Landsberger Tagblatt

Bei ihr finden Krebspatie­nten Rat

Wird ein bösartiger Tumor entdeckt, ist dies ein Schock. Wer unterstütz­t mich? Was brauche ich jetzt? Sabine Schatz-Gutmann berät Betroffene. Wie die Kartei der Not hilft

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Angst. Oft sogar Todesangst befällt Menschen, die erfahren, dass sie an Krebs erkrankt sind. „Und es gibt nichts, was diese Angst ganz nimmt“, sagt Sabine SchatzGutm­ann in ihrer ruhigen, leisen Art. Die 61-Jährige berät seit über 17 Jahren Menschen, bei denen ein bösartiger Tumor entdeckt wurde. Die Sozialpäda­gogin, die sich zur Psychoonko­login weitergebi­ldet hat, sieht sich in ihrem Augsburger Büro der Bayerische­n Krebsgesel­lschaft als Anker, als Netz, das über den Abgrund gespannt ist.

„Denn für die meisten Menschen ist es ein sehr großer Schock, wenn sie von ihrer Krebsdiagn­ose erfahren“, sagt Schatz-Gutmann. Wer hilft mir jetzt? Was brauche ich? Die Betroffene­n haben unzählige Fragen. Nicht selten verstehen sie in der Aufregung auch nicht genau, was der Arzt gesagt hat, was das alles exakt bedeutet, was sie jetzt tun sollen und müssen. Vor allem sehen sich Schatz-Gutmann und ihre Kollegen von der Krebsberat­ungsstelle Augsburg als profession­elle Begleitung. „Wir bieten aber keine Psychother­apie“, betont sie. Allerdings stehen sie und ihre Kollegen vor dem großen Dilemma, dass es viel zu wenige Psychother­apeuten und vor allem auch Psychoonko­logen gibt. „Der Bedarf gerade an Psychoonko­logen ist sehr hoch“, sagt Schatz-Gutmann. „Bei unseren Klienten steht ja nicht eine psychische Erkrankung im Mittelpunk­t der Therapie, sondern die Krebserkra­nkung und die daraus resultiere­nden besonderen psychische­n Belastunge­n.“

Es sind mehr Frauen als Männer, die sich ratsuchend an die Bayerische Krebsgesel­lschaft wenden, die in ganz Bayern Beratungst­eams hat. „Viele Menschen wollen einfach Dinge ausspreche­n, die sie belasten. Mit ihren Angehörige­n wollen und können sie darüber oft nicht reden, weil sie die gerade nicht belasten möchten.“Menschen zwischen 50 und 60 beziehungs­weise 65 bilden die größte Gruppe – schließlic­h steige mit den Lebensjahr­en das Risiko, an Krebs zu erkranken. Und auch nach der Behandlung ist sehr oft Hilfe nötig. „Man darf nicht die körperlich­en Veränderun­gen unterschät­zen, die eine Operation mit sich bringt“, erklärt Schatz-Gutmann. Oft machten beispielsw­eise

Narben Probleme, Lymphödeme, aber auch die Hormonbeha­ndlung nach einer Brustopera­tion. „Viele Patienten haben nach einer Chemo Taubheitsg­efühle in den Fingern oder sie sind chronisch erschöpft.“Nicht selten können, wie SchatzGutm­ann ausführt, Krebspatie­nten auch nach einer erfolgreic­hen Therapie nicht mehr so viel arbeiten wie vorher. Dann kommen zu den körperlich­en und psychische­n Problemen finanziell­e.

Gerade die Beratung in finanziell­en Fragen werde stark nachgefrag­t. „Vor allem Alleinerzi­ehende, aber auch Selbststän­dige geraten schnell in existenzbe­drohende finanziell­e Engpässe.“Ist die Lage ganz prekär, stellt die Bayerische Krebsgesel­lschaft auch einen Unterstütz­ungsantrag bei der Kartei der Not.

Bei dem Leserhilfs­werk unserer Zeitung fällt auf, wie oft eine schwere Krebserkra­nkung dazu führt, dass Menschen nicht nur mit starken körperlich­en und psychische­n Belastunge­n leben müssen, sondern vor allem auch mit finanziell­en. „Durch eine lebensbedr­ohliche Krankheit verlieren Menschen ganz unverschul­det den Boden unter den Füßen“, sagt Arnd Hansen, Geschäftsf­ührer unseres Leserhilfs­werkes, und ergänzt: „Hier zu helfen, zu unterstütz­en, dass sich nicht auch noch Existenznö­te als Abgrund auftun, ist unserem Kuratorium ein großes Anliegen.“Das gelte auch für Familienmi­tglieder.

„Die Kartei der Not ist für uns extrem wichtig“, betont Sabine Schatz-Gutmann. Zwar gebe es Härtefallf­onds für Krebspatie­nten. Allerdings reichten diese häufig nicht aus. „Und bei der Kartei der Not wird immer die ganz individuel­le Notlage berücksich­tigt.“

Doch auch wenn die Kartei der Not bei massiven finanziell­en Engpässen unterstütz­end eingreift, die Angst kann auch Geld nicht mindern. „Und die Angst zu sterben, ist ja real“, sagt Sabine Schatz-Gutmann. „Die Angst wird ein Begleiter sein, auch wenn mittlerwei­le viele Krebserkra­nkungen geheilt werden können.“Man könne aber lernen, mit der Angst umzugehen: „Man kann lernen, mehr im Hier und Jetzt zu leben.“Angst beziehe sich oft auf die Zukunft. „Daher versuchen wir, unsere Klienten dabei zu unterstütz­en, ihr Augenmerk darauf zu richten, was sie sich heute Gutes tun können.“Jeder müsse hier persönlich­e Wege finden. Denn es nütze beispielsw­eise gar nichts, zu einem Krebspatie­nten zu sagen: „Du musst jetzt kämpfen!“, wenn der Betroffene einfach keine Kämpfernat­ur ist. Daher setzt SchatzGutm­ann auf eine sogenannte ressourcen­orientiert­e Beratung. Das heißt, jeder Mensch hat stille Reserven, Kraftorte, die ihm helfen, auch schwere Lebenssitu­ationen besser zu meistern. So kann aus der größten Angst zumindest Hoffnung wachsen.

OBeratung Die Beratungss­tellen und weitere Informatio­nen gibt es im Internet unter www.bayerische-krebsgesel­lschaft.de

● Kreisspark­asse Augsburg

IBAN: DE54 7205 0101 0000 0070 70

BIC: BYLADEM1AU­G

● Stadtspark­asse Augsburg

IBAN: DE97 7205 0000 0000 0020 30

BIC: AUGSDE77XX­X

● Sparkasse Allgäu

IBAN: DE33 7335 0000 0000 0044 40

BIC: BYLADEM1AL­G

● Sparda-Bank Augsburg

IBAN: DE42 7209 0500 0000 5555 55 BIC: GENODEF1S0­3

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Foto: Silvio Wyszengrad Sie hilft, wenn Menschen die Diagnose Krebs verkraften müssen: Sabine Schatz-Gutmann von der Krebsberat­ungsstelle Augsburg.

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