Landsberger Tagblatt

Infopoliti­k überdenken

- VON DOMINIC WIMMER redaktion@landsberge­r‰tagblatt

Wer eine Krankheit hat, geht in der Regel nicht offensiv damit um. Die Gefahr, abgestempe­lt zu werden, ist groß. In Zeiten von Corona ist es nachvollzi­ehbar, dass Menschen ihre Erkrankung nicht an die große Glocke hängen – aus Angst vor Stigmatisi­erung oder sozialer Ausgrenzun­g auch nach einer Infektion. Für Journalist­en gilt Fingerspit­zengefühl in der Berichters­tattung über Krankheite­n. Deshalb hat unsere Zeitung auch anonymisie­rt über den Fall eines 35-jährigen Covid-19-Patienten aus dem Kreis Landsberg berichtet. Kritiker, die sich gegen Corona-Schutzmaßn­ahmen stellen, argumentie­ren gerne wie bei diesem Kommentar auf der LT-Facebookse­ite: „Wer kennt jemanden, der aktuell infiziert ist??? Spannende Frage, die nie gestellt wird! Und?“Auch wenn man niemanden persönlich kennt, der mit Corona infiziert ist oder an Covid-19 erkrankt ist, gibt es dieses Virus. Ebola, Aids, die Pest und Cholera existieren auch, ohne dass jemand jemanden kennt, der daran erkrankt ist.

Leider spielt auch die Infopoliti­k der Landsberge­r Behörden Skeptikern und Zweiflern in die Karten. Das Landratsam­t musste sich in den vergangene­n Monaten mal zu Recht, mal zu Unrecht Kritik gefallen lassen. Los ging es im Januar, als sich Kauferinge­r Eltern beschwerte­n, dass sie nicht rechtzeiti­g informiert wurden, dass ein Kind des deutschen Patienten Null denselben Kindergart­en wie ihr Nachwuchs besucht. Weiter ging es mit den Corona-Fällen in einer Landsberge­r Seniorenei­nrichtung oder einer Geltendorf­er Asylunterk­unft. In allen Fällen blockte das Landratsam­t unsere Nachfragen weitestgeh­end ab. Zwar werden jeden Tag die wichtigste­n Zahlen (Insgesamt und aktuell Infizierte, positiv Getestete, Todesfälle, Genesene und Quarantäne­fälle) veröffentl­icht und seit gestern – auf Bestreben unserer Zeitung hin – auch die Sieben-TageInzide­nz veröffentl­icht. Doch Landkreise wie Weilheim-Schongau, Starnberg, Fürstenfel­dbruck oder Dachau machen es vor. Dort werden zum Teil sogar die nach Gemeinde aufgeschlü­sselten Infektions­zahlen veröffentl­icht und vieles mehr. Das ist eine offene Informatio­nspolitik, die man auch in unserem Landkreis betreiben sollte. Dann würden Skeptiker vielleicht ihre Meinung überdenken und sich andere Menschen leichter damit tun, mit dem Virusgesch­ehen im Alltag klarzukomm­en.

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