Der OB nimmt Abschied
Acht Jahre war Mathias Neuner (CSU) Oberbürgermeister von Landsberg. Die Bürger haben ihn abgewählt. Wie er damit umgeht, welche Zukunftspläne er hat und was sein schönstes Erlebnis als OB war, erzählt er im LT
Am Donnerstag hat Mathias Neuner seinen letzten Arbeitstag als Oberbürgermeister in Landsberg. Im Interview mit dem LT hat er auch darüber gesprochen.
Herr Neuner, heute ist Ihr letzter Tag als Oberbürgermeister. Können Sie sich noch an Ihren ersten erinnern?
Neuner: Das war der 1. Mai 2012. Mein erster Termin war das Maibaumaufstellen in Ellighofen. Der Zweite Bürgermeister Norbert Kreuzer hat mir dort die Schlüssel für die Stadtverwaltung übergeben. Am Tag danach war ich um 8 Uhr im Büro und habe mir erklären lassen, was ein Oberbürgermeister eigentlich macht.
Und was machen Sie heute, an Ihrem letzten Tag?
Neuner: Der große Abschied fällt wegen der Corona-Pandemie leider aus und so werde ich nur zu einigen wenigen Servus sagen können. Ich will mich aber bei einer der nächsten Personalversammlungen von allen Mitarbeitern verabschieden. Ich habe viele nette Menschen kennenlernen dürfen, bei denen ich mich auch bedanken möchte.
Haben Sie sich die Arbeit eines Oberbürgermeisters so vorgestellt?
Neuner: Nein. Aber man wächst mit seiner Aufgabe. Sie ist anspruchsvoll und sehr zeitintensiv. Jeder will mit dir sprechen, Mitarbeiter, Stadträte und Bürger. Du bist ein Zuhörer und ein Entscheider. Dann hast Du den ganzen Tag Besprechungen und Sitzungen. Und ich hatte oft über Wochen jeden Abend – auch Samstag und Sonntag – Termine.
Wurde das irgendwann zu viel?
Neuner: Ich hatte Phasen, da habe ich kaum geschlafen. Das war keine einfache Zeit. Jetzt schlafe ich endlich wieder durch. Mein Bio-Rhythmus ist wieder im Takt.
Wie hat Ihre Familie reagiert?
Neuner: Meine Frau hat mir den Rücken freigehalten. Ohne sie wäre das nicht gegangen. Hätte ich mich zwischen der Familie und dem Amt entscheiden müssen, hätte ich die Familie gewählt.
Was war Ihr schönstes Erlebnis als Oberbürgermeister?
Neuner: Als der Stadtrat einstimmig für den Start des Urbanen Lebens am Papierbach gestimmt hat. Wir haben lange daraufhin gearbeitet. An dem Abend war mir klar, dass etwas großes passiert, etwas, das bleibt, und die Brücke wird bleiben.
Hat Ihnen die Diskussion um den neuen Lechsteg geschadet?
Neuner: Ich habe mir im Wahlkampf gesagt: Die Brücke ist wichtiger als die Tatsache, dass ich Oberbürgermeister bin. Ich wollte mich nicht verbiegen und habe immer das gesagt, was ich für richtig halte.
Haben Sie in Ihrer Amtszeit Fehler gemacht?
Neuner: Sicher. Ich bin am Anfang auch in politische Fettnäpfchen getreten. Die Kündigung des Blumenladens am Klostereck würde ich heute nicht mehr so machen, obwohl wir einen einstimmigen Stadtratsbeschluss dazu gefasst hatten.
Was werden Sie vermissen?
Neuner: Mein direktes Arbeitsumfeld, wie zum Beispiel meine Sekretärinnen oder die Abteilungsleiter. Ich wollte nie ein klassisches Chef
Angestellten-Verhältnis. Wir hatten einen offenen Umgang, jeder durfte sagen, was ihn stört.
Was werden Sie nicht vermissen?
Neuner: Die vielen langen Sitzungen und Besprechungen.
Auf was freuen Sie sich in den nächsten Monaten?
Neuner: Ich kann wieder als Bauingenieur arbeiten. Ich habe acht Jahre lang kein Haus mehr gebaut. Das werde ich jetzt tun. Es gibt schon ein Grundstück und einen Plan im Kopf für ein Haus.
Wie blicken Sie auf die vergangenen acht Jahre zurück?
Neuner: Es war eine spannende und schöne Zeit, die mich persönlich weitergebracht hat. Es hat mich mit Stolz erfüllt, meine Heimatstadt zu repräsentieren.
Schmerzt der Abschied da nicht umso mehr. Sie sind ja mit deutlicher Mehrheit abgewählt worden?
Neuner: Darauf konnte ich mich nach der ersten Wahl vorbereiten. Mir war klar, dass ich in der Stichwahl verlieren würde. Meine Frau hat mir am Abend der Stichwahl ein Fotobuch mit Erinnerungen an meine Amtszeit geschenkt. Das war ein bewegender Augenblick. Zwei Tage nach der Stichwahl war das Thema durch. Ich blicke jetzt nach vorne.
Zum Ende ihrer Amtszeit trifft die Corona-Krise auch die Stadt Landsberg. Machen Sie sich deswegen Sorgen?
Neuner: Ich mache mir ganz allgemein große Sorgen um unsere Zukunft und wie es weitergeht. Die sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Krise sind erheblich. Das wird auch an den Kommunen nicht spurlos vorübergehen.
Auch an Landsberg nicht?
Neuner: Landsberg ist finanziell gut aufgestellt. Wenn jemand Handlungsspielraum hat, dann Städte wie Landsberg. Aber es wird eine Zeit der Einschnitte geben.
Das erinnert an Ihren Start als Oberbürgermeister im Jahr 2012?
Neuner: Ja, der Start war ähnlich. Wir mussten den Gürtel enger schnallen und unpopuläre Entscheidungen treffen. Doch es hat funktioniert, weil 2013 und 2014 die Steuereinnahmen gestiegen sind.
Und jetzt?
Neuner: Die Steuereinnahmen werden sinken. Schon heuer. Im Haushalt sind rund 30 Millionen Euro Gewerbesteuer eingeplant, die so wohl nicht kommen werden.
Dabei muss viel investiert werden?
Neuner: Landsberg braucht vor allem Krippenplätze, Grundschulen müssen saniert werden genauso wie das Inselbad oder das Neue Stadtmuseum. Der neue Stadtrat wird sich entscheiden müssen, was geht und was nicht.
Sie werden diese Entscheidungen nicht mehr treffen. Ihr Stadtrats- und Kreistagsmandat nehmen Sie nicht wahr. Sind Sie raus aus der Politik?
Neuner: Erst mal ja.
Wie wollen Sie ihre neu gewonnene Freizeit nutzen?
Neuner: Unser großes Hobby ist das Reisen. Wenn das wieder möglich ist, wäre es schön, einfach mal ein Wochenende mit dem Wohnmobil an einen See zu fahren. Das haben wir in den vergangenen acht Jahren nie geschafft.
Interview: Thomas Wunder O Person Mathias Neuner ist 53 Jahre alt. Im Jahr 2012 setzte er sich in der Stichwahl gegen Ludwig Hartmann (Grüne) durch und wurde Nachfolger von Oberbürgermeister Ingo Lehmann (SPD). Der CSU-Politiker ist verheiratet und Vater von drei Kindern (24, 22 und 12). Er ist in Landsberg geboren, ging hier zur Schule und machte im Jahr 1989 das Fachabitur an der Fachoberschule in Kaufbeuren. Danach studierte er und machte Abschlüsse als Bauingenieur und Wirtschaftsingenieur. Ehe er sich 1994 selbstständig machte, arbeitete er als Bauleiter.