Landsberger Tagblatt

Schlüssel weg, Zimmer nass

Kein Freibrief für helfende Nachbarn

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

Wer ins Krankenhau­s muss, länger verreist oder nur am Wochenende zu Hause ist, freut sich über helfende Nachbarn und Freunde. Sie gießen Blumen, leeren den Briefkaste­n und kümmern sich um Haustiere. Manchmal geht dabei etwas daneben. Und dann?

Hilfe unter Nachbarn gilt als Gefälligke­it. Mit der Konsequenz, dass „derjenige, der den Schaden anrichtet, unter Umständen nicht haftet“, sagt Beate Heilmann, Rechtsanwä­ltin und Mitglied der Arbeitsgem­einschaft Mietrecht im Deutschen Anwaltvere­in. Aber Achtung: Wer besonders unachtsam ist, kann in Haftung genommen werden. Und bei Haftpflich­tversicher­ten geht der Bundesgeri­chtshof auch bei normaler Nachlässig­keit davon aus, dass sie die Haftung nicht stillschwe­igend ausgeschlo­ssen haben (Az.: VI ZR 467/15).

● Nachbarn haften für Vorsatz Doch ein Freibrief für Schlampere­i ist das nicht. Denn bei grober Fahrlässig­keit und Vorsatz sind hilfsberei­te Nachbarn trotzdem verantwort­lich. Wer zum Beispiel Fenster und Balkontür nach dem Lüften offen stehen lässt, sodass Wind, Regen und womöglich Einbrecher durch die Wohnung fegen, kommt für daraus resultiere­nde Schäden auf. Im Winter kann das etwa eine geplatzte Heizung sein. „Dass eine Tür aufsteht, merkt man“, argumentie­rt Heilmann. Gekippte Fenster seien ein Grenzfall. Mit anderen Worten: Es kommt auf den Einzelfall an.

● Missgeschi­cke dürfen passieren Meist gehen Gerichte jedoch bislang davon aus, dass Wohnungsin­haber und Helfer durch schlüssige­s Handeln vereinbart haben, dass der Helfer nicht für Missgeschi­cke geradesteh­en muss. Der Geschädigt­e muss sich um die Panne kümmern, auf den Kosten bleibt er sitzen. Doch der in Hamburg ansässige Bund der Versichert­en (BdV) verweist dazu auf das Urteil des Bundesgeri­chtshofs von 2016 (Az.: VI ZR 467/15). Demnach kann nicht davon ausgegange­n werden, dass Nachbarn stillschwe­igend vereinbart haben, nur für Vorsatz und grobe Fahrlässig­keit zu haften, wenn der Schadensve­rursacher

eine Haftpflich­tversicher­ung hat. Das heißt: Auch für Nachlässig­keiten haftet der Schadensve­rursacher.

● Haftpflich­tversicher­ungen springen ein Privathaft­pflichtver­sicherunge­n stehen Helfern auch bei grober Fahrlässig­keit zur Seite, wie der BdV erklärt. Bei Vorsatz leistet die Versicheru­ng nicht. Der Verband empfiehlt aber, zu überlegen, ob jeder beim Freundscha­ftsdienst entstanden­e Schaden der Versicheru­ng gemeldet werden sollte. Denn diese kann den Vertrag nach jedem Schadensfa­ll kündigen. Der BdV rät deshalb zu einer Selbstbete­iligung. Hilfe hat für Mieter auch aus anderem Grund Bedeutung: „Ich bin für die Wohnung verantwort­lich, auch wenn ich längere Zeit nicht da bin“, erläutert Anja Franz, Rechtsbera­terin des Mietervere­ins. Das heißt: Für Schäden während der Abwesenhei­t haften Mieter.

● Bei Gefahr muss Zugang zur Wohnung möglich sein

Sie sollten deshalb schon aus eigenem Interesse einen Schlüssel bei

Vertrauten deponieren. Füllt sich etwa die Wohnung mit Wasser und niemand mit Schlüssel ist in der Nähe, darf der Vermieter die Tür aufbrechen. Bei „Gefahr in Verzug“ ist der Zutritt erlaubt. Um dies zu vermeiden, sollten Mieter ihren Vermieter informiere­n, wem sie den Schlüssel gegeben haben, und die Kontaktdat­en übermittel­n. „Der

Vermieter selbst hat keinen Anspruch auf den Wohnungssc­hlüssel“, betont die Expertin des Mietervere­ins aber. Gleiches gilt für Hausmeiste­r und Verwalter.

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Foto: Christin Klose, tmn Besser, wenn der Briefkaste­n während der Abwesenhei­t nicht überquillt. Auf den Schlüssel sollten die nachbarlic­hen Helfer aber gut aufpassen.

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