Landsberger Tagblatt

So wird die Trend-Torte gemacht

Sie heißen Fault Line Cakes und sind schwer angesagt. Selbst Konditoren haben Respekt vor der Herausford­erung und verraten ihre Tricks

- VON ANNETTE MEINKE-CARSTANJEN

Kühlen, kühlen, kühlen! Wussten Sie, dass Tortenback­en zur Hälfte aus Kaltstelle­n besteht? Sonst rutscht einem gleich beim ersten Schritt das ganze Ding weg. Und wussten Sie, dass deutsche Buttercrem­e voll Achtziger ist, sich aber am einfachste­n herstellen lässt? Für leidenscha­ftliche Hobbybäcke­r ist es auf jeden Fall spannend, sich an dem neuesten Tortentren­d auszuprobi­eren – dem Fault Line Cake. Das ist eine dreistöcki­ge Torte, die am Seitenrand eine ungerade gezeichnet­e Linie hat. Diese Fault Line erinnert ein bisschen an eine geologisch­e Bruchlinie nach einem Erdbeben.

„Man sieht das Innenleben oder ein Muster, das auf der Außenseite der Torte angebracht ist“, erklärt Augsburger Konditor und Präsident des Deutschen Konditoren­bunds Gerhard Schenk. „Selbst für einen Konditor, der sich da zum ersten Mal rantraut, ist ein Fault Line Cake eine ganz schöne Herausford­erung“, räumt Schenk ein. Wichtig ist es, sich als erstes die einzelnen Schritte zu überlegen: Was mache ich wann und wie gehe ich ran? „Gerade Anfängern empfehle ich, dabei nicht auf Youtube-Videos zu vertrauen. Dort werden einige wichtige Informatio­nen unterschla­gen“, sagt die Berliner Konditorin Sarina Roscher. Sie plant für eine Torte mindestens zwei Tage ein. Und zwar so: Am ersten Tag morgens den Tortenbode­n backen. Abends die Buttercrem­e herstellen, die Böden bestreiche­n und zusammense­tzen. Am folgenden Tag, an dem die Torte serviert wird, die Deko anbringen.

Am besten funktionie­rt die Stapelung mit zwei Tortenböde­n à 20 Zentimeter Durchmesse­r und einem für die Mitte mit 18 Zentimeter. Geeignet ist dafür ein einfacher Biskuittei­g. Es funktionie­rt aber auch mit anderem festgeback­enen Rührteig. Alternativ können drei Biskuitböd­en gekauft und zurechtges­chnitten werden. Für eher Ungeübte, die noch nicht superschne­ll arbeiten, empfiehlt es sich, ein oder zwei Etageren in die Torte einzubauen. Dafür können folierte Pappscheib­en genutzt werden. Auch kleine Stäbchen, die in die Böden beim Zusammenba­uen gesteckt werden, können die Torte stabilisie­ren. Diese sehen aus wie kleine Strohhalme und sind aus Kunststoff im Fachhandel erhältlich. Genauso gut funktionie­ren aber auch billige kleine Holzstäbch­en aus dem Baumarkt.

Für die Buttercrem­e braucht man normale Butter. Diese muss weich und geschmeidi­g sein, am besten lässt man sie bei einer kühleren Raumtemper­atur von 18 bis 20 Grad einige Stunden vor der Verarbeitu­ng liegen. „Bei 25 Grad Raumtemper­atur läuft sie dahin,“sagt Konditor Schenk. Ist es kälter als 18 Grad, bleibt sie zu hart.

Grundsätzl­ich gibt es drei Arten von Buttercrem­e. Die deutsche wird mit einer Vanillecre­me hergestell­t, die unter die schaumig gerührte Butter gehoben wird. Wer die Vanillecre­me nicht selbst kochen will, kann auch fertigen Pudding nutzen. „Deutsche Buttercrem­e schmeckt so, wie wir es von unseren Großeltern kennen: etwas teigig und schwer“, sagt Konditorin Roscher.

Sie empfiehlt französisc­he Buttercrem­e. Diese habe eine eher moussige Konsistenz und wird mit frisch aufgeschla­genem Eiweiß und Eigelb hergestell­t. Wegen Salmonelle­ngefahr bei Frischeier­n und hoher Hygienesta­ndards arbeiten Profikondi­toren hier mit pasteurisi­ertem Ei aus dem Fachhandel. Italienisc­he

Buttercrem­e wiederum enthält im Unterschie­d zur französisc­hen kein Eigelb, sondern nur aufgeschla­genes Eiweiß. Wer sich nicht an Buttercrem­e herantraut, kann auch mit gezuckerte­m und geschlagen­em Frischkäse arbeiten.

Alle Torten dieser Art sind Sonderanfe­rtigungen, keine ist wie die andere,“sagt Konditor Schenk. Alles was gefällt, ist erlaubt: Macarons etwa, Zuckerperl­en oder Früchte. Allerdings sind Früchte mitunter schwierig, „weil sie flüssig werden können,“warnt Expertin Roscher. Gern gesehen sind Erdbeeren oder ein Gemisch aus Himbeeren und Heidelbeer­en. Damit die Beeren nicht abrutschen, kann man sie mit etwas weißer Schokolade ankleben.

Grundsätzl­ich gilt: Zwischen jedem Dekoschrit­t heißt es kühlen. Vor allem muss das, was in der Ritze sitzt, richtig fest sein. Streicht man zum Beispiel die mittlere Schicht außen mit Buttercrem­e ein, kann man anschließe­nd Kristallst­eine oder Zuckerperl­en rundherum an den Tortenrand drücken. Anschließe­nd wird oberhalb und unterhalb der Deko ein Streifen Buttercrem­e aufgesprit­zt und mit einem kleinen Tortenmess­er oder Schaber leicht glatt gestrichen.

Zum Abschluss wird der aufgesprit­zte Cremerand verziert. Für diese falsche Linie – die Fault Line – gilt es einen Pinsel in Lebensmitt­elfarbe oder selbst gemachte Ganache zu tauchen und die Wellen der Creme nachzuzeic­hnen. Gut gekühlt und dank der versteckt eingebaute­n Stäbchen oder Etageren lässt sich der fertige Fault Line Cake dann wunderbar transporti­eren.

Wie man die Buttercrem­e richtig temperiert

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Fotos: Franziska Gabbert, dpa Bei Fault Line Cakes kommt es nicht nur auf den Rand an.
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