Friseure in der Coronakrise
Die Friseure im Landkreis haben alle wegen Corona geschlossen. Eine Unternehmerin startet einen Aufruf per Video und sorgt damit immerhin für ein bisschen Geschäft. Der Innungsmeister zeichnet ein düsteres Bild
Abgeschnitten von den Kunden: Wie Friseure im Landkreis Landsberg mit der Coronakrise umgehen. Der Innungsmeister zeichnet ein düsteres Bild.
Landkreis Die Vorgabe wegen des Coronavirus lautet, dass die Menschen mindestens 1,50 Meter Abstand voneinander halten sollen, um sich nicht gegenseitig anzustecken. Es gibt aber Berufe, in denen das überhaupt nicht möglich ist. Bei den Friseuren zum Beispiel, die ihre Geschäfte alle schließen mussten. Wie gehen sie mit der momentanen Phase um?
Sandra Jais, Juniorchefin von Friseur Leuthner in Kaufering, hat sich deswegen im Sozialen Netzwerk Facebook mit einem Appell an die Kunden gewandt und um Unterstützung gebeten. „Wir, die Landsberger Friseure, sind immer für Sie da mit Kamm und Schere, aber stets auch mit einem offenen Ohr. Wir kennen Sie in Ihren besten und schlechtesten Momenten und wissen Geschichten von Ihnen, die sie nicht mal Ihren besten Freunden erzählt hätten. Heute benötigen wir Ihr Ohr. Die Corona-Krise werden wir ohne Sie nicht überstehen.“Sie bittet darum, dass die Kunden Gutscheine und Pflegeprodukte kaufen. Sie sei bereit, die entsprechende Beratung „für einen guten Style“zu liefern. Von den ersten Reaktionen auf die Video-Aktion ist sie angetan. Eine einstellige Zahl an Gutscheinen und dreimal Pflegeprodukte hat sie in den vergangenen vier Tagen an Kunden verkaufen können. Inspirieren lassen hat sie sich bei ihrem Video von einer ähnlichen Aktion in Hamburg. Abgesprochen sei die Aktion mit anderen Kollegen nicht, auch wenn alle in dieser Situation vergleichbare Probleme hätten.
Das Geschäft wurde 1984 von Mutter Angelika Leuthner gegründet. Zwei Auszubildende, zwei Voll- und drei Teilzeitkräfte sowie eine Rezeptionistin beschäftigt die 40-jährige Sandra Jais, die seit 1999 im Familienbetrieb mitarbeitet. Einen Monat könne sie finanziell überbrücken, würden die strengen Regeln aber bis in den Mai dauern, werde es schwierig. „Sehr wichtig sind traditionell das Oster- und das Weihnachtsgeschäft, bei dem spürbar mehr Kunden als sonst kommen. Ostern fällt schon mal weg.“
Karlheinz Dittler, Obermeister der Friseurinnung Landsberg und Inhaber eines Geschäfts in Penzing, sagt, dass die meisten Geschäfte seiner Kenntnis nach auf solche Aktionen verzichten. „Gutscheine sind eine Option, aber Produktberatung ist aus meiner Sicht zu aufwendig, zumal man sich ja nicht mit den Kunden treffen soll.“Er rechnet damit, dass es nach der Corona-Krise weniger Friseurgeschäfte im Landkreis geben wird, auch weil es derzeit sehr viele seien. „Gerade den jungen Kollegen fehlen die finanziellen Reserven. Sie trifft es besonders hart.“
Mit der Soforthilfe des Staates für Firmen könnten die Friseure ein oder zwei Monate überbrücken, mehr nicht, glaubt der Penzinger. Er nutzt die aktuelle Lage, um sein Geschäft zu renovieren, das sei unter laufendem Betrieb nicht möglich. „Dank Gewerbeschein und Erlaubnis des Landratsamtes dürfen wir im Baumarkt einkaufen, auch wenn dort wegen der aktuellen Situation keine Beratung stattfindet.“Er hat eine Mitarbeiterin in die
Kurzarbeit geschickt. „Das wollte ich erst nicht, weil ich weiß, dass sie das Geld braucht, aber die Arbeitsagentur hat mir dazu geraten. Ich stocke ihr Gehalt zusätzlich noch auf. Von der Möglichkeit habe ich erst durch die Mitarbeiter der Arbeitsagentur erfahren, die wirklich gut beraten haben. Auch meinen beiden 450-Euro-Kräften zahle ich noch 200 Euro. Damit verbunden ist natürlich die Hoffnung, dass sie mir alle wieder zur Seite stehen, wenn wir das Geschäft wir wieder öffnen können.“
Auch Kollegin Elisabeth Arzberger aus Landsberg versucht, ihre sechs Mitarbeiter zu halten und hat Kurzarbeit und Soforthilfe beantragt. „Es kann wegen der vielen Anträge aber dauern, bis die Behörden meinen Antrag bearbeitet haben.“Derweil laufen Löhne und die Mietzahlungen erst einmal normal weiter. Sollten die strikten Regeln nach dem 19. April noch einmal verlängert werden, werde sie wohl das Gespräch mit dem Vermieter suchen, um Kosten senken zu können, informiert sie.
Arzberger leitet die Anrufe vom Geschäft auf ihren privaten Anschluss weiter, um für die Kunden erreichbar zu sein. Der Verkauf von Farben funktioniere noch einigermaßen,
Wie geht es nach der Krise weiter?
Die Haare soll man nicht selber schneiden
sagt sie. Sie notiere sich die Beträge und lasse diese bezahlen, wenn sich die Lage wieder normalisiert hat. Teils lassen ihr Kunden auch Geldkuverts zukommen. Die Friseurin malert gerade die Aufenthaltsräume neu. Was sie auch häufiger erlebt, ist, dass Kunden nach Tipps fragen, wie sie sich die Haare selber schneiden können. „Davon rate ich aber ab.
Was die Kunden alleine machen könnten, sei, den Haaransatz nachzufärben. Dazu berate ich am Telefon.“Eine andere Option sei, einen Zickzack-Scheitel zu kämmen, sodass der Ansatz nicht so sehr auffällt. Sie empfiehlt zudem, gegen die Wuchsrichtung zu föhnen. Wer etwas Dynamik wolle, könne die Haare in Abschnitte unterteilen und die jeweiligen Partien um den Finger wickeln und dann mit einer Klammer festmachen.
Karlheinz Dittler hofft, dass im Mai die Geschäftsöffnung wieder möglich sein wird, rechnet aber mit Auflagen. „Ich gehe davon aus, dass zunächst die Zahl der Kunden limitiert ist und wir Friseure Handschuhe und Schutzmaske tragen müssen. Letzteres wird wohl auch auf die Kunden zukommen.“Die Hoffnung, dass es bald weitergeht, äußert auch Sandra Jais in ihrem Video. „Es wird eine Zeit nach Corona geben, dann werden wir wieder für Sie da sein und dann werden wir wieder mit Ihnen lachen und weinen.“