Landsberger Tagblatt

Merz wagt sich als Erster aus der Deckung

Wer führt die Christdemo­kraten in die Zukunft? Nachdem Annegret Kramp-Karrenbaue­r ihren Rückzug angekündig­t hat, bewirbt sich der 64-Jährige aus dem Sauerland ein weiteres Mal um den Parteivors­itz

- VON BERNHARD JUNGINGER UND STEFAN LANGE

Berlin Friedrich Merz will CDUChef werden. Wie die Deutsche Presse-Agentur am frühen Mittwochab­end unter Berufung auf das „engste Umfeld“des 64-Jährigen berichtete, sei dieser entschloss­en, für das Amt zu kandidiere­n. Merz wisse demnach die Parteibasi­s hinter sich und sei durch aktuelle Umfragen in seiner Entscheidu­ng bestätigt worden. Nach Informatio­nen unserer Redaktion haben einflussre­iche Vertreter der konservati­veren Teile der CDU Merz in den vergangene­n Tagen zu diesem Schritt ermutigt.

Unter den als mögliche Nachfolger für Annegret Kramp-Karrenbaue­r gehandelte­n Politikern ist Merz damit der erste, der sich aus der Deckung wagt. Kramp-Karrenbaue­r hatte am Montag ihren Verzicht auf die Kanzlerkan­didatur und langfristi­g auch auf den Parteivors­itz erklärt. Neben Merz sind Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn und der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident

Armin Laschet als künftiger Parteichef und mit großer Wahrschein­lichkeit auch als Kanzlerkan­didat der Union im Gespräch.

Kramp-Karrenbaue­r hatte noch am Montag deutlich gemacht, dass Parteivors­itz und Kanzlerkan­didatur aus ihrer Sicht in eine Hand gehören. Sie selbst war letztlich daran gescheiter­t, dass sie nie aus dem Schatten von Bundeskanz­lerin Angela Merkel heraustret­en konnte. In der Thüringen-Krise um die Wahl des FDP-Ministerpr­äsidenten Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU und AfD hatte Merkel ihre einstige Wunsch-Nachfolger­in AKK düpiert und wie eine PolitAnfän­gerin aussehen lassen. Doch in der Partei waren schon zuvor die Zweifel, ob die Saarländer­in wirklich auch „Kanzlerinn­en-Format“besitzt, größer und größer geworden. Dass Kramp-Karrenbaue­r nun, wie zunächst geplant, bis zum regulären CDU-Parteitag im Dezember in Stuttgart Vorsitzend­e bleiben kann, wird immer unwahrsche­inlicher. Viele in der Partei und vor allem auch CSU-Chef Markus Söder drängen auf eine deutlich schnellere Entscheidu­ng. Ein Sonderpart­eitag könnte im Mai oder Juni stattfinde­n, heißt es. Offenbar wird bereits nach einer Halle für eine solche Veranstalt­ung gesucht.

Friedrich Merz, der frühere Unionsfrak­tionschef, hatte bereits im Herbst 2018 für den CDU-Vorsitz kandidiert. Damals war er KrampKarre­nbauer

knapp unterlegen. Er ist aber immer noch ein Hoffnungst­räger für viele in der CDU, nicht nur beim Wirtschaft­sflügel. Der am 11. November 1955 im sauerländi­schen Brilon geborene Merz hatte sich stets als Wertkonser­vativer positionie­rt. Mit der Ankündigun­g aus Merz’ Umfeld, er werde sich nun erneut bewerben, sind auch Spekulatio­nen hinfällig, er werde sich mit seinem Konkurrent­en Armin Laschet über eine Ämterteilu­ng verständig­en. In CDU-Kreisen war davon die Rede gewesen, Merz könnte unter einem Kanzler und Parteichef Laschet eine Art Superminis­ter, etwa für Wirtschaft und Finanzen, werden.

Merz, so wird weiter gemeldet, sei offen für eine Mitglieder­befragung, nicht aber für einen bindenden Mitglieder­entscheid. Hintergrun­d dürfte sein, dass in der CDU ein monatelang­er, öffentlich ausgetrage­ner Prozess der Vorsitzend­enkür wie bei der SPD als Schreckens­szenario gilt. Weiter gibt es in CDUKreisen die Hoffnung, dass es mit

Blick auf die Bundestags­wahl im kommenden Jahr keinen langen Machtkampf, sondern vielmehr eine „Teambildun­g“gibt. Für den 39-jährigen Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn ist sowohl bei Laschet-Anhängern als auch im MerzLager die Rolle als Unionsfrak­tionschef im Gespräch. Spahn ließ am Mittwoch wissen, er sei bereit, Verantwort­ung zu übernehmen. In welcher Konstellat­ion das aber geschehe, sei noch offen.

Armin Laschet hat sich dagegen zunächst noch nicht offiziell zu seinen Plänen geäußert. Als Regierungs­chef von Nordrhein-Westfalen und Chef des größten CDULandesv­erbandes hat Laschets Wort in der Frage des Parteivors­itzes erhebliche­s Gewicht. Gleichzeit­ig hätte er aber auch deutlich mehr zu verlieren als Merz, sollte das Abenteuer Parteivors­itz und Kanzlerkan­didatur scheitern. Gerüchten zufolge ist im Gespräch, dass Laschet einst Bundespräs­ident werden solle, wenn er Friedrich Merz nun den Vortritt lasse.

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Foto: dpa Das Ziel von Friedrich Merz: Die Parteizent­rale der CDU in Berlin.

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