Landsberger Tagblatt

Kommunion mit Maske

Die Zeit der Corona-Pause ist vorbei. Die Gottesdien­ste im Landkreis finden wieder öffentlich statt. Wie die heiligen Messen der Pfarreien ablaufen und warum Wallfahrer dieses Jahr schlechte Karten haben

- VON JOHANNES MEISSNER UND GERALD MODLINGER

Desinfekti­onsmittel statt Weihwasser: Das LT hat einen öffentlich­en Gottesdien­st in Zeiten von Corona besucht. Was alles anders ist als sonst.

Landkreis Die Weihwasser­becken sind leer. Die Gebets- und Gesangbüch­er sind eingeschlo­ssen. Es ist nicht an einen Gottesdien­st wie vor der Corona-Pandemie zu denken. Die Kirchgänge­r der Pfarrei Seestall machen aber den Eindruck, als seien sie mit den neuen Corona-Geboten längst vertraut. Exakt zehn Minuten vor Beginn öffnet sich die knarrende Tür der Kirche Sankt Nikolaus – zum ersten Mal nach der CoronaSchl­ießung. 13 Plätze sind für den Gottesdien­st freigegebe­n. Genau 13 Gläubige finden den Weg in die kleine Kirche.

Langsam und bedächtig bewegen sich die ersten Gottesdien­stbesucher zum Kirchenein­gang. Empfangen werden sie von Kirchenpfl­eger Fritz Kratzer und seinem Pfarrhelfe­r Norbert Bobritz. Anstatt die Hände in Weihwasser zu tauchen, besprüht sie Norbert Bobritz mit Desinfekti­onsmittel. Fritz Kratzer übernimmt die Kontaktlis­te und trägt die Telefonnum­mern der Besucher ein. Die Namen fragt er nicht nach: „Ich war 20 Jahre Vorsitzend­er beim SV Seestall, ich kenne hier jeden.“Danach führt der Kirchenpfl­eger die Besucher wie in einem Sternerest­aurant zu ihren Plätzen. Die erste Reihe wird am linken Rand besetzt, die zweite Reihe am rechten und dann bleibt eine Reihe frei. Jeder Sitzplatz ist zudem mit einer gelben Karte mit einem Bibelspruc­h darauf gekennzeic­hnet.

Wie bei einem Arzttermin müssen sich die Besucher für gewöhnlich für eine Messe bei der Pfarrei Fuchstal telefonisc­h anmelden. Die kleine Messe in Seestall hingegen läuft ohne Voranmeldu­ng. Der große Andrang bleibt nach der Lockerung aus. „Darüber bin ich zugegebene­rmaßen nicht traurig“, sagt Pfarrer Oliver Grimm von der Pfarrei Fuchstal.

Denn trotz Hygiene- und Abstandsre­gelungen gäbe es immer ein Restrisiko. Viele folgten dem Aufruf des Pfarrers. Er bat die älteren Gläubigen der Kirchengem­einde und diejenigen die zu einer schutzbedü­rftigen Gruppe gehören, der heiligen Messe fernzublei­ben. Die Sonntagspf­licht sei ausgesetzt.

Gleich zu Beginn der Messe weist Pfarrer Grimm die Gläubigen auf die Corona-Regeln bei der Verteilung der Hostien hin. „Die Handkommun­ion ist wieder erlaubt.“Alunter klaren Schutzmaßn­ahmen. Für den Pfarrer gibt es erst die Maske, dann einen Einweghand­schuh, der gleich noch einmal desinfizie­rt wird. Danach müssen die Kirchgänge­r ebenfalls ihre Hände desinfizie­ren und dürfen mit großen Abständen die Kommunion empfangen.

Rund sieben Wochen waren die

aufgrund der Corona-Pandemie bayernweit geschlosse­n. Während dieser Zeit stand Pfarrer Oliver Grimm mit den Mesnern allein in der menschenle­eren Kirche. In 2000 Jahren Christentu­m gab es noch nie eine solche Situation. „Da sage noch einer, es ändert sich nichts in der katholisch­en Kirche“, sagt Pfarrer Grimm und lacht. Von eilerdings nem schönen Moment berichtet er, als in der Kirche die Messe für ein langjährig­es Kirchenmit­glied gefeiert wurde und zeitgleich die Angehörige­n der Verstorben­en am Grab beteten. „Räumlich getrennt, doch im Glauben vereint.“

Nach den Lockerunge­n dürfen Gottesdien­ste auch wieder werktags gefeiert werden. Die Plätze und GeKirchen sänge sind weiterhin reduziert. Das Singen von Marienlied­ern wie auch Wechselgeb­ete seien mit Mund-Nasen-Schutz schwer möglich und machten keinen Spaß. Zudem werde die Maske feucht und verliere dadurch ihre Schutzfunk­tion. „In diesen Tagen muss man kreativ werden“, so Pfarrer Grimm. Deshalb steht an besonderen Gottesdien­sten ein Sänger auf der Empore. „Mitsummen ist natürlich erlaubt.“

Auch in den Predigten und den Fürbitten der Gottesdien­ste ist Corona allgegenwä­rtig. Allein durch die Nähe zum Altersheim in Waal, in dem 17 Bewohner an Corona gestorben sind, wolle man zusammen für die Verstorben­en und deren Familien beten. Allein steht der Pfarrer im Altarraum, ohne Mundschutz und ohne Ministrant­en. In der engen Seestaller Kirche könne man die nötigen Abstände nicht einhalten. Aus Solidaritä­t wird auf die Messdiener auch in den größeren Kirchen der Pfarreieng­emeinschaf­t verzichtet. Nach einer halben Stunde ist die Messe vorbei. Abschließe­nd wird nicht zum Schutz vor Corona gebetet, sondern der Wettersege­n erteilt. Denn die Sonnenstra­hlen blitzen nur spärlich durch die hagelgesch­ädigten Fenster der Seestaller Kirche.

Verzichten müssen die Gläubigen dieses Jahr auch auf alle Bittgänge und Wallfahrte­n, etwa auf den Heiligen Berg nach Andechs. So findet

Bittgänge und Wallfahrte­n fallen aus

auch der traditione­lle Bittgang der Pfarrgemei­nde Dießen am Pfingstmon­tag nicht statt. Um 5 Uhr starten die Dießener normalerwe­ise, drei Stunden dauert es zu Fuß dorthin. Um 8 Uhr begann in der Andechser Wallfahrts­kirche der Festgottes­dienst und anschließe­nd stärkten sich alle im Bräustüber­l oder auf der sonnigen Terrasse, bevor sie über das Kiental nach Herrsching gingen, um mit dem Dampfer nach Dießen zurückzufa­hren – heuer jedoch nicht, berichtet Volker Bippus vom Pfarrgemei­nderat.

Weitere Feste werden nur eingeschrä­nkt gefeiert: Das für Samstag, 6. Juni, angedachte Mechtildis­fest zu Ehren der „Brotmutter vom Ammersee“beschränkt sich auf eine gottesdien­stliche Feier ab 18 Uhr nahe dem Sarkophag der Ortsheilig­en im Marienmüns­ter.

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Fotos: Thorsten Jordan (2)/Stephanie Millonig (Archiv) Lichte Reihen und nur 13 Gläubige: Der Gottesdien­st inmitten der Corona-Krise in St. Nikolaus in Seestall läuft unter besonderen Vorzeichen ab. Oben: Norbert Bobritz, Kirchenpfl­eger Fritz Kratzer und Dekan Oliver Grimm. Wallfahrte­n, wie zum Beispiel nach Andechs (links), sind dieses Jahr nicht möglich.
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