„Alle Knochen im Gesicht sind gebrochen“
Der schwere Sturz von Fabio Jakobsen überschattet die Polen-Rundfahrt. Der Niederländer wurde ins künstliche Koma versetzt. Profis kritisieren den Rennveranstalter. Gegen den Sturzverursacher Groenewegen ermittelt der Weltverband
Kattowitz Patrick Lefevere wählte drastische Worte. „Ich werfe ihm einen Mordanschlag vor, nicht mehr und nicht weniger“, sagte der Teamchef des belgischen RadsportTeams Deceuninck-Quick Step am Donnerstag im belgischen Radio. Lefevere meinte den niederländischen Radprofi Dylan Groenewegen, der am Tag zuvor auf der ersten Etappe der Polen-Rundfahrt Quick-Step-Profi und Landsmann Fabio Jakobsen beim Zielsprint in Kattowitz abgedrängt und durch seine Aktion einen folgenschweren Crash ausgelöst hatte.
Der Zustand sei „sehr schlimm. Wir beten weiter, dass er überlebt“, sagte Lefevere. „Alle Knochen in seinem Gesicht sind gebrochen“, erklärte der Belgier, nachdem Jakobsen zuvor fünf Stunden operiert worden war. Der 23 Jahre alte, niederländische Straßenmeister, der in ein künstliches Koma versetzt wurde, war nach dem Fahrmanöver Groenewegens bei sehr hoher Geschwindigkeit direkt in die Absperrgitter gekracht und reglos liegen geblieben. Rennärztin Barbara Jerschina gab nach der OP zumindest erste Entwarnung und sagte, Jacobsen habe die Operation gut überstanden und sei nicht mehr in Lebensgefahr. Auch Groenewegen hatte sich eine Verletzung zugezogen und musste am Schlüsselbein operiert werden.
Bis Freitag soll Jakobsen aus dem künstlichen Koma geholt werden. „Die Versuche, den Patienten aus dem künstlichen Koma zu holen, werden schrittweise erfolgen, daher wird dies vermutlich erst morgen in den frühen Morgenstunden der Fall sein. Erst dann können wir neue Informationen über seinen Gesundheitszustand geben“, so ein Krankenhaussprecher in Sosnowiec.
Bereits am Vorabend hatte Lefevere gesagt, dass Groenewegen eine Gefängnisstrafe verdiene. Diese Worte bedauere er nicht, sagte er: „Wir werden Schritte unternehmen, um bei der UCI und der Polizei Anzeige zu erstatten.“Der Radsportweltverband UCI teilte mit, dass man den Fall an die Disziplinarkommission weitergeleitet habe, um Sanktionen gegen Groenewegen zu beantragen. „Die UCI verurteilt das gefährliche Verhalten auf das Schärfste“, hieß es. „Ich finde es schrecklich, was passiert ist. Ich kann nicht beschreiben, wie schlimm ich es finde für Fabio und die anderen, die gestürzt oder betroffen sind. Im Moment ist die Gesundheit von Fabio das Wichtigste. Ich denke ständig an ihn“, twitterte Groenewegen.
Heftige Kritik an den Veranstaltern der fünftägigen WorldTourRundfahrt übte CCC-Profi Simon Geschke. „Jedes Jahr derselbe dumme Bergab-Sprint bei der PolenRundfahrt. Jedes Jahr frage ich mich, warum die Organisatoren denken, das sei eine gute Idee“, so der 34-Jährige. „Massensprints sind gefährlich genug, man braucht kein Bergab-Finale mit 80 km/h“, ergänzte er. Deutschlands Top-Sprinter Pascal Ackermann war in den Sturz nicht involviert. Der Pfälzer verpasste am Donnerstag knapp hinter Mads Pedersen den Etappensieg.
Team wird Anzeige erstatten