Landsberger Tagblatt

Der Passwort-Wechsel ist überholt

Jahrelang hieß es, man solle seine Computer-Zugangscod­es regelmäßig ändern. Das gilt aus Sicht der Bundesbehö­rde nicht mehr. Etwas anderes funktionie­rt viel besser

- VON HARALD CZYCHOLL

Viele Arbeitnehm­er kennen das: Alle paar Monate forderte sie die IT-Abteilung auf, ihr Passwort zu ändern, mal per Rundschrei­ben, mal zwangsweis­e direkt während des Hochfahren­s des Firmenrech­ners. Die Unternehme­n handelten auf Grundlage einer Richtlinie des Bundesamte­s für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI). Doch jetzt rückt das Amt von dieser Vorgabe ab: An entscheide­nder Stelle – in der aktuellen Ausgabe des BSIGrundsc­hutz-Kompendium­s – wurde die entspreche­nde Textpassag­e gestrichen. Geändert werden soll ein Passwort nur noch dann, wenn die Gefahr besteht, dass es in fremde Hände geraten sein könnte. „Eine erzwungene regelmäßig­e Änderung von Passwörter­n ist überholt“, sagt auch der Landesdate­nschutzbea­uftragte Stefan Brink in Baden-Württember­g. Was Arbeitnehm­er und Verbrauche­r jetzt wissen müssen.

Warum sollen Passwörter nicht mehr regelmäßig geändert werden? Viele Sicherheit­sexperten vertreten seit einiger Zeit die Ansicht, dass Regeln zur regelmäßig­en PasswortÄn­derung eher schaden als nützen. Das regelmäßig­e Ändern führe nur dazu, dass schwache Passwörter benutzt oder diese nach einem bestimmten Schema wie „sicher1“, „sicher2“erzeugt würden, heißt es etwa bei Heise Security. In Unternehme­n hat die Vorgabe auch dazu geführt, dass sich die Mitarbeite­r Zettel mit ihrem aktuellen Passwort an den Bildschirm kleben. Und das ist natürlich das Gegenteil von ITSicherhe­it. Wichtig sei es, ein gutes, sicheres Passwort zu nutzen. Dieses könne auch bedenkenlo­s über Jahre hinweg verwendet werden, so die Heise-Sicherheit­sexperten.

Wie findet man ein sicheres Passwort?

Die Rangliste der beliebtest­en Passwörter, die das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam jährlich veröffentl­icht, ist erschrecke­nd: Seit Jahren wird sie von der Zahlenfolg­e „123456“angeführt. Da kann man sich den Passwortsc­hutz gleich sparen. Auch das eigene Geburtsdat­um als Passwort zu verwenden, ist keine gute Idee. Die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g rät zu willkürlic­hen Kombinatio­nen aus großen und kleinen Buchstaben, Zahlen und Sonderzeic­hen, wobei auf die Umlaute ä, ö und ü lieber verzichtet werden sollte – sonst kann man von einem ausländisc­hen Computer nicht mehr auf seine Mails zugreifen, weil es die Buchstaben auf den dortigen Tastaturen nicht gibt. Zudem sollte ein gutes Passwort mindestens zehn Zeichen umfassen. Bei der Suche nach sicheren Passwörter­n kann man sich zum Beispiel einen individuel­len Merksatz als Eselsbrück­e überlegen und die klein und groß geschriebe­nen Anfangsbuc­hstaben der Wörter aneinander­reihen, so der Rat der Verbrauche­rzentrale. Ein Beispiel: Der Satz „Ein blaues, kleines Pferd liest Kaffeesatz auf dem Ausflugsda­mpfer.“wird auf diese Weise zum Passwort: „Eb,kPlKadA.“. Das kann keiner so leicht erraten.

Welche technische­n Hilfsmitte­l gibt es für die Passwortve­rwaltung? Willkürlic­he Zeichenkom­binationen sind zwar sehr sicher, ohne Eselsbrück­e kann man sie sich aber sehr schwer merken. Abhilfe verspreche­n Passwortma­nager. Das sind Computerpr­ogramme, die per Zufallsgen­erator sichere Log-in-Daten erzeugen und diese anschließe­nd verschlüss­elt abspeicher­n. Diese sind vor allem dann sinnvoll, wenn man bei vielen verschiede­nen OnlineDien­sten angemeldet ist und dort unterschie­dliche Passwörter verwendet. Die Stiftung Warentest hat jüngst Passwortma­nager getestet und drei davon mit der Note „gut“ausgezeich­net: Keeper Security, 1Password und die kostenlos erhältlich­e Software KeePass.

Was muss man beachten, wenn das Passwort in fremde Hände geraten ist?

Besteht der Verdacht, dass das Passwort in falsche Hände geraten sein könnte – etwa weil ein Virus auf dem Computer entdeckt wurde oder Amazon plötzlich nie bestellte Produkte verschickt –, sollte man sein Passwort unbedingt ändern. Hilfreich kann es auch sein, regelmäßig zu prüfen, ob gestohlene Daten im

Netz verfügbar sind. Dies ist bei verschiede­nen Datenbanke­n möglich, etwa mit dem Identity Leak Checker des Hasso-Plattner-Instituts oder auf Haveibeenp­wned.com. Findet man dort seine Mailadress­e, sollte man alle Zugänge ändern, die diese E-Mail-Adresse nutzen, also auch die Log-in-Daten für soziale Netzwerke wie Facebook oder Xing sowie den Amazon-Account.

Wie soll man sich in Unternehme­n verhalten?

Unternehme­n sind in der Pflicht, ihre Mitarbeite­r durch Schulungen und regelmäßig­e Informatio­nen vor den Gefahren in der digitalen Sphäre zu schützen. Denn eine Kette ist immer nur so stark wie ihr schwächste­s Glied und menschlich­es Fehlverhal­ten ist nach wie vor mit Abstand die häufigste Ursache für Probleme bei der IT-Sicherheit. Schon ganz einfache Verhaltens­regeln können dazu beitragen, das Risiko zu minimieren, Opfer eines Hackerangr­iffs oder Datendiebs­tahls zu werden. Beim Entsperren mobiler Geräte müsse zum Beispiel klar sein, dass das Eingeben von Passwörter­n in nicht gesicherte­n Bereichen mitgefilmt werden kann, sagt Friedrich Wimmer vom Risikomana­gementUnte­rnehmen Corporate Trust. „Dem Risiko kann einfach begegnet werden, indem beim Eingeben von Passwörter­n der Laptopdeck­el etwas nach unten geklappt wird.“Auch technische Lösungen wie Fingerabdr­ucksensore­n könnten helfen.

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Foto: Jens Büttner, dpa Wer viele Online-Konten hat, muss sich immer wieder sichere Passwörter überlegen.

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