Letzte Chance, sich ein Hobby zu suchen
Das Wetter fies, diese vermaledeiten Infektionszahlen auf Rekordniveau, die Nationalmannschaft kann nicht einmal gegen die Schweiz gewinnen. Ein tristerer Herbst ist kaum vorstellbar.
Kein Vergleich zu den goldenen vorwinterlichen Boten der vergangenen Jahre. Ewiger Sonnenschein, leuchtendes Laub und die Hochphase des Amateursports. Fußball, Handball, Volleyball, Tischtennis, Eishockey, Mikado – zu keiner Jahreszeit zeigen sich die Deutschen aktiver als im Herbst. Wenn es am Wochenende dann doch mal graupelte: welch wunderbare Ausrede, um sich eingemümmelt das 20-Kilometer-Einzelrennen der Biathletinnen in Chanty-Mansijsk anzuschauen. Oder die Zweitliga-Konferenz. Oder Dreier-Bob-EM ohne Bremser in Sigulda. Herbst und Winter – die hohe Zeit des aktiven und passiven Sports.
Die diesjährige Auflage aber: schwierig. Noch sind Hallen und Rasenplätze geöffnet für den Spielund Trainingsbetrieb. Das kann kommende Woche schon anders ausschauen. Dass dann methadonesk auf Fernsehsport umgestiegen werden kann, ist unsicher. Am Wochenende läuten die Alpinen zwar die Saison mit den Rennen in Sölden ein. Möglicherweise aber beendet das Virus sie auch schon kurz darauf wieder. Gleiche Schicksale drohen Rodlern, Langläufern, Eisschnellläufern. Nichts sediert so angenehm wie ein 10000-MeterRennen ohne deutsche Beteiligung.
Es braucht Alternativen für die kommenden Monate. Schlechtwettertaugliche. Glücklich, wer Kinder im Duplo-Alter hat. So gerät der Turmbau zu Babel zu einer Wald- und Wiesenveranstaltung untalentierter Hobbystatiker. Höher, immer höher, keine Angst vor dem Deckendurchbruch. Wer auf Motorsport steht, frisiere seine Märklin-Eisenbahn. Wäre doch gelacht, wenn Opas Rundenrekord vom legendären Weihnachtsfest 1967 nicht endlich fällig wäre. Mach es zu deinem Projekt!
Wer jetzt aber ohne Hobby ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. Auch ganz schön.