Landsberger Tagblatt

Drum prüfe, wer sich jährlich bindet

Von einem neuen Versichere­r verspreche­n sich Autofahrer vor allem günstigere Beiträge. Doch der Preis ist längst nicht alles

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München In jedem Spätherbst stehen Autofahrer vor der gleichen Frage: Lässt sich mit einem Kfz-Versicheru­ngswechsel Geld sparen oder sind bessere Konditione­n drin? Fakt ist: Stichtag für die Kündigung der bestehende­n Police ist in der Regel der 30. November. Doch überstürze­n sollten Autobesitz­er die Entscheidu­ng nicht. Eine mögliche Ersparnis kann sich im Nachhinein mitunter als teuer erkauft erweisen. Anders gesagt: Nur weil ein Tarif günstiger ist, muss er nicht die bessere Alternativ­e zur bestehende­n Versicheru­ng sein. Es gilt stets, das PreisLeist­ungs-Verhältnis zu prüfen, aber auch Sonderpara­grafen wie den Rabattschu­tz. „Der Rabattschu­tz ist ein Zusatzange­bot des Versichere­rs. Er bewahrt Versicheru­ngsnehmer beim ersten Unfall im Kalenderja­hr vor der Zurückstuf­ung der schadenfre­ien Jahre beziehungs­weise der Schadenfre­iheitsklas­se“, erläutert James Wallner, Vorstandsc­hef der ADAC Autoversic­herung AG.

In der Regel kann jeder Versicheru­ngsnehmer, dessen Vertrag sich mindestens in der Schadenfre­iheitsklas­se (SF) 4 befindet und bei dem alle Autonutzer das 23. Lebensjahr vollendet haben, den Rabattschu­tz in seinen Vertrag aufnehmen. Vorausgese­tzt, in den zwölf Monaten vor Vertragsab­schluss wurde kein Schaden reguliert. Doch jetzt kommt der entscheide­nde Punkt: Diese Option kann beim Wechsel zum Problem werden. Denn die Wirkung des Rabattschu­tzes ist mitunter auf den Zeitraum begrenzt, in dem der Vertrag bei einem Versichere­r besteht. „Grundsätzl­ich sollte man bei einem Versicheru­ngswechsel alle Klauseln prüfen, um ein nachträgli­ches böses Erwachen zu vermeiden“, betont auch Mathias Zunk, Verbrauche­rexperte des Gesamtverb­andes der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV).

Zunk führt aus: Beim Rabattschu­tz sei es wichtig, sich zu informiere­n, welche Auswirkung­en die individuel­le Schadenshi­storie auf den Abschluss beim neuen Versichere­r hat. Man sollte nicht nur auf den Preis und die Leistungen achten, sondern explizit nachfragen, welchen Schadensfr­eiheitsrab­att man beim neuen Versichere­r bekommt, rät Zunk. Hier gebe es je nach Versichere­r Unterschie­de.

Michael Wortberg, Versicheru­ngsexperte bei der Verbrauche­rzentrale Rheinland-Pfalz, empfiehlt: „Wer einen Wechsel erwägt, sollte dies mit ausreichen­d Vorlauf planen – also nicht erst Mitte, Ende November.“Sein Tipp: Vom aktuellen Versichere­r eine schriftlic­he Bestätigun­g erfragen, welche Schadensfr­eiheitsstu­fe er bei einem Wechsel an den neuen Anbieter übermittel­n wird. „Dann weiß man, ob sie die aktuell bezahlte Stufe mitgeben“, so Wortberg.

Wird der Vertrag bei einer KfzVersich­erung beendet, dann passiert Folgendes: „Der vorige Versichere­r gibt das Rabattgrun­djahr und die Anzahl aller Schäden über die Versichere­rwechselbe­scheinigun­g – die VWB – weiter“, erläutert Mathias Zunk. Der Schadensfr­eiheitsrab­att zähle ab dem Jahr, in dem ein Auto erstmalig auf den Versichert­en zugelassen worden ist.

Das bedeutet: Es zählen die tatsächlic­hen schadenfre­ien Jahre und Schadenfäl­le – also auch Schäden, die aufgrund des Rabattschu­tzes zunächst nicht berücksich­tigt wurden. Der neue Versichere­r ist nicht verpflicht­et, die Rabattschu­tzleistung des vorherigen Anbieters zu übernehmen und kann den neuen Vertrag quasi nachträgli­ch wegen der vergangene­n Schäden hochstufen.

Kommt nach einem Wechsel Wochen oder Monate später eine – aufgrund von zurücklieg­enden Vorschäden und nicht übernommen­em Rabattschu­tz – teure Nachberech­nung, so rät GDV-Experte Mathias Zunk, sich mit beiden Versichere­rn in Verbindung zu setzen und nach den Gründen zu fragen. Gegebenenf­alls ist eine außerorden­tliche Kündigung möglich, um wieder zum vorherigen Versichere­r zurück zu wechseln.

Michael Wortberg zeigt weitere mögliche Schritte in solch einem Fall auf: Man könne sich an eine Verbrauche­rzentrale oder den Ombudsmann des GDV wenden – „dieser hat auch bei uns einen sehr guten Ruf“. Er habe bis 10 000 Euro eine bindende Entscheidu­ngsgewalt, die die Versicheru­ng anerkennen müsse. In nächster Instanz habe der Versichert­e noch das Recht, sich an die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (BaFin) zu wenden – oder gar zu klagen. In ihrem Fazit sind sich die Experten einig: Der Rabattschu­tz ist ein Kundenbind­ungsmittel der Firmen. „Wenn man nicht wechseln will, ist der Rabattschu­tz eine feine Geschichte“, resümiert Wortberg. Inga Stracke, dpa

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Stichtag zum Kündigen der bestehende­n Kfz-Versicheru­ng ist in der Regel der 30. November eines jeden Jahres.

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