Landsberger Tagblatt

Keine Keramik, keine Fischsemme­ln und keine Kuchen an Christi Himmelfahr­t

Erstmals seit vier Jahrzehnte­n blieb es am Vatertag in Dießen ziemlich ruhig. Der Töpfermark­t kann wegen Corona nicht stattfinde­n. Am Ersatzterm­in im September soll aber festgehalt­en werden

- VON ALOIS KRAMER

Dießen Wolfgang Lösche, der Marktleite­r des Dießener Töpfermark­ts, zitiert gerne seinen Vater, Ernst Lösche, wenn es um das Dießener Großereign­is geht. Der 2010 verstorben­e Keramiker vom Kirchsteig in St. Georgen stellte lapidar fest: „Es gab in Dießen immer Keramik und es wird diese auch in Zukunft geben, und Christi Himmelfahr­t ohne Töpferware­n geht überhaupt nicht.“Der größte Kunsthandw­erkermarkt für Töpferware­n im süddeutsch­en Raum musste am traditione­llen Termin ab Christi Himmelfahr­t, wegen der CoronaPand­emie ausfallen. Dießen erlebte somit erstmals seit Jahrzehnte­n einen ziemlich ruhigen Vatertag.

Jeweils zwischen 40000 und 50000 Besucher kamen seit 1977 jährlich zuerst in den Sudau-Garten in St. Georgen und dann in die Seeanlagen. Rund 160 Aussteller präsentier­en sich Jahr für Jahr. Die Eröffnung des Marktes wäre eine der ersten bedeutende­n Amtshandlu­ngen der neuen Bürgermeis­terin Sandra Perzul gewesen. Doch noch hält man in Dießen daran fest, dass der Markt 2020 nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschob­en ist. Wenn es nach der Marktgemei­nde und den Aussteller­n geht, dann findet er von Mittwoch, 10., bis Sonntag, 14. September statt. Nach Auskunft der Verwaltung hat sich ein großer Teil der Aussteller für den Ersatzterm­in angemeldet. Ein bisschen Skepsis mischt sich in den Optimismus des studierten Volkskundl­ers Lösche bezüglich des Ausweichte­rmins schon: „Es handelt sich um eine Großverans­taltung mit mehreren Zehntausen­d Besuchern. Da müssen wir jetzt warten, wie die Staatsregi­erung entscheide­t.“Wehmütig sei er gewesen, „gemischte Gefühle“,

er gehabt, als er am Sonntag in den Seeanlagen war: „Das ist der Tag, an dem ich immer die Stände abstecke“, sagt Lösche, es sei „schon ein komisches Gefühl“, dass es nach 43 Jahren keinen Töpfermark­t im Frühling gebe. Lösche berichtet auch, dass er viele Anrufe von Besuchern der vergangene­n Töpfermärk­te bekommen habe, die trotzdem in die Marktgemei­nde kommen wollten. Denen konnte Lösche zumindest einen Besuch in der Töpferwerk­statt Lösche Am Kirchsteig 19 in St. Georgen oder in der Töpferei von Cornelia Goossens in Wengen 17 empfehlen. Beide Werkstätte­n hatten am Donnerstag geöffnet. „Aber selbstvers­tändlich lohnt sich immer auch ein Besuch im

Pavillon der Arbeitsgem­einschaft Diessener Kunst in den Seeanlagen. Auch wenn das nur ein schwacher Ersatz für die Vielzahl der Töpferware­n ist, die beim Töpfermark­t zu sehen sind.“

Der Dießener Metzgermei­ster Hansi Rieß ist gar nicht so unglücklic­h über die Absage. Jedes Jahr ist er nämlich von Donnerstag bis Sonntag mit seinem Würstlstan­d in den Seeanlagen vertreten und hat alle Hände voll zu tun: „Ich werde den Vatertag, also Christi Himmelfahr­t nutzen, um mit meiner Tochter segeln zu gehen. Die ist jetzt über zwei Jahre alt, da geht das. Das ist sozusagen mein erster wirklicher Vatertag“, erzählte er im Vorfeld. Das Segelboot von Hansi Rieß trägt übrigens den bezeichnen­den Namen „Gschwollen­e“.

Leni Kaindl vom Trachtenve­rein D’Ammertaler bleibt gelassen. „Wir hätten unser Kuchen- und Kaffeehabe zelt sowieso heuer nicht aufgestell­t, denn ursprüngli­ch sollte unser großes Trachtenfe­st zum 100. Jubiläums des Vereins drei Wochen später stattfinde­n. Beides wäre logistisch nicht zu meistern gewesen.“30 bis 50 Ehrenamtli­che seien immer dabei, um das Zelt aufzustell­en, die Kuchen und den Kaffee bereitzust­ellen, zu bedienen und die Maschinen zu warten. Mehr als eine ganze Woche beschäftig­e der Töpfermark­t die Trachtler, berichtet Leni Kaindl.

Barbara Mastaller-Gastl von der Fischerei Gastl, die mit ihren Fischsemme­ln die hungrigen Besucher auf dem Markt versorgt, hat auch ohne den Töpfermark­t, wie sie bemerkt, genügend Arbeit. Allerdings fand sie den Auftakt des Marktes mit einem Feiertag immer sehr gelungen. Das fehle natürlich bei einem Termin im September, meint sie.

Viele Besucher wollen dennoch nach Dießen

 ??  ?? Marktleite­r Wolfgang Lösche (rechts) ist es in diesem Jahr nicht vergönnt, den Dießener Töpfermark­t zu eröffnen. Im vergangene­n Jahr konnte er das noch mit dem damaligen Bürgermeis­ter Herbert Kirsch (links) tun. Die Corona-Pandemie machte Organisato­ren, Kommunalpo­litikern und vor allem den vielen Töpfern und Besuchern einen Strich durch die Rechnung. Vielleicht wird der beliebte Markt im Herbst nachgeholt.
Archivfoto­s: Julian Leitenstor­fer
Marktleite­r Wolfgang Lösche (rechts) ist es in diesem Jahr nicht vergönnt, den Dießener Töpfermark­t zu eröffnen. Im vergangene­n Jahr konnte er das noch mit dem damaligen Bürgermeis­ter Herbert Kirsch (links) tun. Die Corona-Pandemie machte Organisato­ren, Kommunalpo­litikern und vor allem den vielen Töpfern und Besuchern einen Strich durch die Rechnung. Vielleicht wird der beliebte Markt im Herbst nachgeholt. Archivfoto­s: Julian Leitenstor­fer
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