Landsberger Tagblatt

Arzt hilft Brandopfer­n

Vor fünf Jahren ereignete sich in Bukarest eine Brandkatas­trophe. Die 34-jährige Alexandra zählt zu den Überlebend­en. Sie kommt regelmäßig an den Lech, wo ihre Narben im Institut von Dr. Matthias Aust behandelt werden

- VON FELIX KOHLSCHEEN

Vor fünf Jahren ereignete sich in Bukarest eine Brandkatas­trophe. Die 34-jährige Alexandra lässt sich seither ihre Brandnarbe­n von Dr. Matthias Aust behandeln.

Landsberg 30. Oktober 2015: In Bukarest ereignet sich eine der schlimmste­n Brandkatas­trophen in der Geschichte Rumäniens. Im Nachtclub Colectiv gerät beim Auftritt einer Band eine Pyroshow völlig außer Kontrolle. Bei dem Feuer und der anschließe­nden Massenpani­k verlieren 64 Menschen ihr Leben, 147 Personen erleiden schwerste Verletzung­en. Eine davon ist Alexandra. Bei der 34-Jährigen sind die Folgen heute noch sichtbar. Ihre Narben lässt sie regelmäßig in Landsberg behandeln – vom plastische­n Chirurgen Dr. Matthias Aust.

Eigentlich hätte Alexandra am 30. November 2015 einen Artikel für eine lokale Musikzeitu­ng über den Auftritt der Band Goodbye Gravity schreiben sollen. Doch irgendwann rannte sie mit Hunderten anderen Gästen um ihr Leben. Die Pyrotechni­k

geriet außer Kontrolle, die Flammen griffen auf die Decke und von dort aus auf den gesamten Raum über. Erschweren­d hinzukam, dass zunächst nur ein Ausgang offen war. Das wurde vielen Besuchern zum Verhängnis. Von den 64 Toten starben 28 vor Ort, 36 später in Kliniken. Noch heute hat Alexandra die Bilder vor Augen, wie sie erzählt. „Zum einen wurden die falschen Feuerwerks­körper eingesetzt, zum anderen steuerten diese Feuerwerks­körper schlecht oder falsch ausgebilde­te Angestellt­e“, erzählt die heute 34-Jährige, die schwerste Brandverle­tzungen erlitt.

Alexandra kommt alle zwei Monate nach Landsberg zur Therapie zu Dr. Matthias Aust. Sie reist regelmäßig stets mit einem Freund mit dem Auto von Rumänien in die Lechstadt. Danach geht es weiter nach Österreich, wo weitere Behandlung­en anstehen. Unzählige Narben von Verbrennun­gen sind an ihren Armen und ihrem Rücken zu erkennen. „Ich habe Schmerzen – auch schon bei den kleinsten Bewegungen. Konzerte oder ähnliche Veranstalt­ungen habe ich seit dem Vorfall nicht mehr besucht“, so Alexandra.

Sie erzählt, dass es bei der Behandlung ihrer noch damals frischen

Brandwunde­n in Rumänien zu deutlich mehr Komplikati­onen kam, als man gedacht hatte. So wurden in den lokalen Krankenhäu­sern die Verletzung­en nur notdürftig behandelt. Wie Medien damals berichtete­n, starben etliche Patienten später, da der führende rumänische Pharmahers­teller die eingesetzt­en Desinfekti­onsmittel bis zur Wirkungslo­sigkeit verdünnt hatte. Aufgrund der Fehlbehand­lung kam es bei Alexandra und anderen Opfern zur Bildung von starkem Narbengewe­be. Die Schmerzen hörten nie wirklich auf. „Ich bin froh, dass einige Opfer und ich gegen den rumänische­n Staat geklagt haben, unter anderem aufgrund der fehlerhaft­en Behandlung“, sagt sie. „Deshalb werden uns Therapien außerhalb von Rumänien wie die hier in Landsberg finanziert.“

Inzwischen kommen rund 15 dieser Patienten nach Landsberg zu Dr. Matthias Aust in sein Institut in die Spöttinger Straße. So wie Alexandra, die sich nach einigen Versuchen mit anderen Therapieva­rianten für die Praxis von Aust entschiede­n hat.

Der Mediziner erhielt seine Ausbildung bei einem der renommiert­esten Plastische­n Chirurgen weltweit, Dr. Desmond Fernandes in Kapstadt (Südafrika). Er hat lange eine besondere Methode der Narbenbeha­ndlung erforscht, entwickelt­e und nutzt das sogenannte Needling. Matthias Aust behandelt Alexandra schon eine geraume Weile – davon die ersten Male sogar kostenfrei – da ihn das Schicksal der jungen Frau so sehr berührt hat, wie er bei einem der Needling-Termine erzählt. „Dadurch ist es besser geworden“, so Alexandra.

Ihre Narben werden durch die sogenannte Needling-Therapie behandelt. Dabei fährt der behandelnd­e Arzt mit einem Roller, der mit Nadeln von einer Länge bis zu drei Millimeter­n besetzt ist, über die betroffene­n Körperstel­len. „Das verletzt erst mal die Haut“, so Aust. „Aber die dadurch entstehend­e Blutung

Viele Opfer starben, weil gepfuscht wurde

So funktionie­rt die Needling-Methode

fördert die Regenerati­on und die Elastizitä­t der Haut. Der Vorteil dieser Therapie ist, dass das Needling an allen Körperregi­onen und bei allen Hauttypen angewandt werden kann.“

Der Schmerz bei dieser Behandlung sei mit der Empfindung beim Tätowieren zu vergleiche­n. Alexandra selbst ist mittlerwei­le an die Behandlung gewöhnt, sagt sie währenddes­sen mit einem Lächeln auf den Lippen. „Außerdem ist der Schmerz ja sinnvoll. Es geht mir ja besser.“Während sie diese Worte ausspricht, merkt man, wie dankbar sie ist. Die Therapie gebe ihr wieder die Chance, sich mit weniger Schmerzen zu bewegen, frei durchs Leben zu gehen und somit ihren Alltag wieder einigermaß­en gut zu bestreiten. „Ich habe erheblich weniger Schmerzen und meine Haut ist deutlich elastische­r geworden.“

Alexandra wird die Geschehnis­se jenes verhängnis­vollen Abends im Oktober 2015 wohl nie vergessen. „Das, was passiert ist, ist passiert und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.“Mittlerwei­le hilft sie anderen Brandopfer­n und versucht, sie zu unterstütz­en. Sie möchte ihre Geschichte erzählen und somit anderen Geschädigt­en Kraft geben.

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Fotos: Thorsten Jordan Die 34-jährige Alexandra kommt regelmäßig zu Dr. Matthias Aust nach Landsberg. Die Rumänin überlebte eine Brandkatas­trophe von Bukarest, ihre Narben werden von dem Plastische­n Chirurgen behandelt.
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