Wer pflegt kranke Igel?
Im Landkreis gibt es keine zentrale Anlaufstelle, die sich um verletzte oder kranke Wildtiere kümmert. Die Pflege übernehmen meist Privatleute. Warum in den Pflegestationen in diesem Herbst besonders viel los ist
Wenn sie Hilfe brauchen, dann sieht man das den kleinen Igeln meist an. Die Pflege übernehmen oft Privatleute. Und für sie gibt es einige Tipps.
Landsberg Wer ein halb verhungertes Igelkind oder eine verletzte Amsel im Garten findet, dem kann es gehen wie dem Buchbinder Wanninger: Er muss einige Telefonate erledigen oder im Internet suchen, um Hilfe für das Tier zu finden. Denn im Landkreis gibt es keine zentrale Anlaufstelle, die Wildtiere aufnimmt. Sieglinde Soyer stand vor ein paar Tagen vor dem Problem: In ihrem Garten in Landsberg fand sie am hellichten Tag einen kleinen Igel, der sich seltsam verhielt. Sie wandte sich ans Tierheim in Landsberg, die Untere Naturschutzbehörde und einen Tierarzt – doch keiner konnte ihr das Wildtier abnehmen. Erst über eine Igelstation in Untermeitingen bekam sie die Adresse eines Tierarztes im Landkreis genannt, der den Igel aber nur noch einschläfern konnte.
Warum ist es so schwierig, Hilfe für ein Wildtier zu bekommen? Es gibt mehrere Gründe: Am Anfang steht ein rechtliches Problem: Wildtiere unterliegen dem Naturschutzoder dem Jagdrecht, wie das Landratsamt in dem Merkblatt „Umgang mit verletzten Wildtieren“mitteilt. Sie dürfen nur wenn sie wirklich Hilfe benötigen, kurzzeitig aus der Natur entnommen werden.
Dazu kommt, dass die Pflege eines Wildtieres spezielle Fachkenntnisse erfordert. „Wildtiere sind nicht an ein Leben in Gefangenschaft gewöhnt, extrem menschenscheu und leiden daher in der neuen Umgebung“, heißt es in dem Merkblatt. Werden junge Wildtiere zu zahm, tun sie sich später in der freien Natur schwer.
Wer ein verletztes Wildtier zum Tierarzt bringt, der muss die Kosten für eine Behandlung tragen. Doch selbst wenn das Tier vom Veterinär versorgt wurde, wer päppelt es auf? Das Tierheim in Landsberg hat keine entsprechende Station und darf keine Wildtiere aufnehmen, wie auch der Vorsitzende des Tierschutzvereins, Detlef Großkopf, dem Landsberger Tagblatt erläutert. „Wir stellen über den Landesbund für Vogelschutz den Kontakt zu Pflegestellen her.“Diese Pflegestellen sind private Bürger, die sich um Wildtiere, beispielsweise Igel kümmern. Laut Großkopf überprüft das Veterinäramt diese Stationen, ob sie die entsprechende Sachkunde und auch die Räumlichkeiten haben. Großkopf verweist darauf, dass nicht jeder Igel, der noch unterwegs ist, unbedingt der Pflege bedarf. Er rät dazu, den Tieren Wasser und Katzenfutter anzubieten.
Auch die Ortsgruppe des Landesbundes für Vogelschutz (LBV)
sich darum, dass verletzte Wildtiere an die richtige Stelle vermittelt werden. Vorsitzender Michael Comes-Lipps vermittelt Igel weiter. „Wenn ich einen Anruf bekomme, dann versuche ich einen Pflegeplatz zu bekommen“, sagt Comes-Lipps. Ihre eigene Nummer wollen viele Wildtier-Pfleger lieber nicht veröffentlicht wissen, um nicht dauernd mit verwaisten und kranken Tieren überhäuft zu werden, wie eine Igelbetreuerin dem LT vor einiger Zeit erzählt hat.
Einige Nummern, eine Notrufliste für Wildtiere, veröffentlich der LBV aber auf seiner Homepage: beispielsweise die einer Veterinärkümmert medizinerin aus Starnberg, die sich um Mauersegler kümmert, die Nummern von mehreren Fledermausexperten und auch die von Greifvogelexperte Alfred Aigner, der sich schon um den Uhu Susi kümmert, der vor zwei Jahren bei Eresing verletzt worden war. Seit kurzem hat er einen weiteren UhuPatienten aus dem Landkreis: Michael Comes-Lipps brachte einen Uhu, der offensichtlich bei Riederau angefahren worden war, zu Aigner. Mittlerweile habe sich das Jungtier dort schon etwas erholt, erzählt Comes-Lipps. Bei Aigner ist auch eine Schleiereule, die sich südlich von Landsberg in einem Stadel in einem Faden verfing.
Derzeit sind es jedoch die Igel, die Probleme bereiten. Vor 14 Tagen habe er täglich drei bis vier Anrufe deswegen bekommen, erzählt Comes-Lipps. Und auch Torsten Riedel, der die Igelstation Untermeitingen betreut, berichtet, dass er derzeit „lauter Babyigel“bekomme, das heißt Tiere, die vielleicht 100 Gramm wiegen. Riedel führt es auf das Wetter zurück, dass es so späte
Auch Eigeninitiative ist notwendig
Geburten gegeben hat. Auch Bianca Raschke vom Igel-Notnetz bekommt derzeit viele Anrufe und sie berichtet, dass es heuer besonders viele junge Tiere gebe. „Teilweise gibt es noch Mütter mit Jungen im Nest.“
Auch sie verweist darauf, dass das Igel-Notnetz keine öffentliche Institution ist, sondern ein Verein, der Kontakte zu vielen Pflegestellen habe und am Telefon auch eine Erstberatung mache, wie man mit dem Igel umgehen kann. Eine gewisse Eigeninitiative sei auch nötig: „Den Igel muss man immer selbst zur Pflegestelle bringen. Und die Igelbetreuer dort freuten sich auch darüber, wenn sie ein wenig finanzielle Unterstützung bekämen: „Sie finanzieren das Futtergeld und die Medikamente selbst.“
OHinweise Michael Comes-Lipps ist unter 08191/9852452 erreichbar, das Igel-Notnetz unter der Hotline 0800/7235750. Außerdem finden sich im Netz auch eine Reihe anderer Vereine, die Pflegestellen vermitteln.