Die Quitte will erobert werden
Wer Geduld investiert, um ihren wertvollen Saft zu gewinnen, den erwartet ein besonders feines Gelee der widerborstigen Frucht
Sie wehrt sich geradezu gegen jede Verarbeitung. Durchdringt allerdings das Messer die unbarmherzige Schale, liegt gleich ein zauberhafter Duft in der Luft. Allein dieses Aroma! Einmal geschnuppert, wird der Quitte ihr spröder Widerstand verziehen. So wie es einer Diva gebührt. Liegt die Frucht in der Hand, ist schon die feste Schale eine Herausforderung. Wer Quitten einkochen und in Gelee verwandeln will, muss ihr zu Leibe rücken – energisch und mit voller Kraft. „Vor allem auch mit einem guten Küchenmesser“, empfiehlt die Kochbuchautorin Petra Casparek.
Sie bewundert die Quitte: „Schon der Duft ist verheißungsvoll, das Aroma ist einzigartig, es erinnert ganz zart an Rosen – allein das ist ein Grund, Quittengelee zuzubereiten. Allerdings ist es durchaus mühsam.“Die Quittenanbauerin Ellen Müller bestätigt diese Einschätzung. „Das Schneiden ist schrecklich, aber da muss man eben durch“, sagt sie lakonisch. Sie setzt sich im „Quittenprojekt Bergstraße“in Weinheim dafür ein, dass die seit 4000 Jahren kultivierte Pflanze, die noch vor hundert Jahren in jedem Bauerngarten zu finden war, wieder gewürdigt wird.
Bevor es losgeht mit dem Schneiden, sollte der bittere Flaum abgerieben werden. Das geht in der Regel gut mit einem Tuch. Dann wird die Frucht halbiert und in Viertel geschnitten, auch die widerspenstigen Kerngehäuse müssen herausgeschnitten werden. Immerhin — geschält werden will die Quitte nicht. Sie wandert mit Schale ins Wasser und wird 45 Minuten weich gekocht. Die Kochbuchautorin und Kräuterexpertin Markusine Guthjahr verwendet für Quitten einfach den Schnellkochtopf, dann sind die Früchte in zehn Minuten weich. Im nächsten Schritt geht es darum, den gekochten Früchten den Saft abzuluchsen. „Nachdem sie abgekühlt sind, kommen sie in ein sehr feines Sieb und tropfen aus“, sagt Guthjahr. Das Abtropfen benötigt allerdings einige Stunden. Ihre Autorenkollegin Petra Casparek plant sogar eine ganze Nacht ein, in der das Obst entspannt abtropfen kann. „Auf keinen Fall ungeduldig nachhelfen und pressen“, warnt sie. „Wer ein klares Gelee ohne Schwebstoffe wünscht, sollte den Saft ungequetscht auffangen.“
Ist der Fruchtsaft einmal gewonnen, geht es unkompliziert weiter. Er wird mit Gelierzucker in einem großen Topf aufgekocht, in der Regel nimmt man zwei Teile Fruchtsaft und einen Teil Gelierzucker. Für vier Gläser à 250 ml werden ein Kilo geputzte Früchte und 500 Gramm Gelierzucker benötigt. Autorin Markusine Guthjahr bevorzugt allerdings das klassische Verhältnis von eins zu eins, also für ein Kilo Früchte auch ein Kilo Gelierzucker. „Das gibt eine bessere Konsistenz“, sagt sie. Circa fünf Minuten sollte die Masse sprudelnd kochen, bevor ein Teelöffel herausgenommen und auf einen kühlschrank-kalten Teller gegeben wird. Verfestigt sich die Masse innerhalb einer Minute, ist die Geleeprobe erfolgreich bestanden. Falls nicht, wird ein, zwei Minuten weiter gekocht. Der Schaum sollte abgeschöpft werden, damit das Gelee nicht trüb wird. Das fertige Gelee sofort in saubere Gläser füllen.
Einen anderen Ansatz verfolgt das „Quittenprojekt Bergstraße“mit seinem Sortenerhaltungsprojekt. Dort wurden seit 2009 rund 650 Quittenbäume in 60 verschiedenen Sorten gepflanzt. „Erhaltenswert ist vor allem das Bukett der Quitte, es besteht aus 150 filigranen und leicht flüchtigen Aromastoffen und ist schnell zerkocht“, sagt Ellen Müller. „Um diese zu erhalten, pressen wir die Quitten kalt und erhalten 100 Prozent Direktsaft.“Auch bei ihr wird im Vorfeld der Fruchtflaum von Hand entfernt. Das anschließende Pasteurisieren bei 78 Grad geht schonend mit den zarten Aromen um. Durch diese Vorgehensweise bleibt auch die goldene Farbe erhalten.