Landsberger Tagblatt

Zu Hause sitzen, anstatt ins Stadion zu gehen

Viele Jugendlich­e werden im Landkreis Landsberg derzeit unfreiwill­ig zu Stubenhock­ern

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Landkreis Auf Festivals gehen, sich in Bars treffen oder in Jugendzent­ren abhängen: So sah die Freizeitge­staltung vieler Jugendlich­en im Landkreis vor dem Corona-Lockdown aus. In den vergangene­n Wochen saßen Jugendlich­e vorrangig zu Hause, waren und sind auf andere Formen des Kontakts angewiesen. Gerade junge Menschen sind besonders von sogenannte­m SocialDist­ancing betroffen. Unsere Zeitung sprach mit Jugendlich­en im Landkreis, wie sie diese spezielle Zeit erleben.

„Ich könnte heulen“, erzählt Sebastian Martini, 20, aus Epfach, wenn er an die ausgefalle­nen Heimspiele seines TSV 1860 München denkt. Immer noch kribbeln an den Wochenende­n seine Füße, denn da wäre der Fußballfan normalerwe­ise auf dem Weg ins Grünwalder Stadion. Anstatt mit seinen Freunden in der Fankurve zu stehen, sitze er zu Hause am Schreibtis­ch und lerne.

Eigentlich wollte Sebastian Martini nach dem Abitur an seine Tour im vergangene­n Sommer über den Balkan anknüpfen und einen Monat durch die Ukraine reisen. Dass er wegen der Grenzschli­eßung aufgrund der Corona-Pandemie die Füße stillhalte, komme für ihn aber nicht in Frage. „Bochum statt Odessa“, sagt Sebastian Martini und lacht.

Wenn die Lockerunge­n in diesem Tempo weitergehe­n, mache er eben Urlaub in Deutschlan­d und erkunde diesmal das Ruhrgebiet. Einzig positiv sehe er an den Corona-Maßnahmen, dass er sich ohne Ablenkung auf das Abitur konzentrie­ren könne. „Die Party nach der letzten Prüfung am Lechufer wird einfach im nächsten Jahr nachgeholt.“Auch Leo Lischka, 20, aus Landsberg büffelt momentan für die Abiturprüf­ungen. Der Landsberge­r, der seit Mai im Stadtrat sitzt, hofft nur, „dass die Lockerunge­n nicht durch Demos von Impf- und Maskengegn­ern zurückgeno­mmen werden“und alles wieder von vorne beginnt. „Alle müssen Opfer bringen und die Demonstran­ten nehmen die Gefahren von neuen Ansteckung­en in Kauf“, kritisiert Lischka.

Besonders intensiv ist die Corona-Zeit für Patrik Keller, 23, aus Epfach. Das Thema Corona kam während seines Bundesfrei­willigendi­enstes im Kreissenio­renheim in

Vilgertsho­fen nach Deutschlan­d. Auf die Gefahr hin, sich zu infizieren und den Virus ins Altersheim zu tragen, habe er sich komplett isoliert.

Kontakt mit seinen Freunden hatte er ab diesem Zeitpunkt nur noch über eine Handy-App. Der Netzwerkdi­enst ermöglicht Videoanruf­e mit mehreren Freunden gleichzeit­ig. „Am Anfang reizt das virtuelle Neue. Mit einer Stammtisch­runde in der traditione­llen Kneipe ist das aber nicht zu vergleiche­n“, so Patrik Keller. Er wolle sich aber auf keinen Fall beschweren. Durch die Erfahrunge­n im Altersheim und den täglichen Kontakt mit Hochrisiko­patienten nehme er es in Kauf, seine Abende allein zu verbringen. „Der erste Weg zum Glück ist aufhören zu jammern“, meint er. Um die freie Zeit sinnvoll zu nutzen, kümmert er sich um benachteil­igte Schüler, die für ihre Unterricht­sinhalte nicht wie gewohnt Hilfe in Anspruch nehmen können. Per Videoanruf gibt er ihnen Online-Nachilfest­unden. Anfangs gab es noch technische Probleme, nun findet seine Unterstütz­ung aber immer mehr Anklang. Ansonsten überbrücke er die Zeit des Social-Distancing mit Muskeltrai­ning in seinem eigenen Kraftraum. „Zum Glück bin ich auf kein Studio angewiesen.“

„Als hätte ich einen Blick in die Glaskugel geworfen“, sagt Tobias Stadler, 23, aus Ellighofen. Der Student,

der seine Ausbildung bei Rational in Landsberg mit einem Internatio­nal Business Studium an der Dualen Hochschule in Ravensburg verbindet, kaufte sich vor der Corona-Pandemie eine neue Gitarre. So habe er während der Kontaktspe­rre wenigstens neue Lieder einstudier­en und damit die Langeweile besiegen können. Mit seiner Band „Swik“proben, sei leider weiterhin verboten. „Der enge Proberaum im Keller seiner Eltern wäre vermutlich ein Corona-Hotspot geworden“, berichtet Tobias Stadler. Die aus ehemaligen Schülern der Berufsober­schule Landsberg entstanden­e Band vertröstet sich mit Jamsession­s per Videokonfe­renz. Links oben im

Chatten per Videokonfe­renz, um Freunde zu „treffen“

Display spielt der Schlagzeug­er der Band. Rechts oben der Sänger und darunter Tobias Stadler mit neuer Gitarre. „Gesellig wie eine normale Bandprobe ist das auf keinen Fall“, sagt er. Aber so bleibe man mit seinen Bandkolleg­en immerhin in Kontakt und vermeide einen Lagerkolle­r.

Wenigstens nimmt Tobias Stadlers zweite große Leidenscha­ft, das Skaten, wieder Fahrt auf. Der Skatepark in Kaufering ist wieder geöffnet. Wieder ein Brett unter den Füßen und Gleichgesi­nnte um sich zu haben, ist für den passionier­ten Skater unentbehrl­ich. „Allein vor der Garage umher rollen, hätte mit der Skatekultu­r nichts zu tun gehabt.“

 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? In Zeiten von Corona kann es ziemlich langweilig werden – gerade für Jugendlich­e. Wie sie sich die Zeit vertreiben, das haben wir Sebastian Martini, Tobias Stadler und Patrik Keller (von links) gefragt. Die drei jungen Männer können ihren Hobbys derzeit nicht so nachgehen, wie sie es wollen.
Fotos: Thorsten Jordan In Zeiten von Corona kann es ziemlich langweilig werden – gerade für Jugendlich­e. Wie sie sich die Zeit vertreiben, das haben wir Sebastian Martini, Tobias Stadler und Patrik Keller (von links) gefragt. Die drei jungen Männer können ihren Hobbys derzeit nicht so nachgehen, wie sie es wollen.
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