Verletzte Wildtiere
Wer einen verletzten Igel oder Vogel am Straßenrand findet, will ihn im ersten Moment zum Tierarzt bringen. Doch zu viel falsche Tierliebe schadet den Tieren eher. Was Veterinäre aus dem Landkreis Landsberg empfehlen
Igel, Feldhase, Rotmilan und Co.: Wie soll man mit verletzten Wildtieren umgehen? Tierärzte aus dem Landkreis Landsberg geben Tipps.
Landkreis Höckerschwan, Rotmilan und Fuchs – alle drei zählen unter anderem zu den Wildtierarten, die im Jagdrecht aufgeführt sind und damit offiziell als Wildtiere gelten. Wenn Spaziergänger im Wald solche verletzten Wildtiere finden, stellt sich die Frage: Was tun? Wohin sollte man sie bringen? Und was sollte man möglichst vermeiden?
Tierärztin Birgit Trohorsch behandelt generell zu ihr gebrachte Wildtiere in ihrer Praxis in Mundraching – auch wenn sie die Situation schwierig findet: „Diesen Beruf hat man ja erlernen wollen, um Tieren zu helfen. Es ist immer dieses Dilemma, in dem man steckt. Ich spende ja nichts, und das ist meine Art, Gutes zu tun. Und es gibt viele, die mithelfen“, erklärt sie. Im Moment hat die Tierärztin acht Igel in Behandlung. Sie erklärt: Im September und Oktober bringen Finder vor allem Igel zu ihr, von Mai bis Juli vor allem Jungvögel. Mauersegler und Schwalben zum Beispiel konnten durch starken Regen dieses Jahr nicht richtig jagen, weil dann keine Insekten unterwegs seien. Die Mauersegler fielen dann teilweise vom Himmel, weil sie so schwach seien. Dann liegen sie verletzt am Boden und werden von Räubern gefressen – oder aufgelesen und zu einem Tierarzt gebracht.
Einige von Birgit Trohorschs Kollegen haben inzwischen die Reißleine gezogen und nehmen keine Wildtiere mehr an. Doch an wen sollte man sich stattdessen wenden? Die Untere Jagdbehörde am Landratsamt im Landkreis registrierte für das vergangene Jagdjahr 113 gemeldete tote Feldhasen und 170 gemeldete tote Füchse durch Verkehr, die verletzten Tiere sind nicht berücksichtigt. Georg Duschl, Vorsitzender des Jagdschutz- und Jägervereins Landsberg, erklärt: Viele Tiere unterliegen dem sogenannten Aneignungsrecht.
Nimmt man ein verletztes Reh zum Beispiel einfach mit zum Tierarzt, wildert man damit rechtlich gesehen im Jagdrevier, so Duschl. Deshalb sollte man zunächst den zuständigen Jäger anrufen. Den könne man bei der Gemeinde, Anwohnern oder der Polizei erfragen. Das sei
„auf jeden Fall sinnvoller, als es einfach mitzunehmen. Das ist das Ungeschickteste, was man machen kann“. Man sollte das Tier nicht anfassen, denn es könnte Krankheiten haben: „Im Moment ist zum Beispiel die Afrikanische Schweinepest unterwegs. Auch Parasiten oder
Tollwut können die Tiere haben. Und ein verletztes Tier auf der Straße hat Angst und fängt an zu beißen“, erklärt Georg Duschl. Deshalb sollte man sie, wenn überhaupt, nur mit Handschuhen anfassen.
Oft bräuchten Tiere gar keine Hilfe, auch wenn vorbeigehende
Menschen das meinen. Georg Duschl sagt: Wildtiere seien normalerweise scheu. „Wenn es zutraulich ist und nicht wegläuft, kann ich davon ausgehen, dass irgendetwas nicht stimmt.“
Der Iglinger Tierarzt Bolko Zencominierski sagt: „Ich glaube, den meisten Tieren wird, beim Versuch zu helfen, kein Gefallen getan. Wir sollten nicht in die Natur eingreifen.“Er rät: „Wenn offensichtlich zu sehen ist, das Tier ist verletzt – Blut fließt, ein Bein steht ab – dann sollte man helfen. Aber wenn Sie beim Spazierengehen einen Hasen sehen oder ein Vogelbaby – dann besser nichts machen!“Viele Jungtiere warteten nur auf die Eltern, die einmal am Tag vorbeikommen, so der Tierarzt. Riechen sie nach Mensch, nehmen die Eltern sie nicht mehr an.
Viele Vögel stünden auch unter Artenschutz, man darf sie nicht einfach so mitnehmen, erklärt Alisa
Einige Tierärzte nehmen keine Wildtiere mehr an
Im Internet gibt es Gruppen, die sich um Igel kümmern
Stierstorfer von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Landsberg. Außer, sie seien schwer verletzt.
Wenn Tierfreunde ein solches Exemplar finden, sollten sie sich nicht ans Tierheim Landsberg wenden. Das darf keine Wildtiere aufnehmen, schreibt das Tierheim auf seiner Website. Der Landsberger Tierarzt Bernhard Gühne empfiehlt zum Beispiel Facebook-Seiten für Wildvögel, Igel oder Fledermäuse. Dort könne man mit Leuten schreiben, die sich mit dem Aufpäppeln der Tiere auskennen. „Pro Igel“ist zum Beispiel eine Anlaufstelle für Menschen, die einen hilfsbedürftigen Igel gefunden haben. Einfach drauflosfüttern sollte man nicht: Je nach Art fressen Vögel zum Beispiel keine Insekten, sagt Tierärztin Birgit Trohorsch. Und nimmt man das Tier auf, verpflichte man sich, rechtlich gesehen, es auf eigene Kosten beim Tierarzt behandeln zu lassen, so Alisa Stierstorfer von der Unteren Naturschutzbehörde.