Der „Maskenmann“von Jena
Wie Oberbürgermeister Thomas Nitzsche durch seine Aktion zur Mundschutzpflicht bekannt wurde
Jena Klingen die Schlagzeilen nicht irgendwie vertraut? „Er war der Erste, der weitgehende Kontaktverbote im öffentlichen Raum durchgesetzt hat“. „Wieder ist er vorgeprescht, in den deutschlandweiten Nachrichten war er ein gefragter Mann“. Nein, nicht der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist gemeint, es geht um den Oberbürgermeister der Stadt Jena in Thüringen: Bei der Einführung von Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus, drängelt kaum ein Politiker stärker, entscheidet kaum ein kommunaler Amtsträger schneller als Thomas Nitzsche.
Außerhalb von Thüringen wäre das vielleicht gar nicht so sehr aufgefallen. Doch dann kam der 44-Jährige auf die Idee, die Aktion „Jena zeigt Maske“zu starten. In der 110000-Einwohner-Stadt, die als einer der profiliertesten Wissenschaftsstandorte im Osten Deutschlands gilt, soll jetzt stufenweise das Tragen eines Mundschutzes aus Stoff oder Papier im öffentlichen Raum Pflicht sein – also zum Beispiel in Straßenbahnen, Bussen oder Supermärkten. Konsequent, dass der Liberale bei seinen Statements vor den TV-Kameras meist selber Mund und Nase mit einer Maske verbarg. Auch wenn das manchmal ein wenig linkisch aussah, weil die
Bändchen der Maske etwas unorthodox verknotet waren: Entschlossenheit vermittelten die Auftritte allemal. Medienwirksam war auch die mitunter harsche Kritik an dem Rathauschef. Die Maskenpflicht sei Verschwendung woanders dringend benötigter Ressourcen, wurde ihm vorgehalten.
Offensichtlich hatte sich Nitzsche bei seinem Coup vom österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz inspirieren lassen, der wenige Tage zuvor eine ähnliche Anordnung verkündet hatte. Es gibt weitere Parallelen. Der Jenaer, der 2018 völlig überraschend zum Oberbürgermeister gewählt wurde, gilt als offen, jovial, aber bisweilen auch eine Spur zu umtriebig – ein bisschen so wie Kurz oder Söder vor der einsetzenden Reifephase.
Selbstredend war der verheiratete Vater zweier Kinder auch vor zwei Wochen vorne mit dabei, als es galt, die Reduzierung der Kontakte nach dem Motto ,Drei sind schon einer zu viel‘ in eine Verordnung zu gießen. Doch nachdem er Schilder aufstellen ließ, um das Sitzen auf Bänken zu untersagen, gab es harsche Reaktionen der Jenaer. Nitzsche ruderte zurück. Für Aufsehen sorgte auch, dass er samt Planungsstab nach einem positiven Test im Team zeitweilig in Quarantäne musste.
Von Thomas Nitzsche wird man wohl noch einiges hören.