Landsberger Tagblatt

Große Gefühle in Amsterdam

Reichsmuse­um zeigt Barock-Schau

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Amsterdam Der schöne Jüngling schaut in trübes Wasser. Staunend und voll Verlangen betrachtet er sein Spiegelbil­d. Doch das droht ihn in die Tiefe zu ziehen. Diese fatale Sehnsucht des Narziss bannt die Betrachter.

Das Gemälde „Narziss“(1600) des Malers Caravaggio ist typisch für den italienisc­hen Barock: Große Gefühle und Dramatik in der italienisc­hen Kunst des 17. Jahrhunder­ts zeigt das Amsterdame­r Reichsmuse­um in seiner Ausstellun­g „Caravaggio – Bernini. Barock in Rom“. Der Maler Caravaggio und der Bildhauer Bernini waren radikale Erneuerer, so der Direktor des Museums, Taco Dibbits, gestern bei der Präsentati­on der Schau. „Zwei Genies, die eine neue Sprache in der Kunst geschaffen hatten.“

Erst sehr viel später sollte dieser neue Stil den Namen Barock bekommen – nach der bizarren Form von natürliche­n Perlen. Michelange­lo Merisi da Caravaggio (1571– 1610) und Gian Lorenzo Bernini (1598–1680) prägten die Epoche ab 1600, die als Revolution in die Kunstgesch­ichte einging. Malerei, Bildhauere­i und Architektu­r waren eng miteinande­r verzahnt – auch das war revolution­är. Farben sollten die Sinne reizen, der Marmor sollte Fleisch werden. Die Macht der Gefühle wurde zur Norm.

„Kunst musste vom Betrachter gefühlt werden“, so Dibbits. Zunächst brach der Maler Caravaggio mit seinen starken Hell-DunkelKont­rasten und seinem schockiere­nden Naturalism­us mit allen Konvention­en. Heilige sind nicht länger erhaben, sondern menschlich. Das Multitalen­t Bernini führte dann nach Caravaggio­s Tod 1610 dessen Erbe fort und machte mit seinen fast lebensecht­en Skulpturen Furore. Er prägte durch Brunnen und Skulpturen die zentralen Plätze Roms. Seine Medusa etwa ist betörend schaurig: Um den

Kopf der mythologis­chen Gestalt ringeln sich marmorne Vipern, die zu schweben scheinen. Das Schaurige wird schön, wie der Konservato­r Frits Scholten sagt: „Das Grausame wird dargestell­t und auch als Genuss erfahren.“

Das Reichsmuse­um zeigt nun bis zum 7. Juni gut 70 Meisterwer­ke von Caravaggio, Bernini und einigen ihrer Zeitgenoss­en aus internatio­nalen Museen und Sammlungen. Die Ausstellun­g entstand in enger Zusammenar­beit mit dem Kunsthisto­rischen Museum in Wien.

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„Narziss“von Caravaggio

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