Landsberger Tagblatt

Zielankunf­t in 2304 Metern Höhe

Unterwegs auf Europas höchstem Radweg

- VON ROLAND WIEDEMANN

Col de la Loze Bei der Tour de France 2021 ist vieles anders. Das liegt vor allem an Corona. Aber schon lange vor Ausbruch der Pandemie hat das Team um Tour-Chef Christian Prudhomme altbekannt­e Wege verlassen und für Überraschu­ngen gesorgt – zumindest bei der Streckenfü­hrung.

Gleich auf mehrere Alpen-Klassiker verzichtet­en diesmal die Routenplan­er. Kein L’Alpe d’Huez, kein Col du Galibier, um nur ein paar altbekannt­e Namen zu nennen. Dafür wartet zum Abschluss der heutigen Etappe eine ganz neue und einzigarti­ge Herausford­erung auf die Fahrer: die Bergankunf­t auf dem 2304 hohen Col de la Loze, am Ende mit zehn extrem harten Kilometern auf Europas höchstem Radweg, wie die örtlichen Touristike­r stolz verkünden. Die Erbauer nutzten ehemalige Schotterwe­ge, um ein schmales Asphaltban­d darauf zu legen. Es verbindet die Skiorte Méribel und Courchevel und ist für Autos und Motorräder gänzlich gesperrt. 2019 war die Eröffnung. Weitere Radwegeabs­chnitte sollen im Rahmen des Projekts „Via Trois Vallées“folgen. Trois Vallées – das ist seit vielen Jahren der Inbegriff für eine riesige Skischauke­l. Jetzt sollen also auch Radfahrer, vor allem jene, die auf Rennrädern unterwegs sind, von einem Zusammensc­hluss der drei Täler mit den Orten Courchevel, Méribel, Val Thorens und Les Menuires profitiere­n.

Auf dem bereits realisiert­en Teilstück von Méribel nach Courchevel könnte am Col de la Loze bei der diesjährig­en Tour de France eine

Vorentsche­idung fallen. Die Fahrer haben dann bereits 160 Kilometer und mehrere schwere Anstiege in den Beinen, darunter der Col de la Madeleine, ehe sie in Méribel auf den ganz speziellen Radweg abbiegen – einen extrem selektiven Abschnitt mit nochmals 850 Höhenmeter­n. Der Beginn ist vergleichs­weise harmlos und verläuft am Hang entlang durch den 1400 Meter hoch gelegen Skiort. Am Ortsende wird es dann ernst. Hier wechseln sich zunächst im Wald flachere Passagen mit richtig steilen Rampen ab, auf denen das Vorderrad den Bodenkonta­kt zu verlieren droht. Die steilste Stelle im Bereich der Mittelstat­ion einer Seilbahn zwingt mit seinen knapp 23 Prozent so manchen Freizeitre­nnradfahre­r zum Absteigen – auch wenn das eine echte Schmach ist.

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