Infopolitik überdenken
Wer eine Krankheit hat, geht in der Regel nicht offensiv damit um. Die Gefahr, abgestempelt zu werden, ist groß. In Zeiten von Corona ist es nachvollziehbar, dass Menschen ihre Erkrankung nicht an die große Glocke hängen – aus Angst vor Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung auch nach einer Infektion. Für Journalisten gilt Fingerspitzengefühl in der Berichterstattung über Krankheiten. Deshalb hat unsere Zeitung auch anonymisiert über den Fall eines 35-jährigen Covid-19-Patienten aus dem Kreis Landsberg berichtet. Kritiker, die sich gegen Corona-Schutzmaßnahmen stellen, argumentieren gerne wie bei diesem Kommentar auf der LT-Facebookseite: „Wer kennt jemanden, der aktuell infiziert ist??? Spannende Frage, die nie gestellt wird! Und?“Auch wenn man niemanden persönlich kennt, der mit Corona infiziert ist oder an Covid-19 erkrankt ist, gibt es dieses Virus. Ebola, Aids, die Pest und Cholera existieren auch, ohne dass jemand jemanden kennt, der daran erkrankt ist.
Leider spielt auch die Infopolitik der Landsberger Behörden Skeptikern und Zweiflern in die Karten. Das Landratsamt musste sich in den vergangenen Monaten mal zu Recht, mal zu Unrecht Kritik gefallen lassen. Los ging es im Januar, als sich Kauferinger Eltern beschwerten, dass sie nicht rechtzeitig informiert wurden, dass ein Kind des deutschen Patienten Null denselben Kindergarten wie ihr Nachwuchs besucht. Weiter ging es mit den Corona-Fällen in einer Landsberger Senioreneinrichtung oder einer Geltendorfer Asylunterkunft. In allen Fällen blockte das Landratsamt unsere Nachfragen weitestgehend ab. Zwar werden jeden Tag die wichtigsten Zahlen (Insgesamt und aktuell Infizierte, positiv Getestete, Todesfälle, Genesene und Quarantänefälle) veröffentlicht und seit gestern – auf Bestreben unserer Zeitung hin – auch die Sieben-TageInzidenz veröffentlicht. Doch Landkreise wie Weilheim-Schongau, Starnberg, Fürstenfeldbruck oder Dachau machen es vor. Dort werden zum Teil sogar die nach Gemeinde aufgeschlüsselten Infektionszahlen veröffentlicht und vieles mehr. Das ist eine offene Informationspolitik, die man auch in unserem Landkreis betreiben sollte. Dann würden Skeptiker vielleicht ihre Meinung überdenken und sich andere Menschen leichter damit tun, mit dem Virusgeschehen im Alltag klarzukommen.