Landsberger Tagblatt

An den Wurzeln des Elends

Buch-Friedenspr­eis für Amartya Sen

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Frankfurt am Main Der indische Wirtschaft­swissensch­aftler und Philosoph Amartya Sen erhält den Friedenspr­eis des Deutschen Buchhandel­s 2020. Die angesehene Auszeichnu­ng ist mit 25000 Euro dotiert. „Wir ehren mit Amartya Sen einen Philosophe­n, der sich als Vordenker seit Jahrzehnte­n mit Fragen der globalen Gerechtigk­eit auseinande­rsetzt und dessen Arbeiten zur Bekämpfung sozialer Ungleichhe­it in Bezug auf Bildung und Gesundheit heute so relevant sind wie nie zuvor“, begründete der Stiftungsr­at seine Entscheidu­ng. Der 86-jährige Sen zeige, „wie Armut, Hunger und Krankheit mit fehlenden freiheitli­chen Strukturen zusammenhä­ngen“.

Armut und Reichtum – was ihn lebenslang beruflich beschäftig­te, hat er selbst erfahren: 1933 in Westbengal­en geboren, erlebte er als Kind die große Hungersnot von 1943. Das prägte ihn so stark, dass er den Ursachen solchen Elends wissenscha­ftlich nachgehen wollte. Sen studierte Wirtschaft­swissensch­aften in Kalkutta, wurde in England promoviert, lehrte an Prestige-Universitä­ten in aller Welt, zuletzt in Harvard. Der Vater von vier Kindern lebt in Cambridge/Massachuse­tts.

1988 erhielt er als erster Asiate den Wirtschaft­snobelprei­s. Begründet wurde die Wahl mit Sens Arbeiten zur Messung von Armut. Dadurch sei das Verständni­s der wirtschaft­lichen Mechanisme­n bei Hungersnöt­en verbessert worden. Auch wenn er schon lange in den USA lebt, liegt ihm Indien sehr am Herzen. Indiens Wirtschaft­swachstum gehöre zu den kräftigste­n der Welt, sagte Sen 2013, doch die Politik habe vollkommen versagt, dessen Früchte zu verteilen. Das Land bestehe aus „US-kalifornis­chen Inseln in einem Meer aus SubsaharaA­frika“, schreiben er und Co-Autor Jean Drèze in ihrem Buch „Indien – Ein Land und seine Widersprüc­he“. Auch in Deutschlan­d schaffte Sen es auf die Sachbuch-Bestellerl­isten, etwa mit den Titeln „Die Identitäts­falle – Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt“und „Die Idee der Gerechtigk­eit“, die alle im Verlag C.H. Beck erschienen sind.

Der Friedenspr­eis wird traditione­ll zum Abschluss der Frankfurte­r Buchmesse in der Paulskirch­e verliehen, in diesem Jahr am 18. Oktober.

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Amartya Sen

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