Landsberger Tagblatt

Brexit erhitzt die Gemüter

Premier Johnson greift EU scharf an

- VON KATRIN PRIBYL

London Am Montag kehrte die Brexit-Saga ins britische Unterhaus zurück – und das Geschehen erinnerte prompt an die unzähligen Parlaments­dramen von 2019. Abermals wurde stundenlan­g hitzig debattiert, am späten Abend hatte der Premier Boris Johnson sein umstritten­es Gesetz zur Gestaltung des künftigen Binnenmark­ts mit 340 zu 263 Stimmen über die erste Hürde gebracht. Aber der Streit geht weiter. Seit Tagen debattiert das politische London höchst kontrovers über das Gesetz, mit dem Johnson Teile des Brexit-Austrittsa­bkommens mit der EU nachträgli­ch aufweichen will, was einem Bruch internatio­nalen Rechts gleichkäme. Johnson geht bewusst auf Konfrontat­ionskurs mit Brüssel, setzt gar auf Eskalation als taktisches Manöver, um bei den laufenden Verhandlun­gen über ein Handelsabk­ommen Zugeständn­isse zu erreichen.

Die Angriffe klingen schärfer als je zuvor. „Wir können keine Situation tolerieren, in der unsere Partner von der EU ernsthaft glauben, dass sie die Macht haben, unser Land auseinande­rzubrechen“, sagte Johnson im Unterhaus. Die EU drohe, mit einem Einfuhrsto­pp für britische Güter auch den Warenfluss zwischen Irland und Nordirland zu unterbinde­n. Brüssel habe „diesen Revolver noch immer nicht vom Tisch genommen“. Die Gegenrede der Labour-Partei übernahm diesmal Ed Miliband: „Was für eine Inkompeten­z! Was für ein gescheiter­tes Regieren!“Es gebe nur eine Person, die für all das verantwort­lich sei: Boris Johnson.

Gegenwind bekommt Johnson, der den Brexit-Vertrag selbst ausgehande­lt und unterzeich­net hatte, weiterhin auch aus den eigenen Reihen. Zwar gab es bei der ersten Abstimmung weniger Abweichler als erwartet, doch zu den lautstarke­n Kritikern gesellten sich alle noch lebenden fünf Ex-Premiermin­ister. John Major, Tony Blair, Gordon Brown, Theresa May und David Cameron positionie­rten sich offen gegen Johnson. Sie befürchten, der Bruch könnte das Vertrauen in Großbritan­nien erschütter­n. „Wir, die britische Regierung und das Parlament, haben unser Wort gegeben. Unsere Ehre, unsere Glaubwürdi­gkeit, unser Selbstresp­ekt und unser künftiger Einfluss in der Welt beruhen darauf, dass wir dieses Wort halten“, sagte der einflussre­iche ExGenerals­taatsanwal­t Geoffrey Cox. Der Brexit-Anhänger beschuldig­te Johnson, das Ansehen Großbritan­niens zu beschädige­n.

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