Die Justiz ist auch im Corona-Modus
Welche Verhandlungen derzeit noch stattfinden. So gehen Richter und Anwälte mit dem aktuellen Ausnahmezustand um
Landsberg Auch während des Corona-Ausnahmezustands im Land soll keiner seiner gerechten Strafe entkommen. Und deshalb läuft trotz aller Einschränkungen im öffentlichen Leben der Betrieb in der Justiz weiter. Allerdings: Auch im Landsberger Amtsgericht wird abgewogen, was wirklich eilig ist und was nach hinten verschoben werden kann, um nicht unnötige Ansteckungsmöglichkeiten zu schaffen. Pressesprecher Alexander Kessler klärt auf.
Was eilbedürftig ist, lässt sich großteils gut abgrenzen: Zum Beispiel, wenn es um Leben, Freiheit und Gesundheit geht. Das ist in der Regel bei Betreuungs- und Unterbringungssachen oder bei Kindeswohlgefährdungen gegeben, erklärt Kessler. Öffentliche Verhandlungen im Sitzungssaal gibt es dazu nicht, solche Angelegenheiten werden vom Schreibtisch aus entschieden, aber der zuständige Richter muss
Es gibt eilige Sachen und Dinge, die warten können
den Betroffenen in der Regel auch persönlich anhören. Aber ist das derzeit immer möglich, fragt sich Kessler, wenn etwa Krankenhäuser für Außenstehende praktisch abgeriegelt sind.
Eilbedürftig könnten im Einzelfall auch Strafsachen sein, nämlich dann, wenn etwa eine Verjährung drohe. Genauso verhalte es sich bei Haftsachen – also wenn ein Angeklagter bereits in Untersuchungshaft sitzt. Doch das seien eher Angelegenheiten, die das Landgericht betreffen, macht Kessler klar. Gehe es in Verhandlungen um Strafbefehle und kleinere Vergehen, könnten diese auch verschoben werden. Etwas anders sieht Kessler wiederum Fälle, die nach dem Jugendstrafrecht verhandelt werden. „Da geht es um den Erziehungsgedanken und darum, dass die Strafe auf dem Fuß folgen sollte“, gibt Kessler zu bedenken.
Bei vielen Zivilsachen sieht Kessler überwiegend keine Eilbedürftigkeit. Beispiel Mietprozess: „Da spricht einiges dafür, dass das zu denjenigen Sachen gehört, die momentan nicht verhandelt werden müssen.“Anders könne es allerdings wieder aussehen, wenn der Vermieter seinem säumigen Mieter Wasser und Strom abgestellt hat. Andererseits sei es bei einer in einem solchen Fall im Raum stehenden einstweiligen Verfügung aber auch nicht notwendig, öffentlich zu verhandeln.
Bei öffentlichen Verhandlungen gelte es grundsätzlich auch zu bedenken, dass Zeugen geladen werden. Und diese, so Kessler weiter, bräuchten nach den derzeitigen
einen triftigen Grund, um ihre Wohnung verlassen zu können. Kessler fasst daher zusammen: „Die Devise ist, pragmatisch zu verfahren und zu prüfen, was wirklich notwendig ist.“Zwangsversteigerungen gehören dazu beispielsweise nicht. Sie würden auch die Gefahr bergen, dass je nach Bieterinteresse zahlreiche Personen auf engem Raum zusammenkämen. Im Gegensatz zu vielen anderen Behörden ist das Amtsgericht allerdings weiterhin halbtags für den Publikumsverkehr geöffnet. Im Amtsgericht haben ja nicht nur als Prozessbeteiligte zu tun, sondern auch Personen, die beispielsweise einen Erbschein beantragen oder Einsicht ins Grundbuch nehmen wollen. Besucher würden aber am Eingang gefragt, ob in ihrem Fall ihr persönliches Erscheinen wirklich notwendig sei, so Kessler.
Betroffen von den Einschränkungen sind auch die Anwälte, wobei die aktuelle Situation auch eine Chance sei, sagt Marlies Mielke von der Landsberger Kanzlei Kanzlei Dlugosch, Feller, Mielke. „Wir stellen fest, dass es mehr Einigungen ohne Gerichtsverfahren gibt. Etwas, was wir auch sonst anstreben.“Die Kanzlei habe wegen der Auswirkungen des Coronavirus sogar mehr zu tun, berichtet Mielke. Vor allem bei in Trennung lebenden oder geschiedenen Paaren sei die UnsicherAusgangsbeschränkungen heit groß wegen des Themas Kurzarbeit. „Geht ein Partner in Kurzarbeit, hat das Auswirkungen auf die Höhe des Unterhalts.“Mielke hatte auch schon Gerichtstermine, bei denen die Beteiligten dann weiter auseinander gesessen haben als üblich.
Und auf eines müssten Mandanten und Anwälte unbedingt achten: Dass gesetzte Fristen eingehalten werden. Zwar könne eine Verlängerung beantragt werden, die Entscheidung darüber liege aber im Ermessen des Gerichts. Die Kanzlei mit 20 Mitarbeitern habe vorgebaut und drei Teams gebildet, um im Falle einer Infektion eines Mitarbeiters handlungsfähig zu bleiben, sagt Mielke. Eines ist immer in der Kanzlei und die anderen Teams wechseln sich in der Kanzlei beziehungsweise im Home-Office ab.
Im Gericht herrscht weiter Publikumsverkehr