Sie dreht das große Drehleiter-Ding
Veronika Vöst aus Erpfting ist die erste Drehleitermaschinistin im Landkreis. Sie bestimmt bei den Einsätzen, wo es mit dem Fahrzeug langgeht. Warum sie gleichzeitig bei zwei Feuerwehren eingesetzt werden kann
Landsberg Es ist ein Klischee: Kleine Jungs lieben die Feuerwehr. Die Autos sind leuchtend rot, groß und fahren mit viel Tatütata durch die Straßen. Dann gibts da so viele technische Spielereien wie etwa das Ausfahren der Leiter, dazu sehen die Feuerwehrmänner in ihren Klamotten auch noch ziemlich cool aus. Traumberuf etlicher Jungs ist also früher wie heute: Feuerwehrmann. Und die kleinen Mädchen? Wie kommen die zur Feuerwehr? Gibt es da überhaupt Frauen?
Ja, selbstverständlich, sagt Christian Jungbauer, Kommandant (oder wie es offiziell heißt: Stadtbrandinspektor) der Landsberger Freiwilligen Feuerwehr. 1995 habe man die erste Frau aufgenommen, zurzeit gebe es elf weibliche Mitglieder von insgesamt 89 Aktiven. Maschinistin sind allerdings die wenigsten und eine Drehleitermaschinistin gibt es seit einigen Wochen überhaupt zum ersten Mal im Landkreis: Veronika Vöst – oder wie die Kollegen sagen „die Vroni“– hat gerade die fünftägige, intensive Fortbildung bestanden und darf ab sofort das große Drehleiter-Fahrzeug der Landsberger Feuerwehr bedienen.
Rein in die Klamotten, Tor Nummer Drei öffnen, das Fahrzeug draußen sicher positionieren, die seitlichen Abstützungen herausfahren und rauf auf den Bedienstand. Dort wird der kleine Monitor ausgeklappt, auf dem man sieht, wie weit die Leiter noch ausgefahren werden kann (maximal 30 Meter bei 75 Grad), wie viel Last die Kabine vorne tragen kann und andere technische Details. Die 29-Jährige macht das alles sehr souverän und fährt den LT-Fotografen kurzerhand in die Höhe.
Markus Obermayer, stellvertretender Kommandant, steht stolz daneben. Er hat Veronika Vöst vor Jahren aus Erpfting nach Landsberg gelotst und auch den Drehmaschinistenlehrgang für sie ermöglicht: „Die Vroni kann das“. Die junge Frau ist mit 14 Jahren zur Erpftinger Feuerwehr gekommen, und zwar ganz pragmatisch: „Auf dem Dorf macht man das so.“Ihr Vater war zeitweise zweiter Kommandant, ihre beiden Brüder ebenfalls bei der Feuerwehr Erpfting unterwegs. Klar, da war sie auch dabei. Mit 14 Jahren begann die Jugendausbildung, Grundtechniken erlernen, erste Geräte bedienen. Jede Woche Unterricht und praktische Ausbildung. Ab 18 darf man dann bei Einsätzen mitfahren und kann sich weiter fortbilden und spezialisieren. Veronika Vöst hat den LkwFührerschein gemacht und darf nun alle Fahrzeuge fahren. „Das war schon eine Umstellung, aus dem Dorf nach Landsberg zu kommen mit der ganzen Armada an Fahrzeugen“, sagt die ausgebildete Verwaltungsfachangestellte. Sie ist weiterhin bei der Feuerwehr Erpfting unterwegs und in zweiter Mitgliedschaft bei der Landsberger Truppe. Das geht, erläutert Markus Obermayer, weil ihre Arbeitsstelle in Landsberg liegt. Vöst ist bei der Stadt im Steueramt angestellt.
Wenn sich der Piepser, den sie ständig bei sich trägt, meldet, sprintet sie los und fährt mit dem Auto in die Saarburgstraße, wechselt in die Feuerwehrkluft und der Einsatz beginnt. An guten Tagen fahren die Landsberger einen Einsatz, an schlechten auch mal drei oder vier. Alle arbeiten durchweg ehrenamtlich, eine Berufsfeuerwehr gibt es in Bayern nur in den größeren Städten. Für einen „Zug“, die kleinstmögliche Standardkomponente bei einem Einsatz, braucht man ein Führungsfahrzeug, ein Löschfahrzeug (oder zwei) und ein Drehleiterfahrzeug. Idealerweise mit 18 bis 21 Mann (oder Frau) Besetzung.
Die Drehleiter gibt es nur dreimal im Landkreis: in Dießen, Kaufering und eben in Landsberg. Der Lehrgang
An neuralgischen Punkten und in engen Straßen geübt
sei „nicht ohne“gewesen, erzählt Veronika Vöst, da brauche es viel technisches und physikalisches Verständnis. Die Drehleitermaschinistin bestimmt nämlich bei einem Einsatz unter anderem, wo das Fahrzeug abgestellt wird, um alle Ecken eines Hauses zu erreichen. Ausgebildet wurde in Landsberg, sodass Veronika Vöst in vielen engen Straßenzügen und an neuralgischen Punkten wie etwa dem Bayertor, in der Salzgasse oder der alten Bergstraße vorab schon mal hat üben können.
Neben belastenden Einsätzen gibt es auch viele „lustige und nette“Ereignisse, wie etwa eine klassische Katze-vom-Baum-Rettung. Zeit für Hobbys bleiben der jungen Frau kaum. Zurzeit baut sie neben Job und Ehrenamt noch ein Haus in Erpfting. Ansonsten gilt für sie: „Die Feuerwehr ist mein Hobby.“