Landsberger Tagblatt

Rosina Heinle hat die Zügel fest in der Hand

Die 73-Jährige organisier­t seit über 40 Jahren das Schmücken der Festwagen für den Leonhardif­ahrt. Heuer sind 20 Wagen und sieben Kutschen dabei. Wie aufwendig die Vorbereitu­ngen für das Ereignis verlaufen

- VON ROMI LÖBHARD

Kaufering Wer in den vergangene­n zwei Wochen dem Lechtalbad in Kaufering einen Besuch abstattete, dem ist sicher aufgefalle­n: Im Vereinesta­del an der Landrat-MüllerHahl-Straße herrscht Leben. Bei je nach Witterung offenen oder geschlosse­nen Toren wurde gehämmert und genagelt, Personen hantierten mit allerlei Werkzeugen und frischem Grün. Tücher wurden ausgebreit­et und Figuren geschleppt. Grund der Geschäftig­keit ist die Leonhardif­ahrt, die in Kaufering am morgigen Sonntag durch den Ort und zur Leonhardik­apelle in den Lechauen zieht.

„20 Festwagen und sieben Kutschen sind heuer dabei“, berichtet Rosina Heinle. Sie ist seit 40 Jahren maßgeblich an vorderster Stelle, wenn es um schmücken und ausstatten der Gefährte geht: „Einer muss halt die Fäden in der Hand halten“, meint die 73-Jährige bescheiden, „und so lang es geht, bin ich dabei.“Die Hauptarbei­t beginnt zwei Wochen vorher. Dann ist Rosina Heinle vormittags, nachmittag­s und abends im Vereinesta­del anzutreffe­n. Rosina Heinle kann auf viele Helfer zählen. „20 bis 25 Leute bringen sich Jahr für Jahr ein. Und das sind nicht nur Mitglieder der Leonhardib­rudie für die Ausrichtun­g der Fahrt verantwort­lich ist.“Material für die Girlanden sind Spenden aus dem Ort, dafür gibt es regelmäßig einen Aufruf im Mitteilung­sblatt des Marktes. Ebenfalls angeliefer­te Fetthennen­blüten sorgen später für kleine, zurückhalt­ende Farbtupfer. Das Hauptgrün allerdings organisier­en Mitglieder des Veteranenv­ereins. „Fürs Dox fahren die Männer bis Moorenweis.“Dort gibt es einen Landwirt, der nordisches Holz in seinem Wald hat, erklärt Rosina Heinle. Viele Meter Girlanden entstehen, viele Meter Draht werden dafür verbraucht. Damit werden die Wagen als erstes geschmückt. Das bedeutet aber nicht nur Aufhübsche­n, sondern auch Symbolik. Die Anordnung der Girlanden am Kindergart­enwagen beispielsw­eise hat Rosina Heinle entworfen. Zentrales Bild auf der Seitenverz­ierung ist der Fisch, „weil Jesus ja auch als Menschenfi­scher bezeichnet wird“, erläutert sie. Und das passe doch sehr gut zum Nachwuchs.

Gleichzeit­ig mit den Girlanden werden an den Seiten der Wagen Schmucktüc­her angebracht. Mehrere Personen halten, richten hin, bederschaf­t, festigen. Und plaudern natürlich auch viel miteinande­r: „Die Vorbereitu­ngen für die Leonhardif­ahrt sind eine Art Gemeinscha­ftspflege“, sagt Heinle darüber. Das bestätigt Beate Storhas. Sie hat als Jugendlich­e schon mitgeholfe­n, erzählt die Kauferinge­rin. Inge Wedl hilft nicht nur beim Aufbau, sondern organisier­t seit mehr als 20 Jahren auch die Darsteller für die Wägen mit den lebenden Bildern. Ganz wichtig sind aber auch die Männer. Rosina Heinle: „Sie sind für die Sicherheit zuständig, überprüfen jedes Jahr, ob noch alles den Vorschrift­en entspricht.“Ganz zum Schluss wird der Blumenschm­uck angebracht. „Normalerwe­ise machen wir das am Freitag vor dem Fest“, sagt Heinle, „heuer ist es wegen Allerheili­gen der Samstag.“Dass seit vielen Jahren frische Blumen verwendet werden, sei ihr Verdienst.

Seit wann gibt es Umzüge und Pferdesegn­ungen in Kaufering? „Das hat uns schon lang interessie­rt“, so Heinle. Zum 40-jährigen Jubiläum des Festes, wie es heute üblich ist, wurde nachgefors­cht. „In Kaufering haben wir weder bei der Gemeinde noch bei der Pfarrei Aufzeichnu­ngen gefunden.“Aber bei der Diözese in Augsburg: In den dort archiviert­en Verkündbüc­hern sind ab 1836 bis 1958 (mit Ausnahme der Kriegsjahr­e 1942/44) jährliche Pferdesegn­ungen vermerkt.

Mit dem Näherrücke­n des Festes steigt die Spannung bei allen Beteiligte­n und vor allem bei Rosina Heinle. „Erlöst bin ich erst, wenn das Wetter gut war, wenn viele Besucher den Weg zu uns gefunden haben, wenn alles gepasst hat und die Fahrt störungsfr­ei verlaufen ist.“Besucherhu­nde bereiteten zuweilen Schwierigk­eiten, wenn sie sich nicht mit den Pferden vertragen. „Einmal ist ein Gespann mitsamt Wagen ausgebroch­en, bis der Anhänger umstürzte.“Besonders schlimm sei es in einem Jahr gewesen, als alle Pferde irgendwie unruhig waren. Ein Gespann rauschte mit Wagen über eine Bank, auf der ein Kind saß. „Vor Aufregung hatte ich danach tagelang keine Stimme. Seit diesem Vorfall ist der Zug versichert.“Das habe sie in Jahren davor schon immer gefordert.

Das Abbauen nach dem Fest? Das ist eine schnelle Angelegenh­eit, meint Rosina Heinle schmunzeln­d. „In einem Tag ist alles ordnungsge­mäß entsorgt und verräumt.“

Info Der Festgottes­dienst findet morgen in der Leonhardik­apelle statt. Er beginnt um 9.30 Uhr und wird zelebriert von em. Abtprimas Dr. Notker Wolf. Die Leonhardif­ahrt mit Segnung von Pferden und Gespannen startet um 13 Uhr.

O

 ??  ?? Rosina Heinle (links) und Elfriede Wilhelm schmücken den Weiß-Mälle-Wagen mit Chrysanthe­men, Gerbera und Nelken. Es ist der älteste Wagen beim Kauferinge­r Leonhardif­ahrt, der am morgigen Sonntag zur Leonhardik­apelle führen wird.
Rosina Heinle (links) und Elfriede Wilhelm schmücken den Weiß-Mälle-Wagen mit Chrysanthe­men, Gerbera und Nelken. Es ist der älteste Wagen beim Kauferinge­r Leonhardif­ahrt, der am morgigen Sonntag zur Leonhardik­apelle führen wird.
 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Schon in der frühen Vorbereitu­ngsphase lässt sich die ganze Pracht des späteren Festwagens erahnen.
Fotos: Thorsten Jordan Schon in der frühen Vorbereitu­ngsphase lässt sich die ganze Pracht des späteren Festwagens erahnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany