Landsberger Tagblatt

Wer pflegt kranke Igel?

Im Landkreis gibt es keine zentrale Anlaufstel­le, die sich um verletzte oder kranke Wildtiere kümmert. Die Pflege übernehmen meist Privatleut­e. Warum in den Pflegestat­ionen in diesem Herbst besonders viel los ist

- VON STEPHANIE MILLONIG

Wenn sie Hilfe brauchen, dann sieht man das den kleinen Igeln meist an. Die Pflege übernehmen oft Privatleut­e. Und für sie gibt es einige Tipps.

Landsberg Wer ein halb verhungert­es Igelkind oder eine verletzte Amsel im Garten findet, dem kann es gehen wie dem Buchbinder Wanninger: Er muss einige Telefonate erledigen oder im Internet suchen, um Hilfe für das Tier zu finden. Denn im Landkreis gibt es keine zentrale Anlaufstel­le, die Wildtiere aufnimmt. Sieglinde Soyer stand vor ein paar Tagen vor dem Problem: In ihrem Garten in Landsberg fand sie am hellichten Tag einen kleinen Igel, der sich seltsam verhielt. Sie wandte sich ans Tierheim in Landsberg, die Untere Naturschut­zbehörde und einen Tierarzt – doch keiner konnte ihr das Wildtier abnehmen. Erst über eine Igelstatio­n in Untermeiti­ngen bekam sie die Adresse eines Tierarztes im Landkreis genannt, der den Igel aber nur noch einschläfe­rn konnte.

Warum ist es so schwierig, Hilfe für ein Wildtier zu bekommen? Es gibt mehrere Gründe: Am Anfang steht ein rechtliche­s Problem: Wildtiere unterliege­n dem Naturschut­zoder dem Jagdrecht, wie das Landratsam­t in dem Merkblatt „Umgang mit verletzten Wildtieren“mitteilt. Sie dürfen nur wenn sie wirklich Hilfe benötigen, kurzzeitig aus der Natur entnommen werden.

Dazu kommt, dass die Pflege eines Wildtieres spezielle Fachkenntn­isse erfordert. „Wildtiere sind nicht an ein Leben in Gefangensc­haft gewöhnt, extrem menschensc­heu und leiden daher in der neuen Umgebung“, heißt es in dem Merkblatt. Werden junge Wildtiere zu zahm, tun sie sich später in der freien Natur schwer.

Wer ein verletztes Wildtier zum Tierarzt bringt, der muss die Kosten für eine Behandlung tragen. Doch selbst wenn das Tier vom Veterinär versorgt wurde, wer päppelt es auf? Das Tierheim in Landsberg hat keine entspreche­nde Station und darf keine Wildtiere aufnehmen, wie auch der Vorsitzend­e des Tierschutz­vereins, Detlef Großkopf, dem Landsberge­r Tagblatt erläutert. „Wir stellen über den Landesbund für Vogelschut­z den Kontakt zu Pflegestel­len her.“Diese Pflegestel­len sind private Bürger, die sich um Wildtiere, beispielsw­eise Igel kümmern. Laut Großkopf überprüft das Veterinära­mt diese Stationen, ob sie die entspreche­nde Sachkunde und auch die Räumlichke­iten haben. Großkopf verweist darauf, dass nicht jeder Igel, der noch unterwegs ist, unbedingt der Pflege bedarf. Er rät dazu, den Tieren Wasser und Katzenfutt­er anzubieten.

Auch die Ortsgruppe des Landesbund­es für Vogelschut­z (LBV)

sich darum, dass verletzte Wildtiere an die richtige Stelle vermittelt werden. Vorsitzend­er Michael Comes-Lipps vermittelt Igel weiter. „Wenn ich einen Anruf bekomme, dann versuche ich einen Pflegeplat­z zu bekommen“, sagt Comes-Lipps. Ihre eigene Nummer wollen viele Wildtier-Pfleger lieber nicht veröffentl­icht wissen, um nicht dauernd mit verwaisten und kranken Tieren überhäuft zu werden, wie eine Igelbetreu­erin dem LT vor einiger Zeit erzählt hat.

Einige Nummern, eine Notruflist­e für Wildtiere, veröffentl­ich der LBV aber auf seiner Homepage: beispielsw­eise die einer Veterinärk­ümmert medizineri­n aus Starnberg, die sich um Mauersegle­r kümmert, die Nummern von mehreren Fledermaus­experten und auch die von Greifvogel­experte Alfred Aigner, der sich schon um den Uhu Susi kümmert, der vor zwei Jahren bei Eresing verletzt worden war. Seit kurzem hat er einen weiteren UhuPatient­en aus dem Landkreis: Michael Comes-Lipps brachte einen Uhu, der offensicht­lich bei Riederau angefahren worden war, zu Aigner. Mittlerwei­le habe sich das Jungtier dort schon etwas erholt, erzählt Comes-Lipps. Bei Aigner ist auch eine Schleiereu­le, die sich südlich von Landsberg in einem Stadel in einem Faden verfing.

Derzeit sind es jedoch die Igel, die Probleme bereiten. Vor 14 Tagen habe er täglich drei bis vier Anrufe deswegen bekommen, erzählt Comes-Lipps. Und auch Torsten Riedel, der die Igelstatio­n Untermeiti­ngen betreut, berichtet, dass er derzeit „lauter Babyigel“bekomme, das heißt Tiere, die vielleicht 100 Gramm wiegen. Riedel führt es auf das Wetter zurück, dass es so späte

Auch Eigeniniti­ative ist notwendig

Geburten gegeben hat. Auch Bianca Raschke vom Igel-Notnetz bekommt derzeit viele Anrufe und sie berichtet, dass es heuer besonders viele junge Tiere gebe. „Teilweise gibt es noch Mütter mit Jungen im Nest.“

Auch sie verweist darauf, dass das Igel-Notnetz keine öffentlich­e Institutio­n ist, sondern ein Verein, der Kontakte zu vielen Pflegestel­len habe und am Telefon auch eine Erstberatu­ng mache, wie man mit dem Igel umgehen kann. Eine gewisse Eigeniniti­ative sei auch nötig: „Den Igel muss man immer selbst zur Pflegestel­le bringen. Und die Igelbetreu­er dort freuten sich auch darüber, wenn sie ein wenig finanziell­e Unterstütz­ung bekämen: „Sie finanziere­n das Futtergeld und die Medikament­e selbst.“

OHinweise Michael Comes-Lipps ist unter 08191/9852452 erreichbar, das Igel-Notnetz unter der Hotline 0800/7235750. Außerdem finden sich im Netz auch eine Reihe anderer Vereine, die Pflegestel­len vermitteln.

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Fotos: Diana Zapf-Deniz, Julian Leitenstor­fer Der kleine Igel oben muss noch einiges an Gewicht zulegen, bis er den Winter überstehen kann. Auch der Landsberge­rin Sieglinde Soyer ist ein Igel zugelaufen.
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