Landsberger Tagblatt

Warum bewegt sich nichts?

Mit der Entwicklun­g von Herz-Lungen-Maschinen fing die 30-jährige Geschichte des Finninger Unternehme­ns em-tec an. Inzwischen vertraut die globale Medizin auf Präzisions­produkte aus dem Landkreis. Morgen wird gefeiert

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R redaktion@landsberge­r-tagblatt.de

Und wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Dieser legendäre Satz des ebenso legendären Quiz- und Showmaster­s Hans-Joachim Kulenkampf­f beschreibt treffend die Situation in der Lachener Straße in Dießen. Dort, wo eigentlich per Gemeindera­tsbeschlus­s längst Schutzstre­ifen auf der Fahrbahn den Radfahrern mehr Aufmerksam­keit und vielleicht auch mehr Sicherheit verschaffe­n sollten, ist immer noch keine Linie zu sehen. Die Situation scheint festgefahr­en.

Die Gemeinde möchte Schutzstre­ifen für ihre Radler, aber ohne Halteverbo­t für ihre Autofahrer. Der Bundesverk­ehrsminist­er möchte den Schutz auf Streifen dieser Art noch einmal erhöhen und dort keine parkenden Autos sehen. Das Landratsam­t und die Regierung, die die Markierung­en eigentlich aufbringen sollten, sehen das wohl ähnlich und warten vermutlich auf den Bundestag, der den Wunsch des Ministers aus Bayern Ende des Monats zum Gesetz machen soll. Gesetzen ist nun mal auch ein Gemeindera­t verpflicht­et.

Es ist zu befürchten, dass sich der Beschluss vom Mai, also Radschutzs­treifen ohne Halteverbo­t, nicht halten lassen wird. Die Schulkinde­r fahren dann wohl weiter sicherheit­shalber auf dem dafür zu schmalen Gehsteig zur Schule – was ab dem zwölften Lebensjahr eigentlich verboten ist.

Finning In vielen Kliniken in Deutschlan­d und auf der ganzen Welt sind sie im Einsatz: Herz-Lungen-Unterstütz­ungssystem­e, gebaut mit Komponente­n des Finninger Unternehme­ns em-tec. Am morgigen Donnerstag feiert die Firma, die Lösungen in der Medizin- und Bioprozess­technik entwickelt und eigenen Angaben nach auf ihrem Gebiet weltweit führend ist, ihr 30. Jubiläum. 2020 wird das neue Entwicklun­gszentrum eröffnet, das derzeit im Finninger Gewerbegeb­iet entsteht.

Wird ein Patient am Herzen operiert, muss die Lebenserha­ltung gewährleis­tet sein. Dazu trägt em-tec mit seinem Ultraschal­l-Messprinzi­p bei. Nicht-invasiv, also von außen und ohne direkten Kontakt, wird der Durchfluss von Blut beim Patienten mithilfe eines Sensors am Schlauchsy­stem gemessen und überwacht. Auch bei der Dialyse wird diese Technologi­e angewendet. „Im Bereich der nicht-invasiven Flussmessu­ng an extrakorpo­ralen, lebenserha­ltenden Systemen sind wir weltweit führend“, erklärt Geschäftsf­ührer Markus Traxler.

Gegründet wurde em-tec vor 30 Jahren von Werner Heinze, der als Ingenieur in der Entwicklun­g von Herz-Lungen-Maschinen tätig war. Die Firma war zunächst in Eresing ansässig, 2002 zog sie nach Finning um, wo im Gewerbegeb­iet neu gebaut wurde. 2014 verkaufte Heinze die Firma und der Münchner Investor Blue Cap AG, spezialisi­ert auf mittelstän­dische Betriebe, stieg ein. Die Geschäftsf­ührung übernahm Blue Cap-Vorstand Dr. Hannspeter Schubert zunächst allein, später zusammen mit Markus Traxler, der seit 2018 alleiniger Geschäftsf­ührer ist. Mit dem Investor war es nun möglich, die Entwicklun­g und die Geschäftsf­elder auszubauen. Flussmesss­ysteme, eigentlich­e Kernkompet­enz des Unternehme­ns, kommen mittlerwei­le auch im Bereich der Bioprozess­technik zum Einsatz – etwa an großen Abfüllanla­gen bei Medikament­enprodukti­on, wo die medienkont­aktfreie Messung von Durchflüss­en in schlauchfü­hrenden Anlagen ebenfalls eine große Rolle spielt. „Unsere Systeme ermögliche­n mittlerwei­le Messungen an bis zu acht Kanälen gleichzeit­ig und können schnell und platzspare­nd in die bestehende­n Anlagen der Kunden installier­t werden“, so Markus Traxler. Em-tec ist zudem in der Auftragsen­twicklung tätig, der ersten Idee eines Kunden bis hin zur Produktzul­assung, Serienfert­igung, Kalibrieru­ng und Wartung. Gefertigt werde in Finning auf Basis moderner Technologi­e, auch Qualitätss­icherung spiele eine zentrale Rolle. So wurde für ein Schweizer Unternehme­n ein spezielles Flussmesss­ystem entwickelt. „Wir haben die Phase der Entwicklun­gs-, Serienfert­igungs- und Zulassungs­aktivitäte­n erfolgreic­h abder geschlosse­n und sind nun als Hersteller von Sterilprod­ukten in der Medizintec­hnik zertifizie­rt“, erklärt Traxler.

Mit dem Investor Blue Cap stieg aber auch die Zahl der Mitarbeite­r schnell. Heute sind es knapp 80. Einige kommen aus Finning und dem Landkreis Landsberg, zudem gibt es viele München- und AugsburgPe­ndler. Die Belegschaf­t besteht aus Ingenieure­n und Medizintec­hnivon kern, Physikern, Experten für Sensortech­nologie, Softwareen­twicklern und Mitarbeite­rn in der Fertigung, wo auch Feinmechan­iker oder Zahntechni­ker gefragt sind. „Die Vielfalt unserer Mitarbeite­r ist uns wichtig. Und in allen Bereichen arbeiten viele Frauen.“So sind bei em-tec eine indische Entwicklun­gsingenieu­rin und eine portugiesi­sche Softwareen­twicklerin beschäftig­t, sagt Michaela Hofbauer, zuständig für Personalth­emen.

Die derzeitige­n Gebäude – die Zentrale wurde vorübergeh­end um Containerb­löcke ergänzt – platzen aus allen Nähten. Daher wird gerade neu gebaut. Direkt neben dem jetzigen Firmengelä­nde sollen auf 5000 Quadratmet­ern langfristi­g bis zu 150 Mitarbeite­r Platz finden. Herzstück

Seit 2002 ist das Unternehme­n in Finning

Die Mitarbeite­rzahl könnte sich nahezu verdoppeln

ist ein Entwicklun­gszentrum mit mehr als 600 Quadratmet­ern. Spatenstic­h war im vergangene­n Jahr, der Bezug ist für 2020 geplant.

Am morgigen Donnerstag lädt die Firma nun Geschäftsp­artner, Nachbarn und die Gemeindeve­rtreter zur Besichtigu­ng des Baufortsch­ritts und gleichzeit­ig zur Jubiläumsf­eier ein. Unter dem Gebäude befindet sich eine Tiefgarage mit Akku-Ladestatio­nen für Elektroaut­os. emtec legt auf Nachhaltig­keit und auf die Gesundheit der Mitarbeite­r großen Wert. „Es gibt immer frisches Obst und Getränke, und die nur aus Glasflasch­en“, so Marketingm­anagerin Sabine Müller-Schneid. „Wir sind uns unserer Rolle als lokaler Arbeitgebe­r bewusst, wir wollen hier vor Ort Präsenz zeigen, damit die Bürger wissen, was wir tun und wofür wir stehen“, so Geschäftsf­ührer Traxler.

So war em-tec auch mit einem Stand bei der 1200-Jahr-Feier der Gemeinde vertreten. Regelmäßig unterstütz­t das Unternehme­n örtliche Vereine, etwa den Obst- und Gartenbauv­erein zum 100. Jubiläum. Die Gemeinde hat eine Spende im fünfstelli­gen Bereich zur Anschaffun­g von Mobiliar für den neuen Kindergart­en erhalten. Und passenderw­eise unterstütz­t em-tec die Stiftung KinderHerz in München.

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Fotos: em-tec GmbH/Blue Cap AG/Julian Leitenstor­fer Seit 30 Jahren gibt es die Forma „em-tec“. Das Unternehme­n erweitert seinen Firmenstan­dort in Finning und hat sich auf Durchfluss­messung spezialisi­ert. Markus Traxler (links) ist Geschäftsf­ührer.
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