Steinmeier macht den Mutmacher
Wie der Präsident auf Krisenmodus schaltet
Berlin Eigentlich wollte er gerade weit weg sein. Eine Reise nach Mexiko und Costa Rica stand in dieser Woche im Terminkalender von Frank-Walter Steinmeier. Doch auch der Bundespräsident befindet sich im Corona-Krisenmodus. Die Mexiko-Reise ist genauso gestrichen wie ein Staatsbesuch in Israel Ende April und alle Termine in Deutschland. Stattdessen muss der Bundespräsident zu Hause als Mutmacher ran: „Zeigen wir einander doch das Beste in uns – zeigen wir Mitmenschlichkeit, zeigen wir Solidarität“, sagte er am Donnerstag in einer Videobotschaft an die Nation.
„Wenn wir das miteinander schaffen, dann zerfällt unsere Gesellschaft nicht in dieser Krise, sondern im Gegenteil: Dann wächst sie enger zusammen“, betonte er. „Wir sind vielleicht zur Isolation verdammt – aber nicht zur Untätigkeit.“Jeder und jede könne helfen. Dies könne ein Einkauf für ältere Nachbarn sein, ein Anruf bei der Familie, eine GuteNacht-Geschichte für die Enkel übers Telefon oder Briefe an Verwandte in Pflegeheimen, die man jetzt nicht besuchen dürfe.
Menschen zusammenbringen, Gespräche führen, Reden halten, mahnen, appellieren, ermutigen, das ist das Instrumentarium, das ein Bundespräsident hat – und Steinmeier nutzt es anders. Er telefoniert viel mit Staatsoberhäuptern, aber auch mit Fachleuten wie Medizinern, Virologen, Volkswirten, aber auch mit Telefonseelsorgerinnen. Auch Naciye Arslanoglu erhielt einen Anruf des Bundespräsidenten. Ihr gehört die Rosen-Apotheke in Nagold bei Stuttgart. Als Erstes habe er wissen wollen, ob sich die Kunden an die Sicherheitsbestimmungen hielten und wie das Gemüt der Kunden ist, berichtet die Apothekerin. „Und ob wir tatsächlich Lieferengpässe haben.“Dabei konnte sie ihm keine beruhigende Antwort geben. Lieferengpässe habe es zwar schon vor Corona gegeben. „Aber das hat sich mit der Krise noch mehr zugespitzt.“
Ulrich Steinkohl, dpa