Ohne Trainer, ohne Orientierung, ohne Erfolg
Auch nach dem nächsten Erstrunden-Aus will Angelique Kerber die Krise am liebsten selbst lösen
New York Von den ständigen Fragen nach einem neuen Trainer in die Enge getrieben, reagierte Angelique Kerber trotzig. „Ich lasse mir von niemandem Druck machen“, sagte Kerber nach ihrer Erstrunden-Pleite bei den US Open. Das 5:7, 6:0, 4:6 gegen die Französin Kristina Mladenovic war der nächste Tiefschlag für die dreimalige GrandSlam-Turniersiegerin in diesem verkorksten Jahr und wirft jede Menge Fragen auf. Wie will Kerber den Weg aus der Krise finden? Und vor allem, mit wem?
Seit der Trennung von Rainer Schüttler im Anschluss an das frühe Aus in Wimbledon reist Kerber weitgehend alleine durch die Tenniswelt. Das Ergebnis: Auftakt-Aus in Montreal, Auftakt-Aus in Cincinnati, Auftakt-Aus bei den US Open. „Wenn jetzt nicht der Groschen gefallen ist, wann dann“, kritisierte Tennis-Legende Boris Becker bei Eurosport. Und auch für Barbara Rittner, viele Jahre eine enge Vertraute von Kerber, liegt die Ursache für die Krise im ausgedünnten Umfeld der deutschen Nummer eins. „Mit Coach hätte sie die Partie nicht verloren“, analysierte Rittner. „So wie ich Angie kenne, ist sie niemand, der eine längere Zeit alleine sein sollte. Sie ist auf jeden Fall jemand, der Führung braucht“, sagte Rittner.
Angesprochen auf die Kritik der langjährigen Fed-Cup-Teamchefin ging Kerber in die Offensive. „Ich sehe das nicht so. Ich bin erfahren genug und habe mich ja bewusst dazu entschieden“, sagte Kerber. „Der Schlüssel, dass ich verloren habe, liegt nicht daran, dass ich keinen Coach habe.“Mit dieser Meinung stand die 31-Jährige weitgehend alleine da. Denn es war offensichtlich, dass Mladenovic klar davon profitierte, in Sascha Bajin einen guten Trainer in ihrer Box auf der Tribüne zu haben.
Der gebürtige Münchner, der im vergangenen Jahr Naomi Osaka zum US-Open-Titel führte, hatte der Französin die passende Taktik zurechtgelegt. Zudem bot er Mladenovic Halt, als diese von Rückenbeschwerden geplagt den zweiten Satz mit 0:6 abgab. Wenn Kerber in kritischen Phasen zu ihrem Team schaute, sah sie dort ihren Manager Aljoscha Thron, ihre Mutter Beata und einen Sparringspartner. „Sie wurde nicht gut gecoacht – weil sie hat keinen“, scherzte Becker nach der Niederlage. Doch dann wurde er wieder ernst. „Sportler leben ja manchmal in einer Seifenblase. Ich glaube, es wird Zeit, diese Seifenblase einmal aufzustechen.“
● Julia Görges hat nach Abwehr eines Matchballs bei den US Open die zweite Runde erreicht und eine weitere Enttäuschung gerade noch vermieden. Die Tennisspielerin aus Bad Oldesloe setzte sich im Nervenspiel gegen die Russin Natalia Wichljanzewa mit viel Mühe 1:6, 6:1, 7:6 (7:1) durch. Die deutsche Nummer zwei hatte bei 5:6 im dritten Satz gegen die Weltranglisten-98. einen Matchball gegen sich. Die 30-jährige Görges trifft nun auf Francesca Di Lorenzo aus den USA.“