Brexit für die Partnerschaft?
Seit über 20 Jahren kümmert sich der Freundeskreis Ammersee-Windermere in Dießen um die Städtepartnerschaft. Jetzt droht dem Verein allerdings das Aus
Dießen Der Freundeskreis Ammersee-Windermere (FAW) hat seinen Mitgliedern und Freunden in den vergangenen 20 Jahren viele schöne Veranstaltungen, unvergessliche Reisen und interessante Begegnungen mit Menschen aus der Partnerstadt am Lake District beschert. Im Sommer 2018 wurde mit zahlreichen Gästen aus Windermere mit einem bunten Programm das 20-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft gefeiert. Nun, so scheint es, steht der Verein vor der Auflösung, oder besteht noch Hoffnung?
Vor Kurzem lud Dieter Hardt, der Vorsitzende des FAW, zur Jahresversammlung ein, die auf den 3. April terminiert war. In diesem Zusammenhang wandte er sich mit einem Schreiben an die rund 120 Mitglieder: Wie bereits im Rahmen der Jahresversammlung im Frühjahr 2019 würden er und seine Vertreterin, Christiane Haines, nicht mehr antreten – aus Gesundheits- und aus Altersgründen, wie Hardt auf Anfrage unserer Zeitung erklärte.
Trotz vieler Gespräche mit Mitgliedern habe sich bisher niemand gefunden, der bereit wäre, sich als Vorsitzender zur Wahl zu stellen. Wegen der Corona-Krise wurde die Versammlung nun auf unbestimmte Zeit verschoben, dadurch haben alle Mitglieder und solche, die es gerne werden würden, noch etwas Zeit, sich diese Frage erneut zu stellen. Dieter Hardt betont: „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir die Auflösung verhindern können.“
Hardt engagiert sich seit vielen Jahren im Vorstand des FAW, seit 2012 als Vorsitzender, und er erinnert sich gerne an die Gründungsgeschichte. Es sei der ehemalige Grünen-Gemeinderat James Orrom gewesen, der in den 90er-Jahren mit seiner Familie nach Dießen zog. Orrom stammt aus dem Lake District und er sei über die landschaftlichen und kulturellen Ähnlichkeiten seiner früheren und seiner neuen Heimat verblüfft gewesen. Im Gemeinderat habe er schließlich die Gründung einer Städtepartnerschaft an
Ein Partnerschaftsvertrag wurde unterzeichnet, in Dießen gründete sich der FAW und in Windermere die Twinning Association, die ebenfalls bis heute besteht. Veranstaltungsreihen wie die „Britische Woche“entstanden, ein reger Reiseund Kulturaustausch begann, und jedes Jahr freut man sich in Dießen in der Weihnachtszeit auf das „Christmas Dinner“.
Bis heute verbringt die achte Jahrgangsstufe der Carl-Orff-Schule jedes Jahr eine Woche in der Partnerstadt. In den Seeanlagen gibt es einen stattlichen Baum, der anlässlich der Gründung der Städtepartnerschaft gepflanzt wurde, und es gibt eine „Windermere Straße“ebenso wie es in Windermere die „Dießen Promenade“gibt. In der Mühlstraße steht eine nostalgische englische Telefonzelle im typischen
Ein in Dießen lebender Brite hatte die Idee
„Royal Red“, die heute als Büchertauschbörse genutzt wird, und über die Jahre entstanden viele persönliche Freundschaften zwischen Einwohnern von Dießen und Windermere, die Dieter Hardt keinesfalls missen möchte. „Der Brexit ist nicht der Grund für unsere Probleme“, sagt er. Allerdings räumt Hardt ein, werde es in Zukunft wohl kaum noch möglich sein, EU-Fördergelder für die Städtepartnerschaft zu bekommen.
Ideal wäre es, so Hardt, wenn sich jüngere Leute mit Familie für die Vorstandsarbeit erwärmen könnten. Sollte das nicht gelingen und sich auch niemand aus den eigenen Reigeregt. hen finden, werde sich der Verein wohl auflösen. Dann werde voraussichtlich „Plan B“in Kraft treten, so Hardt. „Vermutlich würden sich wohl einige Mitglieder zusammentun, um als loses Partnerschaftskomitee zumindest einige Inhalte des Vereins, wie zum Beispiel den Reading Club oder das Get Together weiter zu pflegen“. Allerdings, so Hardt, ohne den bürokratischen Aufwand und die Verbindlichkeit, die ein gemeinnütziger Verein mit sich bringe. In diesem Fall würde sich vermutlich auch die Twinning Association in Windermere bald auflösen. „Die haben ähnliche Probleme wie wir, es fehlt an jüngeren Leuten, die hinter der Idee stehen und die Städtepartnerschaft weiter pflegen wollen.“Auch die Vorsitzende der Twinning Asscociation, Jenny Borer, ist bereits über 80.
Löst sich im Ernstfall auch der britische Klub auf?