Hände weg von Stieren
Manchmal sollte man den Stier einfach bei den Hörnern packen – sagt eine Redewendung. Was sie verschweigt: Das ist gar nicht mal so leicht. Nicht im übertragenen Sinne und schon gar nicht im wörtlichen. Zumal der Griff an den Kopfschmuck eines ausgewachsenen, bayerischen Bullen auch nicht jedem dahergelaufenen Kuhstreichler zu empfehlen ist.
Harmloser stellt sich die Lage dar, wenn es sich um Stiere aus Stein, Metall oder ähnlich leblosem Material handelt. Da gibt es vielleicht mal einen Rüffel vom Besitzer, weil das Berühren verboten sei. In aller Regel endet das aber ohne größere Verletzungen. Die Ausnahme wird nun am Oberlandesgericht in München verhandelt. Ein Bub und sein Vater wollen dort von einem Metzger Schmerzensgeld erstreiten, weil dessen Stier-Skulptur aus Bronze eines Tages umfiel, die Hand des Sechsjährigen einquetschte und dieser einen Teil eines Fingers verlor.
Vor Gericht geht es um die Frage, wie es so weit kommen konnte. Ob der Bub sich an den Stier gelehnt hat und dieser daraufhin umgekippt ist. Oder ob der Bub auf dem Stier gespielt und ihn umgeworfen hat. Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen, weil vieles dafür spreche, dass sich ein massiver BronzeBulle nicht ganz so leicht in die Knie zwingen lasse. Das Oberlandesgericht wollte am Donnerstag noch kein Urteil fällen. Eines steht jedoch jetzt schon fest, Redewendung hin oder her: Man sollte sich gut überlegen, ob man einen Stier an den Hörnern packt. Denn manch einer hat schon Pferde kotzen sehen, der Teufel ist ein Eichhörnchen – und was im Leben so alles passieren kann, geht auf keine Kuhhaut.