Wie geht es den Senioren in Zeiten von Corona?
Ältere Menschen zählen zur Risikogruppe bei einem Infekt mit Covid-19. Sie sollen Sozialkontakte meiden. Nachbarschaftshilfen organisieren Einkaufsdienste. Helfer erzählen über ihr Engagement und wie sie sich verhalten
Landsberg Vereinsamte Senioren, die sich aus Angst davor, vor die Tür zu gehen und sich mit dem Coronavirus anzustecken, von Tütensuppe ernähren – eine schlimme Vorstellung. So weit wird es nicht kommen, allerorten bieten sich Menschen an, um für Senioren einkaufen zu gehen. Die Gefahr der Vereinsamung bleibt jedoch ein Thema. Das LT hat sich bei ehrenamtlichen Organisationen im Landkreis umgehört und mit einer aktiven Seniorin gesprochen.
Jutta Bäzner engagiert sich im Vorstand beim Verein Füreinander in Utting und beim Hospiz- und Palliativverein Landsberg. Und sie zählt mit 80 Jahren auch selbst zur Risikogruppe. Die Hospizbegleitungen seien eingestellt, die Alltagsbegleiter beim Verein Füreinander telefonierten und brächten auch Lebensmittel, erzählt sie. Sowohl die ehrenamtlichen Helfer als auch der besuchte Senior müssten selbst entscheiden, ob ein Besucher ins Haus kommt. „Ich denke auch, dass wir viel übers Telefon reden werden.“
Sie selbst ist nicht im Besucherpool des Vereins, moderiert aber das „Tagesgespräch“, eine kleine Diskussionsrunde im Bürgertreff in Utting. Wie alle Veranstaltungen fällt diese jetzt aus, im Bürgertreff gibt es keine Angebote mehr, um sich zu treffen, es bleibt nur das Telefon.
Für sich selbst braucht Jutta Bäzner keine Hilfe: „Ich halte mich zurück, gehe aber zum Einkaufen und gehe Spazieren, sagt die Seniorin, die gesundheitlich fit ist. Gerade bei diesem schönen Wetter sei es wichtig, raus zu gehen Jutta Bäzner würde sich nie dicht auf dicht in der Schlange am Eiskiosk am Uttinger Ammerseeufer anstellen, wie sie es am Sonntag gesehen hat. Mit den Beschränkungen, die ab Samstag gelten, gehört dies sowieso der Vergangenheit an.
Sie kann sich vorstellen, dass es für einige Senioren vielleicht aus Scham schwierig ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie selbst spricht von einer „unguten Situation“, in der man derzeit lebe. Man solle sich aber nicht verrückt machen lassen und auf sich selbst gestellt zu sein, sei mal schön. „Ich werde das Haus aufräumen vom Dach bis in den Keller.“Sie mache sich eine Liste mit einem geplanten Ablauf, um dem Tag eine Struktur zu geben.
Bei den Senioren, die der Verein
Füreinander in der Vergangenheit schon betreute, handelt es sich wie Vorsitzender Hans Starke erzählt, um ein sogenanntes niederschwelliges Betreuungsangebot für Menschen mit Pflegestufe. „Es wird vom Staat gefördert.“
Diese Besuchsdienste will der Verein weiterführen, überlässt es aber den Ehrenamtlichen und dem Menschen, der besucht wird, ob es wirklich gemacht werden soll. Denn bei Füreinander wie bei anderen Organisationen gibt es ein Problem: Die ehrenamtlichen Helfer sind zu
● Pitzling: Feuerwehr, Ansprechpartner Robert Eldner, Telefon 0175/1558924
● Utting: Verein Füreinander, Montag bis Freitag, 9 bis 12, Uhr unter Telefon 08806/9586396, nbh-utting@t-online.de; AK Caritas der Pfarreiengemeinschaft Utting/Schondorf: Telefon 0176/85608316 täglich von 8 bis 10 und 17 bis 19 Uhr
meist auch rüstige Rentner, die in die Risikogruppe fallen. Aufgebaut wird beim Verein Füreinander jetzt eine reine Nachbarschaftshilfe auf ehrenamtlicher Basis, die dann auch Einkaufsdienste übernimmt.
„Wir bieten jetzt auch Einkaufsdienste an“, berichtet auch Irene Bleicher von „Wir in Erpfting“. Man habe im ganzen Dorf Wurfzettel verteilt, um dies bekannt zu machen. Und es gebe junge, fitte Leute im Ort, die das Einkaufen übernehmen könnten, denn Uni und Schule seien auch geschlossen. „Wir wissen
● Schondorf: Verein Gemeinsam, Telefon 08192/222; AK Caritas der Pfarreiengemeinschaft Utting/Schondorf: Telefon 0176/85608316 täglich von 8 bis 10 und 17 bis 19 Uhr
● Untermühlhausen: Feuerwehr, 1.kdt@feuerwehr-untermühlhausen.de, 2.kdt@feuerwehr-untermühlhausen.de (Initiativen, die sich beim LT gemeldet haben). (lt)
auch im Dorf, wer betroffen ist“, sagt Bleicher. Die Nachbarschaftshilfe in Erpfting kennt viele Senioren aus den Veranstaltungen, beispielsweise dem Mittagessen im Gasthof, das organisiert wurde. So könne man auch aktiv auf die alten Menschen, die Hilfe bräuchten, zugehen. Irene Bleicher ist auch Koordinatorin beim Netzwerk Kaufering. In einem größeren Ort sei dies schwieriger. Bei „Wir in Erpfting“sind die üblichen Besuchsdienste eingestellt, wie Bleicher erzählt. Es werde per Telefon der Kontakt zu den Menschen gehalten, die alleine seien. Dies sei nicht ganz einfach, denn viele Senioren seien schwerhörig. Irene Bleicher will aber nicht nur das Problematische an der Situation sehen: Gerade sei sie mit der Enkelin durch den Ort spazieren gegangen. „Die Menschen sitzen in ihrem Garten und man kann auf die Entfernung ratschen. Die Leute wachsen zusammen.“
„Wir haben genug Helfer, aber noch niemand hat sich gemeldet, der Einkaufshilfe braucht“, erzählt Peter Raithel vom Verein Gemeinsam in Schondorf, der sich eigentlich um Menschen kümmert, die in eine finanzielle
Fahrten zur Arztpraxis sind schon abgesagt
Notlage gekommen sind. Für Einkaufshilfen hat man jetzt jedoch Plakate im Ort aufgehängt, um auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen. Bisher haben sich aber noch keine Senioren oder Risikopatienten gemeldet, die diese Hilfe in Anspruch nehmen wollen.
Sabine Krämer von der Nachbarschaftshilfe Dießen ist froh, dass sich sechs Freiwillige gemeldet haben, die mithelfen wollen. Denn einige Mitglieder ihres Vereins seien über 60 Jahre und zählten ebenfalls zur Risikogruppe. An die fünf Einkaufsdienste seien schon geleistet worden. Sabine Krämer denkt aber, dass es noch mehr werden. Drei Fahrten zu Arztpraxen seien dagegen schon abgesagt. Wie bei anderen Nachbarschaftshilfen gibt es Besuche nur noch, wenn beide Seiten dies wollen, und es wird von den Helfern zum Telefonhörer gegriffen. Gedanken macht sich Sabine Krämer auch um Menschen in Senioreneinrichtungen, die diese jetzt nicht verlassen dürften. Auch hier wären Telefonate wichtig, um den Senioren das Gefühl zu geben, man sei in Gedanken bei ihnen.
Konrad Kaspar organisiert einen Fahrdienst für „Hand in Hand“in Geltendorf. Auch hier läuft die Unterstützung auf freiwilliger Basis weiter, Fahrer und Gefahrener müssen einverstanden sein „Wir fahren sehr eingeschränkt.“Auch Feuerwehren, beispielsweise in Pitzling und Untermühlhausen organisieren Hilfsdienste und in den Sozialen Medien gibt es mittlerweile Gruppen, die Hilfen in der Region organisieren, und einige Lebensmittelläden bieten einen Lieferservice an.