Landsberger Tagblatt

Söders Erfolg macht die CSU träge

Seit Beginn der Corona-Krise hat die Partei deutlich höhere Umfragewer­te. Doch die Zustimmung täuscht nicht hinweg über die eigentlich­en Probleme der CSU

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger-allgemeine.de

Der 8. April dieses Jahres war ein denkwürdig­er Tag, auch wenn es am Tag selbst kaum einer gemerkt hat. In einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Infratest dimap im Auftrag des Bayerische­n Rundfunks erreichte die CSU in Bayern eine Zustimmung von 49 Prozent und damit auf einen Schlag rund zwölf Prozent mehr als im ganzen Jahr zuvor. Für die Kommentato­ren quer durch den Freistaat war das Ergebnis schnell abgehakt. Die CoronaKris­e, so lautete das zutreffend­e Urteil, hat der Partei von Markus Söder einen rasanten Höhenflug beschert. Aber in nahezu allen Kommentare­n klang die Meinung durch, dass es, wenn es schnell nach oben geht, auch schnell wieder nach unten gehen kann.

Dies hat sich bisher nicht bestätigt. Die CSU lag in den acht Umfragen

zur Landtagswa­hl, die seither folgten, stabil über der 45-Prozent-Marke. Nicht einmal die Panne bei den Corona-Tests Mitte August konnte daran etwas ändern. Die Meinungsfo­rscher von GMS ermittelte­n just zu dieser Zeit einen Zustimmung­swert von 47 Prozent.

Erledigt hat sich damit fürs Erste auch die weitverbre­itete These, dass Söders hohe Beliebthei­t bei den Bürgern der CSU als Partei nicht viel nutze. Vor Corona lag der CSUChef und Ministerpr­äsident in Umfragen meilenweit vor seiner Partei. Mittlerwei­le kann die CSU wieder von einer absoluten Mehrheit in Bayern träumen. Und dass ihr Vorsitzend­er seit Monaten als Kanzlerkan­didat der Union gehandelt wird, schmeichel­t der zuletzt so leidenden Seele der Christsozi­alen.

Intern freilich führt dieses Wohlgefühl zu Trägheit und satter Zufriedenh­eit. Die eigentlich­en Probleme, die vor der Corona-Pandemie zum Absturz weit unter die 40-Prozent-Marke führten, werden verdrängt.

Das Hauptprobl­em ist das Personal. Es wird spätestens im Bundestags­wahlkampf

2021 virulent werden. Die Bundesmini­ster Gerd Müller und Horst Seehofer stehen nicht mehr zur Verfügung. Andreas Scheuer, der Dritte im Bunde, gilt parteiinte­rn nicht mehr als vermittelb­ar. Und auch mit Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt wird die CSU kaum reüssieren können. Zwar gibt es unter den Bundestags­abgeordnet­en einige fleißige Arbeiter.

Das Format, eigene politische Akzente zu setzen oder in einer Talkshow zu punkten, aber hat kaum einer oder eine.

Im Bayerische­n Landtag, der im Jahr 2023 neu gewählt wird, sieht es nicht viel besser aus. Dort fehlen der CSU an nahezu allen Ecken und Enden profiliert­e Fachpoliti­ker. In den vergangene­n zwölf Jahren wurden die Regierungs­geschäfte in Bayern mit harter Hand geführt – erst unter Seehofer, dann unter Söder. Der Landtagsfr­aktion, die sich einst zu Recht als Herzkammer der Partei verstand, sind in dieser Zeit Lust und Leidenscha­ft an einer kontrovers­en Debatte weitgehend abhandenge­kommen.

Die Fraktionsk­lausuren verlaufen seit Jahren nach demselben Muster: Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer sagt vorher, worüber man reden wird, und nachher, worüber man geredet hat. Dass, wie es früher mal war, innerhalb der Fraktion um den besten Weg gerungen wird, ist nicht erkennbar. Das wird wahrschein­lich auch diese Woche nicht anders sein. Söders Wille wird vollstreck­t. Die Fraktion ordnet sich, solange er Erfolg hat, dem Ministerpr­äsidenten unter. Der Weg zu einem der begehrten Ministeräm­ter führt nicht mehr über Kompetenz und eigene politische Überzeugun­gen, sondern zuvorderst über treue Gefolgscha­ft.

Gemessen an den Umfragewer­ten darf sich die CSU immer noch Volksparte­i nennen. Als lebendige Volksparte­i, die widerstrei­tende Interessen austrägt, aber präsentier­t sie sich schon lange nicht mehr.

Der Partei fehlen profiliert­e Fachpoliti­ker

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