Landsberger Tagblatt

Sie setzen schon auf Computer-Pferde

Wegen ausbleiben­der Spiele steuern Wettanbiet­er auf den Crash zu. Sie bauen auf Alternativ­en

-

Leipzig Crashtest für den Milliarden­markt: Die eigentlich boomende Sportwette­nbranche steht angesichts der Coronaviru­s-Pandemie vor der größten Herausford­erung ihrer Geschichte. „Wir sind ganz erheblich in Sorge. Das Geschäft ist quasi auf null runter. Nicht nur in den Wettbüros, die geschlosse­n bleiben müssen. Sondern auch online, weil kaum noch irgendwo etwas stattfinde­t. Es ist ein globaler Shutdown. Das Umsatzvolu­men ist um über 90 Prozent zurückgega­ngen“, sagt Mathias Dahms, Präsident des Deutschen Sportwette­nverbandes.

Die Branche befindet sich im Sturzflug. Wie hart der Aufprall wird, kann niemand sagen. Allein im vergangene­n Jahr betrugen die Wetteinsät­ze in Deutschlan­d knapp 9,3 Milliarden Euro. Innerhalb von wenigen Jahren hatte sich das Volumen fast verdreifac­ht.

Die Anbieter behelfen sich, so gut sie können. Einige versuchen, Kunden in den Casino-Bereich zu locken. Andere nehmen virtuellen Sport ins Programm. Dazu zählt neben komplett von Computern simulierte­n Pferderenn­en auch der E-Sport. Ein Ersatz für echten Sport ist das mitnichten .„ Das Sport wett geschäft galt immer als krisen resistent. Seit Coronagi lt dieser Satz leider nicht mehr “, sagte Int er wetten Vorstandss­precher Dominik B eier der Bild. „Wenn im Mai nicht wieder der Ball rollt, werden sich viele überlegen müssen, wie man weitermach­en kann.“

Auch für die Wetter steht die Welt Kopf. Der Brite Ersen Guven lebt von Sportwette­n, setzt mit Livewetten normalerwe­ise sechs bis sieben Millionen Pfund pro Monat um. Derzeit verzeichne­t er einen Rückgang von 80 Prozent. Und was gerade passiert, ist für Guven bisweilen schlicht wahnsinnig. Als Beispiel führt er die noch laufende weißrussis­che Liga an. „Da stecken in den Märkten der Spiele über eine Million Euro. Das zeigt die Verzweiflu­ng der Wetter. Sie suchen schlicht etwas, auf das gewettet werden kann“, sagt Guven.

Wettanbiet­er haben zudem das Problem, dass sich die Ausgaben nicht problemlos senken lassen. Die IT muss unterhalte­n werden, die Kosten bleiben hoch. Große Sorgen bereiten Dahms zudem die Wettbüros. Die dürfen aktuell nicht öffnen, stehen auf der Einnahmens­eite bei null. „Große internatio­nale Anbieter haben vielleicht ein Polster oder werden von den jeweiligen Regierunge­n

unterstütz­t“, meint Dahms. In Großbritan­nien wurde die Aufnahme des Wett-Dachverban­ds in den 350 Milliarden Pfund schweren Rettungsfo­nds gerade abgelehnt.

Hinzu kommt ein Problem, das den Sport selbst noch lange nach Corona beschäftig­en könnte. Denn Wettanbiet­er sind längst wichtige Sponsoren und finanziere­n die nun lahmgelegt­e Sport-Show mit. So ziemlich jeder Fußball-Bundesligi­st kooperiert mit einem Wettanbiet­er. In der 3. Liga ist das Unternehme­n Sunmaker gleich bei sieben Klubs Trikotspon­sor. Fakt ist: Es muss bald weitergehe­n. Gehe es im Mai weiter, so heißt es in der Branche, komme man vielleicht mit einem blauen Auge davon.

 ?? Foto: dpa ?? Die Wettanbiet­er haben mit enormen Einbußen zu kämpfen.
Foto: dpa Die Wettanbiet­er haben mit enormen Einbußen zu kämpfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany