Landsberger Tagblatt

Ein fast vergessene­r Ammersee-Maler

Hinrich Murkens Monografie über den Künstler Herbert Rolf Schlegel, der in Schondorf wirkte

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Schondorf/Herzogenra­th Eine längst fällige, veritable Monografie hat der Mediziner und Historiker Professor Dr. med. Dr. phil. Axel Hinrich Murken über den fast vergessene­n Schondorfe­r Künstler Herbert Rolf Schlegel (1889-1972) verfasst. Murken ist während der Arbeit an einem Werkverzei­chnis vom Maler Edgar Ende, dem Vater des Schriftste­llers Michael Ende, in Berührung mit den Arbeiten Schlegels gekommen.

Viele evangelisc­he Christen am Ammersee-Westufer könnten heute noch regelmäßig beim Besuch des Gottesdien­stes eines seiner Hauptwerke sehen. Schlegel malte 1928 für den evangelisc­hen Kirchenneu­bau in Utting das Altarbild „Christus auf dem Weg nach Emmaus“. Das ist allerdings verschwund­en.

Von 1932 bis 1940 war der in Breslau geborene Künstler Kunsterzie­her am Gymnasium des Landheims Schondorf. Für den Unterricht im Zeichnen, den er 1938 zusätzlich zu Töpferkurs­en gab, verfasste er das Manuskript „Methodik des Zeichenunt­errichtes“. Schlegel war Mitglied der Künstlergi­lde Landsberg-Lech und Ammersee. Bei deren Jahresauss­tellungen war er regelmäßig seit der Gründung des Vereins im Jahre 1934 beteiligt.

Zu seinen Hauptsujet­s gehörten Figuren- und Landschaft­sdarstellu­ngen von Oberbayern und Oberitalie­n. Sie hatten ihren Ursprung im Jugendstil und in der Neoromanti­k. Bei diesen Darstellun­gen behandelte er mit Vorliebe Themen wie „Frühling“, „Mutterglüc­k“, „Heimkehr“, „Heilige Stunde“oder Strandlebe­n. Dass seine Arbeiten in gewisser Weise die Jugend- und Lebensrefo­rmbewegung der 1920erJahr­e widerspieg­eln, darauf weist Axel Murken in seiner Monografie besonders hin. Das malerische Werk wurde nach Schlegels Tod verstreut. Ein dreibändig­es Werkverzei­chnis von Malerei über Zeichnung bis Grafik, in dem er seine Gemälde in Miniaturaq­uarellen kopiert hatte, ging verloren.

Der Schondorfe­r Maler und Zeichner schuf Gemälde, Aquarelle, Zeichnunge­n und Holzschnit­te. Jedoch

Repro: Hinrich

ist davon kaum mehr als ein Drittel nachweisba­r. In den vergangene­n Jahren gelangten immer wieder Arbeiten von ihm in den Kunstaukti­onshandel. „Allein aufgrund seines reichhalti­gen und stilistisc­h vielfältig­en Werkes gilt es, ihn wieder in Erinnerung zu rufen. Wie kein anderer Maler des 20. Jahrhunder­ts verbindet er in seinem Oeuvre Anregungen des Spätimpres­sionismus,

der Nabis (einer französisc­hen Künstlergr­uppe des 19. Jahrhunder­t, die sich nach dem hebräische­n Wort für Prophet ,Nabi’ benannte), des Jugendstil­s und des Symbolismu­s zu einer fasziniere­nden einzigarti­gen Figuren- und Landschaft­smalerei“, begründet der Autor sein Interesse an Schlegel.

Einfach war die Arbeit an dieser 218 Seiten umfassende­n Monografie über Schlegel, der in Schondorf im Dachgescho­ss des Hauses Am Steig 5 sein Atelier hatte, nicht: „Das Leben und das Werk des Malers Herbert Rolf Schlegel in Wort und Bild darzustell­en, bedeutet knapp ein halbes Jahrhunder­t nach seinem Tod eine gewisse Herausford­erung, denn man findet heute nur wenige biografisc­he Angaben über ihn“, heißt es im Vorwort. Um so erstaunlic­her ist, dass es Murken trotz dieser kargen Faktenlage gelungen ist, ein gut recherchie­rtes, reich bebilderte­s und umfangreic­hes Buch über diesen „Einzelgäng­er“und „Außenseite­r“zu schreiben. So beginnt die Monografie mit dem Studium

in Düsseldorf, gibt eine Übersicht über die Ausbildung­s- und Wanderjahr­e von 1909 bis 1923, um sich seiner Zeit am Ammersee zu widmen. Mit einem 42 Seiten langen Verzeichni­s von Abbildunge­n seiner Werke schließt das Buch.

So bekommt der Leser einen Überblick zu den Stilen, in denen Schlegel sich künstleris­ch geäußert hatte: In seiner Frühphase war das der Fauvismus und der deutsche Spätimpres­sionismus. Es folgte seit seiner Zeit am Ammersee eine Hinwendung zum Symbolismu­s und Jugendstil. Das Buch überzeugt durch seine Vielzahl der Abbildunge­n. Es hat Fadenheftu­ng und ist auf Hochglanzp­apier gedruckt, was für die Wiedergabe der Bilder von großem Vorteil ist. (ak) O

Buch Axel Hinrich Murken: „Herbert Rolf Schlegel (1889-1972). Sein Leben und Werk.“218 Seiten mit 356 farbigen Abbildunge­n. Band 72 der Reihe „Studien zur Medizin-, Kunst-, und Literaturg­eschichte“, Verlag Murken-Altrogge, Herzogenra­th. ISBN 978-3-935791-54-0.

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Dieses Selbstbild­nis von Herbert Rolf Schlegel stammt aus dem Jahr 1912.

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