Flüchtete er aus Liebe?
Die italienische Polizei fasst den Ausbrecherkönig „Johnny, der Zigeuner“. Einmal mehr
Rom Neun Tage war Giuseppe Mastini auf der Flucht, dann schnappte ihn die italienische Polizei. Einmal mehr, denn Mastini gelingt immer wieder die Flucht. Das Bild, das die Staatspolizei am Mittwoch in sozialen Netzwerken verbreitete, zeigt drei Männer morgens in ländlicher Umgebung. Im Hintergrund blauer Himmel, Bäume, weiter vorne ist ein Gebäude, ein rustikales Landhaus zu erkennen. Die drei stehen mit dem Rücken zur Fotokamera. Die beiden muskulösen Herren außen tragen Westen mit der Aufschrift „Polizia“, sie halten den platinblonden Mann mit kurzen Haaren fest: Giuseppe Mastini, 60 Jahre alt, auch bekannt als „Johnny, der Zigeuner“. Ein Ausbrecherkönig.
Insgesamt zum siebten Mal war er dem Gefängnis entkommen, vor zehn Tagen nach einem Freigang kehrte er erneut nicht in die Haftanstalt in Sassari auf Sardinien zurück. „Man flüchtet immer der Liebe wegen“, soll er den Beamten bei seiner Festnahme nun gesagt haben. Seine
Haare hatte er sich blond gefärbt, um nicht erkannt zu werden. Bei seiner Flucht vor drei Jahren wurde Mastini zusammen mit seiner Jugendliebe Giovanna T. nach drei Wochen in einem Landhaus in der Toskana gefasst. Diesmal überraschten ihn die Polizeibeamten alleine bei Sassari. Sie hatten mehrere Telefonate abgehört, in denen er im Sinti-Dialekt mit einer Frau sprach. Die Polizei vermutet, dass es sich um Giovanna T. handelt. Sie wurde aber nicht mit Mastini angetroffen.
Der stammt aus einer Sinti-Familie. Noch als Minderjährige heirateten er und T. nach dem Sinti-Ritus. Erst Jahre nach seiner Verurteilung wegen mehrfachen Mordes 1989 nahmen Mastini und T. wieder Kontakt auf. Sie hatte in einer anderen Ehe fünf Kinder zur Welt gebracht. Im kommenden Jahr wollten beide ein Take-away-Lokal auf Sardinien eröffnen, berichtete Don Gaetano Galia, Gefängnisseelsorger aus Sassari. Mastini hätte im Februar nach mehr als 30 Jahren Haft ständige Hafterleichterungen und täglichen Ausgang erhalten. Aber offenbar hielt er die Gefangenschaft nicht mehr aus.
„Ich verstehe es einfach nicht, er war schon fast wieder ganz raus aus dem Gefängnis“, sagte Galia. Seine Führung sei einwandfrei gewesen. Nun ist Mastinis Traum von der Freiheit vorbei, wieder einmal.
Wegen guter Führung hatte er in den vergangenen Jahren von den Justizbehörden immer häufiger Freigang genehmigt bekommen. Zuletzt arbeitete er regelmäßig in einer Kooperative für Gefangene, die von Don Galia geleitet wurde.
Mastinis Verbrechen liegen lange zurück, hallen wegen ihrer Brutalität aber bis heute nach. Als 15-Jähriger erschoss er bei einem Raubüberfall 1975 einen Trambahnschaffner in Rom und erbeutete dabei eine wertlose Uhr und 10000 Lire. Bei einem Raubüberfall 1987 tötete Mastini eine weitere Person, bei seiner Festnahme im selben Jahr erschoss er einen Polizisten. Dutzende Raubüberfälle hatte er da schon begangen.
Warum Mastini kurz vor seiner Entlassung floh, bleibt vorerst sein Geheimnis. „Ich fürchte, seine Resozialisierung ist damit endgültig gescheitert“, sagte Gefängnisseelsorger Don Gaetano Galia.