Ein gestopfter Klub kommt zur Vernunft
Ja kriegen die ihren Hals nie voll genug? 82 Trilliarden zahlen die privaten Fernsehsender geschätzt den englischen Fußballklubs, damit sich dessen Millionäre die tägliche Wassersuppe leisten können. Und in der Corona-Krise wollten die Herren aus der Chefetage des Klubs von Trainer Jürgen Klopp auch noch kräftig zulangen.
Am vergangenen Freitag schickte der FCL zahlreiche Mitarbeiter in den Zwangsurlaub. Der Klub nutzte ein Programm der Regierung zur Rettung von Arbeitsplätzen, indem 80 Prozent der Löhne vom Staat übernommen werden. Den Rest steuert der Klub bei, damit die Angestellten keine finanziellen Nachteile erleiden. Zuvor hatten bereits die Ligarivalen Tottenham Hotspur, Norwich City, Newcastle United und AFC Bournemouth ähnlich verfahren.
Offenbar kennen die Bosse der Bälle kein Schamgefühl. Kaum sehen sie nach Jahrzehnten des Booms und dank der ewig sprudelnden Quelle der Fernseheinnahmen ihre Geschäftsgrundlage auch nur ansatzweise in Gefahr, schon schreien sie nach dem Staat, der sich in England traditionell vornehm zurückhält. Jetzt, da wirklich alle in der Gesellschaft ihre Ansprüche herunterschrauben müssen und Friseure, Taxifahrer und Facharbeiter auf jedes Pfund angewiesen sind, machten die Fußball-Bosse die Hand auf und wollten beim stattlichen Programm mit abgreifen.
Es hagelte Kritik. „Das widerspricht der Moral und den Werten dieses Klubs, wie ich sie kennengelernt habe“, twitterte Ex-Spieler Dietmar Hamann. Der ehemalige Liverpool-Profi Jamie Carraghar fand es schwach. Und ein anonym bleibender Klub-Angestellter sagte dem englischen Sender BBC: „Der Klub bezeichnet die Mitarbeiter als Familie. Ich fühle mich nicht wie ein Familienmitglied. Warum nutzt ein Klub, der mehr als 100 Millionen Pfund umsetzt, ein Regierungsprogramm für seine Mitarbeiter, wenn andere Unternehmen es mehr brauchen?“
Gestern nun ruderte der Liverpool-Vorsitzende Peter Moore hastig zurück und entschuldigte sich mit den Worten, dass Liverpool „letzte Woche zum falschen Schluss gekommen ist“. Moore erklärte, Liverpool werde nun nach Alternativen suchen, um die CoronavirusKrise zu überstehen. Allerdings warnte er auch vor nie da gewesenen Verlusten für den Verein, denn nun fallen die Einnahmen weg, während die Ausgaben bleiben.
Nun ja Liverpool, willkommen in der Welt der Normalbürger. In letzter Sekunde scheint eine über Jahre gestopfte und maßlos überbezahlte Branche zur Vernunft zu kommen.