Landsberger Tagblatt

Vom Zahnarzt, der einmal Bäcker war

Sie gehören dem neuen Stadtrat an und werden die nächsten sechs Jahre die Geschicke der Stadt Landsberg bestimmen. Das stellt die neuen Mandatsträ­ger in einer Serie vor: Heute Dr. Georg Bayer (CSU)

- VON SILKE FELTES

Landsberg „Endlich jemand aus der Wirtschaft“, „endlich ein erfolgreic­her Selbststän­diger“. Das hätten ihm unzählige Bürger gesagt, als sie ihm zur Wahl in den neuen Landsberge­r Stadtrat gratuliert­en. Dr. Georg Bayer hatte nicht viel Wahlwerbun­g gemacht und dennoch – zu seiner eigenen Überraschu­ng – innerhalb der Landsberge­r CSU das fünftbeste Wahlergebn­is eingefahre­n. Wirtschaft und Gesundheit sind seine Themen, doch wird er sich in der „aktuellen Krisensitu­ation“seinem „Naturell entspreche­nd“in allen notwendige­n Themen „voll einbringen“. Denn, so Bayer weiter: „Wenn man hier so tiefe Wurzel geschlagen und dieser Stadt so viel zu verdanken hat, möchte man gerne etwas zurückgebe­n.“Dem LT erzählt der Zahnarzt und Implantolo­ge aus seinem Leben.

Der erste Patient, dem er ein Implantat gesetzt hat, war sein eigener Vater. Das war in den frühen 80erJahren, die Geschichte der modernen zahnärztli­chen Implantolo­gie hatte gerade erst begonnen. Georg Bayer war gegen den ausgesproc­henen Willen seines Vaters Zahnarzt geworden und konnte den vorwurfsvo­llen Blick des Vaters nicht ertragen, der nach jedem Essensgang leidend zur Toilette schlurfte, um sein Haftgebiss zu reinigen. So war das damals bei den älteren Menschen, die ihre Zähne gegen die sogenannte­n „dritten Zähne“tauschen mussten. Haftcreme, die nicht haftete, und entzündete­s Zahnfleisc­h durch schlecht sitzende Gebisse. In einen Apfel konnte man damit nicht beißen.

Heute, 40 Jahre später, gibt es für fast jedes zahnärztli­che Problem eine Lösung und die Technik und Handwerksk­unst der Zahnchirur­gie und -implantolo­gie hat sich extrem weiterentw­ickelt. Eine der eigenen Angaben nach deutschlan­dweit größten Praxen, die sich auf Implantate spezialisi­ert hat, befindet sich in Landsberg, direkt über der Post, mit Blick auf das Lechwehr: Dr. Bayer und Kollegen. 16 Behandlung­szimmer, zwölf Zahnärzte (davon fünf Teilhaber), insgesamt 83 Angestellt­e und somit der größte Arbeitgebe­r von Landsbergs Innenstadt, wie Georg Bayer, der Gründer der Praxis, stolz sagt.

Dabei fing alles ganz klein an. Georg Alois Bayer stammt aus einer Oberpfälze­r Bäckerfami­lie. Der Bub geht auf die Realschule und soll Bäcker werden, bestimmte der Vater. Ein befreundet­er Lehrer hätte dem Vater beim Schafkopfe­n gesteckt, der Junge sei gescheit. Widerwilli­g hätte dieser zugestimmt, den Buben nach der Realschule aufs Gymnasium zu schicken, aber nur, wenn er gleichzeit­ig eine Bäckerlehr­e absolviere. 1971 hatte er dann beides in der Tasche – Abitur und den Gesellenbr­ief als Bäckerhelf­er.

Diese Vergangenh­eit führte im Übrigen dazu, dass Jahrzehnte später, als Georg Bayer in Landsberg bereits ein renommiert­er Zahnchirur­g war, der ehemalige Oberbürger­meister Hanns Hamberger eine Wette verlor und die Zeche für eine große Runde übernehmen musste. Er konnte einfach nicht glauben, dass Bayer tatsächlic­h offiziell auch das Bäckerhand­werk beherrscht­e.

Nach dem Abitur stand eigentlich Jura auf dem Plan, doch ein Cousin, ebenfalls Zahnarzt, überzeugte den jungen Bayer davon. „Es hat mich schon begeistert, wie schnell man Menschen helfen kann, schmerzfre­i zu werden. Außerdem habe ich als Bäcker beim Zahnarzt auch das Handwerkli­che und Kreative gesehen.“Also ging Bayer nach Berlin und studierte Zahnmedizi­n. Der Vater war immer noch nicht begeistert. „Wie kann man nur anderen ins stinkerte Maul schauen?“, habe er damals gesagt. Assistente­nstellen folgten, „das Operieren machte mir Spaß“und bei einer Praxisvert­retung in Tutzing merkte Georg Bayer, dass ihm Oberbayern deutlich besser gefällt als die Oberpfalz.

Als Dr. Tertullian Schindler einen Nachfolger für seine Praxis suchte und Georg Bayer das erste

Mal Landsberg besuchte, sagte er noch am selben Tag zu und wurde so mit 27 Jahren 1979 einer der damals jüngsten niedergela­ssenen Zahnärzte Bayerns. Mit zwei Assistente­n und einem Lehrling übernahm Bayer die kleine Praxis im heutigen CAP-Markt. Zehn Jahre später zog man auf die andere Straßensei­te, und seit 2002 residiert die nun zur Klinik erweiterte Praxis in den Jugendstil­räumen oberhalb der Post.

Gerade kommt Georg Bayer von einem internatio­nalen Kongress aus Chang Mai in Thailand zurück. Der 68-Jährige ist auf seinem Spezialgeb­iet der Implantolo­gie ein beliebter Vortragsre­dner und Ausbilder. Bei Live-OPs, Vorträgen und Kursen bei Dentalkong­ressen gibt Bayer weltweit sein Wissen weiter. Nicht selten kommen auch ausländisc­he Delegation­en in die Praxis und schauen dem Kollegen bei der Arbeit zu.

Georg Bayer kann auf mehr als 20000 gesetzte Implantate zurückblic­ken, wie er sagt, und hat mit seinen 68 Jahren noch lange nicht vor,

Der Vater bestand auf der Bäckerlehr­e

Der Ruhestand ist für ihn noch kein Thema

sich zur Ruhe zu setzen. Denn: „So lange es Spaß macht und ich meiner Erwartungs­haltung an mich selbst gerecht werde, warum sollte ich aufhören?“

Ruhiger lässt er es dennoch angehen. Nach einem schweren Unfall vor sechs Jahren, bei dem „mein Leben auf der Kippe stand“, hat er seinen Anteil an der Praxis verkauft und ist nunmehr angestellt­er Zahnarzt ohne Verantwort­ung für das Alltagsges­chäft und Mitarbeite­r. Auch Georg Bayers Vater war schließlic­h vom Talent und Weg seines Sohnes überzeugt. Gebiss raus, Implantate rein und – wenn alles gut läuft – heißt das, so Bayer: neue Lebensqual­ität. Neben Beruf, Familie (er ist Vater zweier Kinder) und Hobbys (Angeln, Reisen und „unglaublic­h viel Lesen“) dürfte ihm nicht langweilig werden. Es gibt ja jetzt auch noch die Politik für ihn.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Dr. Georg Bayer praktizier­t seit Ende der 70er-Jahre in Landsberg. Der Zahnarzt und Implantolo­ge hat jetzt ein neues Betätigung­sfeld – er ist Mitglied des neuen Stadtrats.
Foto: Thorsten Jordan Dr. Georg Bayer praktizier­t seit Ende der 70er-Jahre in Landsberg. Der Zahnarzt und Implantolo­ge hat jetzt ein neues Betätigung­sfeld – er ist Mitglied des neuen Stadtrats.

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