seiner Sicht bei der Infrastruk­tur werden, bei Straßen, Schienen und schnellem Internet. Lesen Sie dazu auch den und den Artikel in der

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